Damit Bayerns Männer länger leben
Bayerns Gesundheitsminister Söder will die "männlichen" Ängste vor Vorsorge-Untersuchungen abbauen.
Männer haben gegenüber Frauen viele Nachteile: Sie haben im Durchschnitt höheren Blutdruck. Sie leiden öfter an Diabetes. Sie bekommen zehn Jahre früher einen Herzinfarkt. Sie haben doppelt so oft Übergewicht. Sie rauchen mehr und trinken öfter Alkohol. Und sie sterben früher – in Bayern im Durchschnitt ganze fünf Jahre.
Defizite, die Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) mit einer bayernweiten „Initiative für Männergesundheit“ abbauen will. Im Zentrum der Kampagne, die mit einem witzigen Internetvideo von den bayerischen Vorzeige-Machos Waldemar Hartmann und Wolfgang Fierek unterstützt wird, steht dabei laut Söder der Abbau von männlichen Schwellenängsten vor Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt.
Nur knapp ein Viertel der bayerischen Männer über 35 Jahre nutzt nämlich laut Gesundheitsministerium die Vorsorgeangebote – bei den Frauen liegt diese Quote dagegen bei rund sechzig Prozent. „Wir wollen, dass es für Männer kein Zeichen von Schwäche ist, wenn sie sagen: Ja, ich gehe zum Arzt“, erklärte Söder auf einer Eröffnungsveranstaltung in München. Denn regelmäßige Vorsorge könne das Leben verlängern: „Und wir wollen, dass Bayerns Männer länger leben können“, so der Minister.
Tatsächlich hänge die Angst des Mannes vor dem Arztbesuch immer noch mit „traditionellen Männermythen“ zusammen, glaubt die Münchner Sozialwissenschaftlerin Constance Engelfried auf einer anschließenden Podiumsdiskussion: „Das Bild, dass Krankheit und Männlichkeit sich ausschließen, ist immer noch weit verbreitet“, erklärte die Expertin.
"Der Indianer kennt keinen Schmerz"
Wer schon in der Kindheit eingebläut bekommen habe „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, der sei darauf geeicht, auch als Erwachsener keine körperliche Schwäche zuzugeben. „Männer sollen vor allem funktionieren“, hat der Dresdner Gesundheitswissenschaftler Matthias Stiehler beobachtet: „Doch sind das wirklich die Gesunden, die durchhalten bis zur Bahre?“ Im Gegensatz zu vielen Frauen seien Männer „auch zu körperfern“, glaubt Stiehler. In ihrer Selbstwahrnehmung erlangten sie vor allem dadurch Aufmerksamkeit, dass sie etwas für andere leisten: „Deshalb geht es eher selten darum, was Männer für sich brauchen, was ihnen gut tut“, so der Wissenschaftler. Dies führe zunehmend auch zu psychischen Problemen, auf die eine „Männer-blinde Medizin“ bisher allzu oft keine Antworten habe. Auf der anderen Seite würden „die meisten Männer bei psychischen Problemen nie zum Arzt gehen“, so der Leipziger Psychiatrie-Professor Elmar Brähler. Eine gefährliche Mischung, so der Experte, die „direkte Folgelasten für die Lebenserwartung“ der Männer nach sich ziehe.
Allerdings ergebe es wenig Sinn, über Männern „blind die Vorsorge-Kanne auszuschütten“, warnt der WeidenerUrologie-Professor Theodor Klotz. „Für Männer ist ihr Körper ein Werkzeug zum Erreichen eines Ziels“, erläutert Klotz: Männer wollten „Ministerpräsident werden, eine Familie gründen oder einen Porsche besitzen“. Wenn man ihnen erkläre, die Vorsorge könne ihr Herzinfarktrisiko senken, so berühre sie dies wenig: „Wir müssen ihnen vermitteln: Vorsorge ist wichtig, um deine Ziele zu erreichen“, glaubt der Mediziner. Oder konkreter: „Du wirkst auf Frauen nicht attraktiv, wenn du dich mit deinem dicken Bauch in deinen neuen Porsche zwängst.“
„Wir müssen vermitteln, dass gesundheitliche Prävention ein Zeichen von persönlicher Stärke ist“, findet auch Minister Söder. So sollten nach Meinung von Gesundheitsexperten Männer ab 35 Jahren einen umfassenden „Gesundheits-Check-up“ beim Hausarzt durchführen lassen. Eine Darmkrebs-Früherkennung werde von den Krankenkassen ab dem 50. Lebensjahr bezahlt. Wichtig für eine bessere männliche Gesundheitsvorsorge seien aber nicht zuletzt die Frauen, glaubt Söder. Schon jetzt lebten laut Statistik verheiratete Männer eineinhalb Jahre länger als unverheiratete. „Ein Grund dafür: Die Frauen schicken ihre Männer zum Arzt.“ Und auch beim Arztbesuch selbst könnten die Partnerinnen helfen: Er selbst habe zwar „keine Angst vorm Arzt“, beteuert Söder. Manche Männer bräuchten dort aber „schon auch die psychologische Unterstützung ihrer Frauen“.
Die Diskussion ist geschlossen.