Ob beim gewaltigen Eingangschor „O Fortuna!“ oder beim Trinklied „In taberna quando sumus“: Kraft und Frische, aber auch musikalische Präzision selbst im piano verlangen die „Carmina burana“, diese Lieder aus Benediktbeuern, die Carl Orff 1937 in einem unnachahmlichen Stil in Musik fasste. Sie stecken voller Rhythmen mit wilder Energie, sowie vertrackten Choreinsätzen mit radikalen Tempo- und Taktwechseln.
In riesiger Besetzung begeisterte damit jetzt ein gigantisches Projekt der musischen Gymnasien in Augsburg und Weißenhorn mit mehr als 250 Mitwirkenden, deren Konzentration und musikalische Qualität aufs Höchste gefordert waren. Ein überwältigender Abend in der Reischleschen Wirtschaftsschule in Augsburg – auch für die von Hitze und Begeisterung glühenden Mitwirkenden!
Die vermessene Idee: Zwei Schulen studieren die „Carmina Burana“ ein
Der Augsburger Lehrer Ulrich Graba (St. Stephan) und sein Weißenhorner Kollege Tobias Keck (Nikolaus-Kopernikus-Gymnasium) hatten schon vor Jahren die vermessene Idee, das populäre Orff-Werk mit ihren beiden Schulen in einem gemeinsamen Projektchor und -orchester einzustudieren. Und darüber hinaus das Ganze noch von schuleigenen Teams für Technik, Öffentlichkeitsarbeit und künstlerischer Illustration begleiten zu lassen. Eine musikalische Glanzleistung, aber auch pädagogisch ein nicht zu unterschätzender Wert, wenn die derart beflügelten Schüler mit vereinten Kräften künstlerisch wachsen dürfen.
Vielseitig zeigten sich also die beiden musisch geprägten Gymnasien – und bewiesen, dass erfahrene Musikpädagogen wirklich Wunder bewirken können. Denn neben der jeweiligen Vorbereitung auf die beiden Konzerte in Augsburg und tags drauf in Weißenhorn mussten die 270 Musiker ja auch im Klang zusammengeführt werden.
Ulrich Graba erinnert sich an das intensive Wochenende, an dem die Chöre und Orchester erstmals zusammenprobten – „270 Menschen in einer Turnhalle, in der es gefühlt 50 Grad heiß war!“. Graba hatte das Dirigat übernommen, bei der Vorbereitung der jeweiligen Teil-Chöre waren auch Kollegen wie Tobias Keck, Bastian Walcher und Dobrochna Payer beteiligt. Payer wie auch das Ulmer Theaterensemblemitglied Girard Rhoden verantworteten auch die Stimmbildung. Rhoden sang sich dann in die Herzen der Zuhörer mit seinem anrührenden Gesang des gegrillten Schwans – aus der letzten Reihe des Chors heraus und mit leidvollem Ton.
Die junge Sopranistin Victoria Wohlfarth war eine echte Sensation
Mit dem Alt-Stephaner Günter Papendell hatte man einen versierten Opern-Bariton, der seit bald 20 Jahren an der Komischen Oper Berlin das Publikum begeistert. Auch hier, vor allem in den lebensprallen Tavernenliedern, gestaltete er mit seiner Stimme jedes Solo zum sinnlichen Erlebnis. Eine echte Sensation war dann die Sopranistin Victoria Wohlfarth, eine 18-jährige Stephanerin, die erstaunlich souverän und rund ihre Soli mit warmem Timbre sang. Ihr letztes Klettern in die Höhe beim „Dulcissime“ gestaltete sie als lustvolle Koloratur. Glücklich die Schule, die eine so talentierte Schülerin besitzt – und dann auch noch fördert. Wie auch die präzisen Schlagwerker, die mit elementarer Wucht die Rhythmen vorantrieben.
„Das ist etwas wirklich Einmaliges“, versichern Keck und Graba nach dem Konzert mit Blick auf die Ensembles, die sie zusammengebracht hatten. Und es wirkt nicht so, als meinten sie damit, ähnliche Projekte nicht mehr angehen zu wollen. Die Begeisterung der beiden hatte alle angesteckt – der diesmal wirklich nicht enden wollende Applaus belohnte alle Mühe. „Die größte Herausforderung aber war das Finanzielle“, gibt Graba im Rückblick zu.
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