

Trotz schwieriger Umstände: Sie leben für den Bauernmarkt
Der Bauernmarkt auf dem Stadtmarkt in Augsburg hat seine Fans und die Beschicker lieben den Umgang mit der Kundschaft. Vier Händlerinnen und Händler erzählen von dieser besonderen Beziehung.

Rosa Gai ist seit 38 Jahren regelmäßig auf dem Bauernmarkt des Augsburger Stadtmarkts und verkauft Honig aus eigener Produktion. Die 81-Jährige steht am Samstag bei Temperaturen um die Null Grad dick eingepackt in ihrer kleinen Hütte auf der Rückseite der Fleischhalle und wartet auf Kundschaft. Währenddessen erzählt sie, wie sie den Bauernmarkt in all den Jahren erlebt hat. Sie könne sich noch gut daran erinnern, wie früher der ganze Platz vor der Marktgaststätte voll mit Ständen war. "Teils sind die Bauern noch mit den Pferdefuhrwerken gekommen." Heute sei der Bauernmarkt immer noch ihre Passion, aber er sei anders. Die Zahl der Beschicker habe mittlerweile deutlich nachgelassen – vor allem unter der Woche kommen nur noch wenige Bauern. "Es lohnt sich einfach nicht mehr", begründet Rosa Gai. Jede Supermarkteröffnung sei spürbar gewesen, Frauen arbeiteten nun vermehrt und den Landwirten ginge der Nachwuchs aus. Für manche sei der Markt mehr Erlebnis als Ort für die Lebensmittelversorgung. Doch Rosa Gai hält das nicht davon ab, weiter in ihrer Hütte zu stehen und ihren Honig anzubieten. Sie liebe das Marktleben und wolle so lange weitermachen, wie es ihr gesundheitlich möglich ist. "Die Kunden sind mir treu und ich will es ihnen sein", sagt sie.

Schräg hinter Rosa Gai hat Katharina Wörle an diesem Samstag ihr Obst und Gemüse aus eigenem Anbau aufgebaut. In mehrere Lagen gehüllt, die Kapuze auf dem Kopf und den Schal bis zur Nase gezogen, steht sie zwischen Äpfeln, Karotten, Sellerie und Kartoffeln. Nebenan hat sie noch eine Kühlung, in der Geflügel lagert. Von Kindesbeinen an kennt Katharina Wörle das Leben auf dem Augsburger Bauernmarkt. "Mein Papa hat mich hergefahren, ich habe verkauft und mein Onkel hat mich dann wieder abgeholt", erinnert sie sich. Das habe sie immer schon begeistert. Als sie in Elternzeit war, habe sie erst so richtig gespürt, wie sehr ihr das Marktleben am Herzen liegt. "Ich habe mich zu Hause gefühlt wie eingesperrt." Es sei also klar gewesen, dass sie schnellstmöglich wieder raus zu den Kundinnen und Kunden will. "Das ging nur samstags, weil da die Jungs betreut waren", so Wörle. Ein täglicher Verkauf sei ohnehin nicht möglich. "So viel Ware könnten wir gar nicht produzieren." Für Katharina Wörle ist der Bauernmarkt eine Herzensangelegenheit – wenn auch der Kundenzuspruch weniger sei als zu Beginn ihrer Tätigkeit und die Kundschaft wählerisch werde. "Reich werde ich hier nicht. Ich mache es für mich und meine Begeisterung dafür."

Eigentlich ist Heidi Kalchschmid Arzthelferin. Doch ihre Leidenschaft ist ihr Apfel-Stand auf dem Bauernmarkt. Sie bietet verschiedene Sorten an, die sie vom Bodensee bezieht. Als Händlerin mit zugekauften Waren dürfte sie nach aktuellen Plänen des Marktamts bald nicht mehr auf dem Bauernmarkt anbieten. Sie ist keine Selbsterzeugerin, sondern kauft überwiegend bei solchen ein. Als Heidi Kalchschmid darüber spricht, kommen ihr fast die Tränen. "Neben meiner Familie macht mich mein Obststand aus", erzählt sie. Obwohl auch sie darüber berichtet, dass Supermärkte und Wochenmärkte in den Stadtteilen, die sich im Sortiment stetig verbesserten, zur Konkurrenz würden, möchte sie ihren Stand nicht aufgeben. Sie komme aus Überzeugung für ihr Produkt hierher und wegen der Menschen. "Einige meiner Stammkunden fragen schon jetzt, wo sie ihre Äpfel kaufen sollen, wenn ich nicht mehr da wäre. Sie haben mich beim Großwerden begleitet und ich weiß umgekehrt, wann bei wem eine OP ansteht." Dieses Miteinander sei es, was sie jeden Freitag und Samstag aufs Neue begeistere. "Ich liebe es, wenn mir eine Stammkundin an Fasching den von mir geliebten Marillenkrapfen bringt und ich mit einer Apfelallergikerin eine Sorte suchen kann, die sie verträgt."

Lars Wegmann hat erst im letzten Jahr einen eingesessenen Stand auf dem Bauernmarkt übernommen. Eigentlich sollte seine Unterstützung für den Routinier nur vorübergehend sein. Doch Lars Wegmann ist dauerhaft geblieben. "Der Markt kommt gut bei den Kundinnen und Kunden an. Das gefällt mir." Wegmann ist derart begeistert, dass er gerne auch lange Arbeitstage in Kauf nimmt. "Unser Markttag beginnt um 3 Uhr mit dem Verladen der Eier und Nudeln und endet zwischen 18 und 20 Uhr mit dem Entladen dessen, was noch übrig ist", erzählt er. Großes Geld sei da nicht verdient, wenn man Stunden und Erlös in Relation setzt. "Ich sehe das für mich als Hobby, das unterm Strich nichts kostet", so Wegmann. Den Rest der Woche sei er im landwirtschaftlichen Betrieb mit der Produktion der Waren beschäftigt, die er unter anderem auf dem Bauernmarkt anbietet.
