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Augsburg: Leeres Schwabencenter, volles Senioren-Wohnzimmer im Herrenbachviertel

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Leeres Schwabencenter, volles Senioren-Wohnzimmer im Herrenbachviertel

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    Im Wohnzimmer im Schwabencenter Augsburg bekommen Senioren bei einem generationenübergreifenden Projekt Essen aus der Kuka-Kantine.
    Im Wohnzimmer im Schwabencenter Augsburg bekommen Senioren bei einem generationenübergreifenden Projekt Essen aus der Kuka-Kantine. Foto: Annette Zoepf

    Das in die Jahre gekommene Parkhaus des Augsburger Schwabencenters wird von Efeuranken überwuchert, viele Lichter funktionieren nicht, so manches Auto ist von einer dicken Staubschicht überzogen. Das einst belebte Einkaufszentrum steht gespenstisch leer, verlassene Ladennischen, eine stillstehende Rolltreppe und das Echo der eigenen Schritte begrüßen jeden, der das Gebäude von der Rückseite aus betritt. Nur an der Front des Gebäudes gibt es Leben: Im Wohnzimmer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) sitzen Senioren an einer schön geschmückten Tafel, Teenager aus dem Jugendzentrum B-Box tragen das Essen auf.

    Ein Gast ist die 88-jährige Leni in ihrer roten Strickjacke, die neben dem befreundeten Ehepaar Roland und Helga Vogler sitzt. „Ich wohne schon seit einer Ewigkeit hier“, sagt Leni, die eigentlich Magdalena Fritz Demel heißt. „Ich habe früher für die SWA gearbeitet“, sagt sie und schmunzelt. „Nicht die Stadtwerke, die heute jeder kennt, sondern das Textilunternehmen. Als die zugemacht haben, habe ich auch noch für die Kammgarnspinnerei gearbeitet“, erzählt sie. Früher habe sie ganz breite Schultern von der Arbeit an den Spulen gehabt, sagt die mit 1,56 Meter sehr zierliche Seniorin. „Wir mussten Akkord arbeiten und hatten oft das ganze Gesicht voll mit weißen Fasern“, fährt die Mutter einer Tochter fort. Dafür winkte immerhin eine Betriebswohnung im Herrenbachviertel. „Seitdem der Edeka und auch die Apotheke weg sind, ist das Einkaufen hier übel.“

    Aus den großen Plänen für das Schwabencenter ist bisher nichts geworden

    2021 hieß es, die Pläne für eine Neugestaltung des Schwabencenters im Herrenbachviertel stünden kurz vor der Umsetzung. Das Immobilienunternehmen Solidas kaufte den veralteten Ladenkomplex, der noch aus den 1970ern stammt. Das Parkhaus sollte weichen und Platz für Wohnungen machen, die Einkaufspassage sollte verkleinert werden. So der Plan. Passiert ist seitdem wenig Erfreuliches, dafür verschwanden die letzten Möglichkeiten, fußläufig einkaufen zu gehen. Trotzdem ist nicht alles aussichtslos im Herrenbachviertel, sagen die Bewohner des Schwabencenters.

    Hier wird das warme Essen auf die Teller verteilt, denn für viele Senioren ist der Weg zum Einkaufen zu weit und die Rente oft nicht so hoch.
    Hier wird das warme Essen auf die Teller verteilt, denn für viele Senioren ist der Weg zum Einkaufen zu weit und die Rente oft nicht so hoch. Foto: Annette Zoepf

    Das bestätigt auch Senior Roland Vogler mit seiner Ehefrau Helga. „Unter den Leuten hier ist keiner allein, da ist eine Gemeinschaft“, sagt er, während er das von KUKA zur Verfügung gestellte Essen verspeist. „Es gibt hier immer tolle Sachen, letzte Woche Knödel und am Montag essen wir im Mehrgenerationenhaus“, beschreibt der ehemalige Eisenbahner die Situation der rund 20 älteren Menschen am Tisch. Die Aufschrift „Als Vater geliebt, als Opa vergöttert“ prangt auf seinem blauen Shirt. Stolz erzählt er von den drei Söhnen und sechs Enkeln, die er zusammen mit seiner Frau Helga großgezogen hat. Sie hat in Heimarbeit Laufmaschen in Strümpfen ausgebessert, weil diese damals so teuer waren.

    Schüler und Senioren vermissen Läden im Herrenbachviertel

    Nicht nur Senioren verspüren derzeit eine gewisse Perspektivlosigkeit, sondern auch die Jugendlichen. „Viele Schüler hier bekommen kein warmes Mittagessen“, sagt Lamia Simreen, Leitern des Jugendzentrums B-Box. Deshalb gibt es in der dem Senioren-Wohnzimmer benachbartem B-Box auch einen sogenannten Fairteiler mit kostenlosen Lebensmitteln – oft von einer Bäckerei. Dort können sich die Jugendlichen bedienen. Aber auch den jungen Leuten fehlen die Geschäfte. Eine Elfjährige, die öfter in die B-Box geht, sagt: „Ich vermisse vor allem den Edeka und den TEDI, früher konnte ich da mit meinen Freundinnen einkaufen.“

    Ob Jung, ob Alt, viele eint der Zusammenhalt ganz so wie in einem Dorf. Das ist auch nötig, denn obwohl die Senioren noch rüstig sind, ist es bis zum Supermarkt beim Textilmuseum zu weit. Seniorin Inge Mainka wünscht sich deshalb mehr Engagement von Investor Solidas, um Bewegung in den Stillstand zu bringen und das Schwabencenter wieder zu beleben. Zumindest übergangsweise ein Stand mit Obst, Gemüse und Fleischverkauf für die Anwohner, auch das fände sie gut.

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    1 Kommentar
    Hans Meixner

    Das Problem ist doch (und war), dass die angebotenen Einkaufsmöglichkeiten von den meisten Bewohner nicht oder nur sporadisch angenommen wurden. Zum Supermarkt/Einkaufsmöglichkeiten beim Textilviertel an der Prinzstraße (Rewe, Aldi, Bäckerei, u.a.) gibt es eine direkte Straßenbahn. Man kann nicht jeden Supermarkt direkt vor der Haustüre haben und wenn, dann fährt man trotzdem etwas weiter, weil der andere Supermarkt eventuell wenige Cent billiger ist.....

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