Es war kalt und es war dunkel in jener Novembernacht 2018. Dennoch mussten die 26 betagten, teils gebrechlichen Bewohnerinnen und Bewohner das Wohnhaus am Oberen Graben in der Augsburger Innenstadt damals innerhalb weniger Stunden verlassen. Die Stadt hatte die Evakuierung wegen Einsturzgefahr angeordnet, die Bewohner kamen kurzfristig in anderen Heimen und Unterkünften unter. Seit drei Jahren ist das Gebäude saniert, ein Teil der Geschäfte ist wieder eingezogen. Knapp die Hälfte der Wohnungen aber steht nach wie vor leer.
Rund dreieinhalb Jahre dauerte es, bis die Stadt das Gebäude saniert hatte. 5,7 Millionen Euro kostete die Maßnahme, weil die Arbeiten an dem gut 100 Jahre alten Haus kompliziert waren, zogen sie sich in die Länge. Von den einstigen Bewohnern der Anlage, die ähnlich eines betreuten Wohnens organisiert war, zogen nach der Fertigstellung im Jahr 2022 nur drei wieder in das Haus zurück. Einige erlebten den Wiedereinzug nicht mehr, andere wollten oder konnten, auch aufgrund höherer Pflegebedürftigkeit, nicht mehr zurück.
Seniorenwohnanlage Oberer Graben: „Werben offensiv um Mieter“
Obwohl der Wohnungsmarkt in Augsburg angespannt ist, sind aktuell nur 17 der 29 Wohnungen belegt - zwei mehr als nach der Wiedereröffnung vor drei Jahren. Man werbe offensiv um neue Mieter, sagt Marco Surauer, Leiter des Augsburger Stiftungsamts, das für die Immobilie verantwortlich ist. Das Wohnhaus verfüge über einen Aufzug, behindertengerechte Bäder, Einbauküchen und ein Präsenz-Büro mit Sozialbetreuung im Haus. Es gibt einen Gemeinschaftsraum, den die Bewohner für Treffen nutzen können. Geeignet sind die Wohnungen laut Stiftungsamt für „rüstige Seniorinnen und Senioren ab dem Rentenalter, die ihren Alltag noch selbst bestimmt gestalten können und wollen“.
Der Mietpreis liegt bei 12,50 Euro pro Quadratmeter plus Nebenkosten und damit, wie Makler sagen, im „ortsüblichen Segment“. Einfach sei es dennoch nicht, Mieter zu finden. „Die Ansprüche steigen“, sagt Stiftungsamtsleiter Surauer, trotz der angespannten Wohnungslage hätten viele Senioren die Wahl. „Das Haus am Oberen Graben ist alt, wir haben keine Terrassen, sondern nur eine Art Loggien. Viele Bäder sind innenliegend und haben keine Fenster.“ Für manche Senioren sei dies ein Ausschlusskriterium. „Wir sind aber offensiv in der Vermarktung und hoffen, dass wir die freien Wohnungen nach und nach vermietet bekommen.“
Besser sieht es mit der Belegung der Geschäfte im Erdgeschoss aus. Diese Flächen sind laut Surauer wieder komplett vermietet. Einige Mieter kehrten nach der Sanierung zurück, der Friseur habe sich vergrößert, sodass es dort aktuell keinen Leerstand gebe.
Vielleicht ist die Miete einfach nur zu hoch. Lieber lässt man die Wohnungen leer stehen, wie den Rentnern einen bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Vielleicht einfach mal darüber nachdenken.
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