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  4. Interview: Barbara Stollberg-Rilinger: "Wir sehen überall die Tendenz zu mehr Autokratie"

Interview
24.05.2023

Barbara Stollberg-Rilinger: "Wir sehen überall die Tendenz zu mehr Autokratie"

Was ist Herrschaft? Was ist eine Tyrannei? Damit befasst sich die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger intensiv. Mit ihrem Werk "Maria Theresia", einer Biografie der habsburgischen Kaiserin, gewann sie 2017 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Foto: Felix Hörhager, dpa

Die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger ist Gastdozentin am Augsburger Jakob-Fugger-Zentrum. Sie spricht über Putin, Trump und den Ursprung der Tyrannen.

Frau Stollberg-Rilinger, ein Blick auf die aktuelle Lage: Der syrische Diktator Assad kehrt auf die Weltbühne zurück. Nordkoreas Despot Kim-Jong Un droht dem ganzen Planeten. Das Regime im Iran schlägt Freiheitsproteste nieder. Täuscht der Eindruck, oder gibt es heute mehr Tyrannei als noch vor Jahren?

Barbara Stollberg-Rilinger: Zumindest sehen wir überall auf der Welt die Tendenz zu mehr Autokratien. Wir beobachten, dass Staaten, die eigentlich auf dem Weg zu größerer Rechtsstaatlichkeit zu sein schienen, jetzt doch einen anderen Weg einschlagen. Im Iran und in Syrien hatte man ohnehin wenig Hoffnung auf demokratischen Wandel. Aber in anderen Staaten ist die Tendenz deshalb so beunruhigend, weil wir eine ganz andere Entwicklung erwartet hatten. Man denke an die Türkei oder an Ungarn. Selbst in Ländern des Westens machen sich ja autokratische Tendenzen bemerkbar. Das ist höchst beunruhigend. Ob wir das „Tyrannei“ nennen sollten, ist eine andere Frage. Wir reden nicht ohne Grund heute eher von Autokratien. Die Begriffe Tyrannei und Despotie stammen ja aus einem anderen historischen Kontext. Wenn sie heute verwendet werden, ist das immer polemisch gemeint. 

Dann spulen wir in der Geschichte zurück. Hier in Augsburg halten Sie einen Vortrag über Friedrich Wilhelm I., als Fallbeispiel eines Tyrannen. Warum gerade er, der Preußenkönig?

Stollberg-Rilinger: Das mag Sie überraschen, aber die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten 2017 hat mich auf Friedrich Wilhelm I. gebracht. Ich war erschüttert, wie da jemand an der Spitze der USA alle Werte und Normen mit Füßen tritt – politische, moralische, juristische, auch ästhetische –, also sich in jeder Hinsicht nicht so benimmt, wie man das unter zivilisierten Menschen erwartet. Und da bin ich wieder auf Friedrich Wilhelm I. gestoßen, weil mich Trump zumindest in diesem Punkt sehr an ihn erinnert. Auch Friedrich Wilhelm I. hat provokativ mit allen Regeln seiner Zeit gebrochen.

Die Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger gewann mit ihrem Werk "Maria Theresia", einer Biografie der habsburgischen Kaiserin, 2017 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Foto: Wissenschaftskolleg / Maurice Weiss

Zum Beispiel?

Stollberg-Rilinger: Friedrich Wilhelm I. hat zuerst einmal massenweise Beamte gefeuert und alle Staatsausgaben auf ein Minimum reduziert. Den Hofgarten hat er in einen Exerzierplatz verwandelt, nur noch Uniform getragen, die Perücke abgelegt. Das konnte man ihm alles noch als löbliche Sparsamkeit auslegen. Er hat aber auch die Frauen aus seiner Umgebung verbannt, die Gelehrten und Minister gedemütigt, selbst erlassene Gesetze gebrochen, eigenhändig Leute verprügelt und seinen eigenen Sohn zum Tode verurteilt. Es war damals üblich, dass ein Fürst gnädig und großzügig ist, dass er Beschwerden anhört, dass er sich beraten lässt. Das alles hat Friedrich Wilhelm nicht mehr getan. Er hat sich in sein Jagdschloss zurückgezogen und von dort aus alles nur noch schriftlich und im Alleingang entschieden. Das war ein radikaler Bruch mit der traditionellen Herrschaftsethik.

Macht ihn das zum Tyrannen? Wie hat sich denn die Definition von „Tyrann“ und „Despot“ in der Weltgeschichte entwickelt?

Stollberg-Rilinger: Bei Friedrich Wilhelm I. zeigt sich vor allem ein Element, das traditionell den Tyrannen kennzeichnet: Er hat explizit beansprucht, dass seine Untertanen mit Leib und Leben, Hab und Gut sein Eigentum seien. Nur die Seele sei für Gott, schrieb er, alles andere sei sein. Das entspricht dem damaligen Begriff eines Tyrannen. Tyrann und Despot, beides sind Begriffe aus der griechischen Antike. „Tyrannis“ bezeichnete ursprünglich eine Allgewalt, die zeitlich befristet war. Der Begriff wurde dann auf einen Herrscher verlagert, der seine Untertanen behandelt wie Sklaven, der nach Willkür und mit Gewalt herrscht und nicht nach Gesetz und Konsens, der grausam ist und sein Land ausplündert. „Despot“ ist ursprünglich die Bezeichnung für den Hausherrn, der über Sklaven herrscht, aber als Oberhaupt eines aristokratischen Großhaushalts. Der Begriff wurde aus der Sphäre des Haushalts auf die Sphäre der Politik übertragen, auf den König, der freie Bürger so behandelt wie ein Hausherr seine Sklaven.

Und wenn wir jetzt wieder den Sprung in die Gegenwart wagen – haben sich tyrannische Systeme verändert? 

Stollberg-Rilinger: Natürlich kann man fast alles vergleichen, sogar Äpfel und Birnen. Aber wenn wir die Tyrannis von damals mit heutigen Autokratien und Diktaturen vergleichen, sehen wir eher Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Heute sind die meisten Staaten der Welt ja wenigstens dem Namen nach parlamentarische Demokratien. Sie sind grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, dass es regelmäßige, auf Wahlverfahren beruhende Amtswechsel gibt. Wenn das nicht mehr funktioniert, wie es ja in den USA um ein Haar der Fall gewesen wäre, dann ist ein Schritt in die Unrechtsherrschaft getan. Das war im vormodernen Europa ganz anders, damals war die Erbmonarchie der Normalfall. Es hing vom Verhalten des einzelnen Herrschers (und meistens auch von der Perspektive) ab, ob man ihn als Tyrannen oder als legitimen Monarchen betrachtete. Und ein zweiter offensichtlicher Unterschied ist, dass sich die Herrschaftsmittel völlig verändert haben. Die Gewaltherrscher des 20. Jahrhunderts konnten unendlich viel mehr Schaden anrichten, weil sie ganz andere technische Möglichkeiten der Vernichtung hatten. 

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Aber gibt es nicht doch Elemente, die sich erhalten haben?

Stollberg-Rilinger: Ein Kern des Tyrannen-Begriffs bleibt auch über die Zeit hinweg gültig, nämlich etwa die Missachtung des Rechts oder die Ausplünderung des Gemeinwesens zum eigenen Vorteil. Außerdem gibt es Ähnlichkeiten zwischen historischen Tyrannen und modernen Autokraten, was die Kommunikationsstrukturen betrifft. Was man jetzt zum Beispiel bei Wladimir Putin sieht, das beobachte ich auch bei Friedrich Wilhelm I.: Wenn ein Herrscher jede Kritik durch die Drohung mit physischer Gewalt zum Schweigen bringt – sei es mit Giftmord, Folter oder Kerkerhaft –, dann traut sich am Ende niemand mehr, ihm die Wahrheit zu sagen, auch nicht die engsten Berater. Ein tyrannischer Herrscher ist deshalb typischerweise von Schmeichlern umgeben. Die Folge ist, dass er isoliert in seinem Palast sitzt und nicht weiß, was wirklich vorgeht. Das hat man bei Russlands Überfall auf die Ukraine deutlich gesehen. Die zuständigen Berater haben Putin ein völlig falsches Bild von der Stimmung in der Ukraine vermittelt, sodass er von gänzlich illusorischen Annahmen über den schnellen Erfolg seiner „Spezialoperation“ ausgegangen ist. Außerdem muss der Autokrat wie der Tyrann Angst haben, selbst Opfer von Gewalt zu werden. Viele klassische Tyrannen wurden von ihren eigenen Leuten umgebracht.

Aber hat eine Gesellschaft heute nicht auch gute Mittel zur Hand, um sich gegen Despoten zu werden? Weil die Welt globaler, offener und digitaler geworden ist?

Stollberg-Rilinger: Sie denken dabei wahrscheinlich an den Iran, wo sich die jüngste Protestbewegung ohne die Vernetzung über soziale Medien nicht hätte formieren können. Aber das ist natürlich ambivalent. Ja, digitale Medien können dabei helfen, Widerstand gegen Unrechtsregimes zu organisieren. Andererseits werden sie von populistischen Regimes auch selbst genutzt, um Desinformation zu verbreiten. Denken Sie an den Sturm auf das US-Capitol, wo ja auch die sozialen Medien eine große Rolle gespielt haben. Oder denken Sie an die digitale Desinformation durch die russische Regierung, die ja bis nach Deutschland reicht.

Teilen Sie trotzdem diesen Optimismus, dass sich unsere ganze Welt eher auf eine demokratische Zukunft zubewegt? Ohne Tyrannei?

Stollberg-Rilinger: Ich muss leider sagen, dass ich skeptisch bin. Und zwar deshalb, weil der Klimawandel für viele Menschen auf der Welt existenzbedrohende Folgen haben wird. Das wird globale Verteilungskämpfe und Migrationsschübe auslösen, von denen wir uns jetzt noch gar keine Vorstellung machen. Und ich fürchte, dass dadurch populistische und autokratische Tendenzen massiv befördert werden, weil viele Menschen sich dann wieder einen starken Führer wünschen. Ich vermute, dass diese indirekten politischen Konsequenzen – zusätzlich zu den Extremwetterkatastrophen und all den anderen direkten Folgen des Klimawandels – für unsere Regionen eine mindestens ebenso große Rolle spielen werden. Diese Tendenz zeichnet sich ja in vielen Ländern jetzt schon ab. Deshalb bin ich für die Generation meiner Kinder und Enkelkinder ziemlich pessimistisch. 

Zur Person: Barbara Stollberg-Rilinger hält aktuell die Internationalen Gastdozentur am Augsburger Jakob-Fugger-Zentrum. Die Historikerin war Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Uni Münster, seit 2018 ist sie Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin. In Augsburg hält sie Vorträge zum Thema Tyrannei, Despotie, Gewalt. Ihre Gastdozentur wird am heutigen 25. Mai, 18.30 Uhr, mit ihrem Vortrag "Friedrich Wilhelm I. und der preußische Mythos" im Rokoko-Saal der Regierung von Schwaben eröffnet.

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