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Wie die US-Armee in Augsburg einen ganzen Bach verschwinden ließ

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Wie die US-Armee in Augsburg einen ganzen Bach verschwinden ließ

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    In den nördlichen Lechauen hat der Chardonnaybach seinen künstlichen Quelltopf, der mit Wasser aus dem Lechkanal gespeist wird.
    In den nördlichen Lechauen hat der Chardonnaybach seinen künstlichen Quelltopf, der mit Wasser aus dem Lechkanal gespeist wird. Foto: Wilfried Matzke

    Das fast 200 Kilometer lange Augsburger Gewässernetz kann zahlreiche Besonderheiten vorweisen. Nicht umsonst tragen mehrere Wasserläufe und Objekte an den Ufern seit 2019 den Unesco-Welterbe-Titel. Aber es gibt in der Stadt weitere interessante Gewässer, die jedoch im Schatten des Welterbes stehen. Warum die US-Armee einen Bach sogar verschwinden ließ.

    Von den früher sprudelnden Wasserläufen östlich des Lechs zeugen nur noch Rinnsale. Der Siebenbrunnenbach verläuft nicht durch Siebenbrunn, sondern durch Lechhausen. Er trieb mehrere Mühlen an, wie die Obermühle, aus der später die Prinz-Textilfabrik entstand. Die einst sieben Quellen des Siebenbrunnenbachs lagen nördlich der Sankt-Anton-Siedlung. Auch der Branntweinbach ist schon lange ein größtenteils trockener Graben. Kaum vorstellbar, dass dessen Wasserkraft eine im Jahr 1794 errichtete Hammerschmiede antrieb. Diese gab in den 1930er-Jahren dem neuen Stadtteil ihren Namen.

    Der Siebenbrunnenbach und der Branntweinbach fielen in den 1850er-Jahren weitgehend trocken, nachdem der Lech reguliert worden war und als Folge der Grundwasserspiegel um mehrere Meter absank. Aber 1996 entstand in den nördlichen Lechauen ein neues Gewässer, der Chardonnaybach. Sein Wasser kommt über eine Rohrleitung aus dem Lechkanal. Der künstlich angelegte Quellbach mündet nach 900 Metern in den Branntweinbach. So konnten im Auwald wieder wertvolle Feuchtlebensräume entstehen. Der Chardonnaybach wurde nach der hochwertigen Weißweinsorte benannt, quasi als Antwort auf den Branntweinbach. Dieser hat seinen alten Namen von einer Lechhauser Branntweinbrennerei.

    Die US-Armee ließ einst einen Augsburger Bach „untertauchen“

    Im Augsburger Westen gilt der Schlaugraben als ein außergewöhnliches Gewässer. Dieser Bach entspringt im Bergheimer Wald in einem sumpfigen Tal, worauf der altdeutsche Flurname Schloh oder Schlau hinweist. Der Schlaugraben fließt durch Stadtbergen und Pfersee. Während die Stadtberger ihn auch wegen seiner Hochwasser gut kennen, wissen nur wenige Pferseer von diesem Gewässer. Das liegt daran, dass der Schlaugraben seit den 1950er-Jahren unterirdisch durch Pfersee verläuft. Die US-Armee wollte damals nicht, dass dieses Gewässer durch ihre Militäranlagen und Wohnsiedlungen fließt. So verschwindet der Schlaugraben an der Stadtberger Stadtgrenze beim Westfriedhof in einem 1,6 Kilometer langen Kanal, welcher nördlich der Ackermann-Brücke in die Wertach mündet.

    Kurz vor der Einmündung unterquert der Schlaugraben den Mühl-Hettenbach. Dieser linke Seitenkanal der Wertach ermöglichte die Fabrikansiedlungen in Pfersee und Oberhausen ab den 1860er-Jahren. Ursprünglich hieß er Mühlbach in Pfersee und Hettenbach in Oberhausen. Im Augsburger Nordosten gehört der Malvasierbach zu den kaum bekannten, aber dennoch interessanten Gewässern. Der Kanal wurde bereits im Jahr 1689 angelegt, um eine Papiermühle mit Wasserkraft zu versorgen. Aus dem Anwesen entstand 1849 die Papierfabrik Haindl, heute UPM. Warum dieser Kanal nach der im Mittelalter beliebten Weinsorte Malvasier heißt, bleibt unklar. Allerdings ist verbürgt, dass der Reformator Martin Luther diesen Weißwein schätzte.

    An der Stadtgrenze beim Westfriedhof verschwindet der Schlaugraben in einem unterirdischen Kanal auf seinem Weg durch Pfersee.
    An der Stadtgrenze beim Westfriedhof verschwindet der Schlaugraben in einem unterirdischen Kanal auf seinem Weg durch Pfersee. Foto: Wilfried Matzke

    Im Augsburger Süden kann man das uralte Augsburger System der Wassertrennung nachvollziehen, mittlerweile ein elementarer Bestandteil des Unesco-Welterbes. So findet man im Stadtwald mit Lechwasser gespeiste, trübe Wasserläufe und klare Quellbäche. Auch der nun trocken gefallene Ochsenbach war ein wichtiger Quellbach. Er versorgte einst beim heutigen Siebenbrunn die ungarischen Ochsen, die alljährlich zu Hunderten zur Fleischversorgung in die Freie Reichsstadt Augsburg getrieben wurden. Beim Hochwasser des Vorjahres sprudelte nach langer Zeit wieder die Ochsenbach-Quelle.

    Der Grenzgraben bildete über Jahrhunderte die südliche Grenze zwischen der Freien Reichsstadt und dem Herzogtum bzw. Kurfürstentum Bayern. Er verläuft entlang eines frühneuzeitlichen Hochwasserdamms zwischen Haunstetten und dem Hochablass. Südlich des Lechwehrs entstand in einer Rekordzeit von drei Monaten von der Planung bis zur Fertigstellung der 1,8 Kilometer lange Umlaufgraben. Dieser versorgte nach dem Hochwasser von 1910 die Stadtkanäle provisorisch mit Lechwasser, bis der neue Hochablass nach einer Bauzeit von eineinhalb Jahren eingeweiht wurde. Südlich von Augsburg im Bereich des heutigen Stadtwaldes floss der Lech im frühen Mittelalter ein bis zwei Kilometer weiter im Westen bis an Haunstetten heran. Der Alte Floßgraben verläuft nun entlang des damaligen Flussufers und weist mit seinem Namen darauf hin, dass einst Flöße in Haunstetten anlandeten.

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    1 Kommentar
    Elfi Strassner

    Danke für diesen sehr informativen Artikel!! Wirklich für Augsburger sehr interessant und wissenswert :-)

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