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Brechtbühne: Im neuen Ballett befinden sich Tänzer im Zwiegespräch

Brechtbühne

Im neuen Ballett befinden sich Tänzer im Zwiegespräch

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    Das tänzerische Duett (hier ein Probenfoto mit Moeka Yugawa und Gustavo Barros) steht im Mittelpunkt des Ballettabends „Made For Two“.
    Das tänzerische Duett (hier ein Probenfoto mit Moeka Yugawa und Gustavo Barros) steht im Mittelpunkt des Ballettabends „Made For Two“. Foto: Jan-Pieter Fuhr

    Ein Pas de Deux bietet viele Möglichkeiten – das geht schon beim Artikel los, den man davorsetzt: das Pas de Deux oder der Pas de Deux? Augsburgs Ballettchef Ricardo Fernando entscheidet sich für „der Pas de Deux“ und fängt an, vom neuen Ballettabend „Made for Two“ zu erzählen. Da ist natürlich die Idee von der Grundform des Tanzes, dem intensiven Austausch zweier Personen. Aber Ricardo Fernando macht gleich auch deutlich, dass es ganz pragmatische Gründe für dieses Motto „Made for Two“ gab: die räumliche Begrenztheit der Brechtbühne. „Wir haben in den zwei vorherigen Ballettabenden die Erfahrung gemacht, dass es zu eng ist, wenn die ganze Kompanie auf die Bühne muss.“ So hat Fernando aus der Not eine Tugend gemacht und ein passendes Motto dafür gefunden.

    Zehn Kurzstücke von sieben internationalen Choreografen werden zu sehen sein und durchgängig sind sie in einer Zweierformation, manchmal auch mehreren, choreografiert. Dass an so einem Abend viele Variationen eines tänzerischen Duetts aufscheinen werden, versteht sich von selbst. Dabei ist der Grand Pas de Deux, Höhepunkt jedes klassischen Balletts, eigentlich in eine strenge Form gefasst, in der es nach einem festgelegten Ablauf langsame und schnelle Sequenzen gibt sowie Solovariationen für Tänzerin und Tänzer. In der modernen Interpretationen dieses „Schritts zu Zweit“, wie die wörtliche Übersetzung lautet, ist dies allerdings nicht mehr so eng vorgegeben. Nicht einmal der Grundgedanke des Paartanzes – zwei Personen, die miteinander in Beziehung treten – ist zwingend Thema.

    Ricardo Fernando setzt ich mit der Geschichte des Tanzes auseinander

    So wird eines der drei Stücke, die Ricardo Fernando zu „Made for Two“ beisteuert, eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Tanzes sein: „Swans“ stellt das klassische Tanz-Solo „Der sterbende Schwan“ zur Musik von Saint-Saëns einer zeitgenössischen Variante dieses Themas gegenüber – und zwar buchstäblich. Es ist ein Ausschnitt aus einem abendfüllenden Ballett, das Fernando 2014 für das Ballett Hagen kreierte. Darin setzt er sich mit der deutschen Tänzerin und Choreografin Yvonne Georgi auseinander, die in jungen Jahren eine klassische Ballerina war und sich später dem modernen Ausdruckstanz widmete. Diese Facetten zeigen sich in „Swans“, das Fernando fast wie ein Lehrstück über Choreografie sieht. „Die Zuschauer erfahren, wie man zur gleichen Musik komplett anders tanzen kann“.

    Sehr abstrakt ist Guillaume Hulots Idee für diesen Ballettabend aus Duetten: Seine Choreografie „Tuning Another Being“ erzählt keine Geschichte mit Handlung und Figuren, sondern kreiert aus Bewegung, Energie und Dynamik, aus Licht und Raum ein Stück.

    Minimal Music, die einen großen Sog entwickelt

    Der Gegenpol dazu ist Annett Göhres Stück „Für immer“, das sich thematisch dem Verlust einer Beziehung widmet. „Wann ist dieser Moment, in dem eine Beziehung, von der man glaubt, dass sie für immer hält, umschlägt und zerbricht?“ Diesen schleichenden Prozess mit tänzerischen Mitteln darzustellen, habe sie interessiert, sagt Göhre. Passend dazu ist die Musik des deutschen Elektronik-Komponisten Nils Frahm: Minimal Music, die in ihrer Gleichförmigkeit einen großen Sog entwickelt.

    Die ehemalige Tänzerin Annett Göhre ist seit fünf Jahren Ballettdirektorin am Theater Plauen-Zwickau und hat in der letzten Zeit vor allem größere Handlungsballette choreografiert. „Ein Duett, das für sich steht, habe ich schon länger nicht mehr gemacht, deshalb fand ich die Arbeit spannend“, erzählt sie. Ausgangspunkt waren Workshops mit der ganzen Kompanie. Bestimmte Bilder und choreografische Elemente habe sie dafür bereits im Kopf gehabt, doch es gab auch Freiraum, den die Tänzer mit ihren Assoziationen füllen konnten. Zwar stehen nun nur Emily Wohl und Alessio Pirrone auf der Bühne, doch ist die ganze Kompanie in den Entstehungsprozess eingebunden gewesen. Göhres Choreografie ist eine von drei Uraufführungen an diesem Abend. Dazu kommen „NoName?“ von Young Soon Hue, dem Augsburger Ballettpublikum von ihrer betörenden „Romeo und Julia“-Bearbeitung bestens bekannt, und „Lovelern“ des griechischen Choreografen Andonis Foniadakis.

    Mit zehn Stücken an einem Abend hat der neue Ballettabend fast schon Gala-Format. Der logistische Aufwand mit Probenkoordination sei auf jeden Fall enorm, erzählt Ricardo Fernando. „Ich kann es keinem Ballettdirektor empfehlen“ Dem Publikum empfiehlt er es natürlich umso mehr, sich „Made for Two“ anzuschauen.

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