Das Leben ist eine Rennstrecke
"Eigentlich ist heute ein viel zu schöner Tag, um Marathon zu laufen." Dieser durchaus vernünftige Hinweis eines der beiden Protagonisten von Sebastian Seidels tragikomischem Sport- und (Über-)Lebensdrama hat gegenüber dem maßlosen Ehrgeiz des zweiten Läufers keine Chance. Um die Neuinszenierung von "Marathon" (2002 erfolgreich uraufgeführt) auf der Bühne zu erleben, kamen trotz schönen Wetters viele Zuschauer zur "Rennstrecke" im S'ensemble Theater und feierten eine gelungene Premiere.
Der schweißtreibende Marathonlauf (zur pulsierenden Musik von Yello und Rainer von Vielen) steht hier stellvertretend für den alltäglichen Lebenskampf jedes Menschen. Läufer 1, von Birgit Linner damals wie heute mit unnachahmlicher Leidensmiene dargestellt, ist der nette, routinierte Mitläufer-Typ, dem es weder im Sport noch im sonstigen Leben gelingt, aus dem Alltagstrott auszubrechen. Läufer 2, den Jörg Schur (auch er die Urbesetzung von 2002) mit seiner schlaksigen Langstreckenfigur aufopferungsvoll verkörpert, ist der weltrekordsüchtige Ehrgeizling, der selbst dann noch von Sieg, Ruhm und Erfolg besessen ist, wenn er völlig erschöpft auf dem Zahnfleisch daherkommt.
Die überarbeitete Fassung (Regie: Sebastian Seidel; Dramaturgie: Tina Bühner) gibt dem Zusammenbruch von Läufer 1 und der damit verbundenen Frage nach dem Sinn des täglichen Sport- und Lebenswettkampfes mehr Raum. Zudem integriert die Neubearbeitung erheiternde Büro-Intermezzi sich fit machender Krawattenträger, denen beim "Wer ist der Bessere?"-Wettstreit die Puste ausgeht, und lässt den egozentrischen Läufer 2 nun auch auf einem kreisförmigen Bühnensteg seine Runden drehen, was ein schönes Bild für dessen letztlich ziel- und sinnloses Erfolgsstreben darstellt. Ohne dramaturgische Durststrecken bot die Neufassung, die von der auch konditionell starken Leistung von Linner und Schur profitierte, anregende Unterhaltung mit Tiefgang.
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