
PM-Chef sagt, warum er seinen Club zum Corona-Testzentrum umgebaut hat

Plus Stefan Egger testet in seiner Großraumdisco Menschen auf das Coronavirus - und macht einen Teil der Abstriche sogar selbst.

Herr Egger, warum haben Sie in Ihrer Disco ein Corona-Testzentrum eröffnet? Wollen Sie mit den Einnahmen die Zeit des Lockdowns überbrücken?
Stefan Egger: Nein, die Idee entstand aus einem ganz anderen Grund. Die 28 Euro, die bei mir ein Test kostet, decken lediglich die Ausgaben für den Test selbst, die Miete, Strom, Mitarbeiter, Reinigung, Schutzausrüstung und all die Ausstattung, die man zum Testen braucht. Nein, angefangen hat das alles so: Mein Sohn, elf Jahre alt, wurde im November in Quarantäne geschickt. Seine Lehrerin war positiv. Erst zwei Tage nach der Nachricht hat das Gesundheitsamt einen Test angeordnet, der Termin war weitere zwei Tage später und das Ergebnis erhielten wir dann erst eine Woche drauf. Ich habe mir gedacht: Das kann nicht sein, offenbar gibt es da ein Problem. Und ich liebe es, Lösungen für Probleme zu finden. Eine Woche später hatte ich mein eigenes Testzentrum für Schnelltests.
Das geht einfach so?
Egger: Ja, das kann jeder machen. Ich habe beim Gesundheitsministerium angefragt, ob ich ein privates Zentrum eröffnen darf. Ja natürlich, hieß es da. Ich müsse nur eine Reihe von Vorgaben erfüllen – in Sachen Infektionsschutzgesetz, Medizinproduktebetreiberverordnung, Arbeitsschutz, Gewerbe- und Baurecht. Meine Diskothek hat den Vorgaben entsprochen. Eine Freundin von mir betreibt einen Medizingroßhandel, über sie beziehe ich die Tests und die Schutzausrüstung. Außerdem habe ich selbstverständlich einen Arzt, der alles überwacht. Das unternehmerische Risiko trage ich komplett selber, ich muss das Material bezahlen und natürlich weiterhin auch die Miete und alle Nebenkosten für meinen Club.

Für Ihren Schnelltest benötigt man einen Mund-Rachen-Abstrich. Wer übernimmt das Testen?
Egger: Das machen mein Team und teilweise ich selbst. Wir sind acht Leute, haben alle die medizinische Befähigung erworben. Das ist eine Art kurze Ausbildung, die dazu berechtigt, den Abstrich zu nehmen. Den Kurs kann jedes ärztliche Zentrum anbieten. Heute können wir bis zu 600 Tests an einem Tag durchführen. Vor Weihnachten war der Höhepunkt erreicht, da hatten wir 400 Schnelltests am Tag, die Leute sind aus der ganzen Umgebung gekommen. Heute testen wir 20 bis 80 an einem Öffnungstag.
Sie stehen also selbst mit Schutzanzug in Ihrer Disko und schieben Menschen Stäbchen in den Rachen, wo sonst Partygäste tanzen und Alkohol fließt. Ist das für die Testwilligen nicht irritierend?
Egger: Nein. Die Tests selbst werden im eigens umgebauten Center, dem Mittelpunkt des PM, durchgeführt - mit getrennten Ein- und Ausgängen. Da muss alles steril und sehr hell sein. Es ist wichtig, dass das seriös gemacht wird. Aber ich lege trotzdem Wert darauf, dass ich eine Diskothek bin. Ich lasse Musik im Hintergrund laufen, mache zusätzlich zur normalen auch die Diskobeleuchtung an. Ich finde es wichtig, dass wir dem Virus auch ein Stück weit locker begegnen - solange die Qualität der Tests nicht beeinträchtigt wird natürlich.
Lassen sich denn viele testen, die sonst bei Ihnen die Nächte durchfeiern?
Egger: Nein, ich habe sehr wenige junge Leute. Sehr viele ältere Menschen, auch viele Familien – manche kommen mit Symptomen, manche ohne. Der Test geht dann ganz schnell. Das Testgerät wird über den Mund-Rachen-Abstrich gehalten, wir haben eine eigene App entwickelt, über die die Getesteten innerhalb einer Viertelstunde das Ergebnis aufs Handy bekommen. Positive Fälle melden wir jeden Abend ans Gesundheitsamt. Per E-Mail, immerhin nicht per Fax (lacht).
Wie viele positive Fälle verzeichnen Sie denn täglich im Schnitt?
Egger: Ich würde sagen, zwischen null und fünf. Erst kürzlich hatten wir einen 80-jährigen Mann ganz ohne Symptome, aber mit positivem Corona-Test. Da habe ich mir dann schon gedacht: Diesen Mann habe ich vielleicht vor dem Tod gerettet. Es ist ein gutes Gefühl zu helfen, dass wir das Virus besiegen.

Steckt auch Eigeninteresse dahinter? Immerhin werden Clubs wohl die Einrichtungen sein, die erst wieder öffnen dürfen, wenn wirklich alles vorbei ist?
Egger: Ich denke mir schon, je schneller ich Infizierte finde, desto schneller ist die ganze Sache vorbei. Aber am wichtigsten ist mir, dass ich eine sinnvolle Aufgabe habe. Discos stehen so oft negativ in der Zeitung. Jetzt kann ich helfen, die Pandemie zu beenden. Ich glaube trotzdem nicht, dass wir vor Herbst aufsperren dürfen.
Viele Clubs und Bühnen stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Wie geht es Ihnen?
Egger: Mit dem PM hatte ich viele gute Jahre und komme bisher ganz gut durch die Pandemie. Man wartet halt permanent auf die Hilfen der Regierung und hofft, dass sie zumindest einen Teil der Fixkosten decken. Aber es ist definitiv die härteste Zeit, die ich beruflich je durchgemacht habe.
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