Herr Füracker, machen Sie ihre Steuererklärung eigentlich selber?
ALBERT FÜRACKER: Ich habe einen Steuerberater. Ich bin mein Leben lang unternehmerisch tätig gewesen. Da ist es dann ganz gut, wenn die Steuererklärung ein Profi übernimmt.
Und ist der Steuerzahler Füracker immer zufrieden mit dem, was am Ende rauskommt?
FÜRACKER: Niemand hat eine ausgeprägte Leidenschaft, möglichst viel Steuern zu zahlen. Da bin ich keine Ausnahme. Aber man muss auch sehen, dass wir durch unseren Staat in guten Lebensumständen mit einem guten sozialen Sicherungssystem leben dürfen. Das kostet Geld, deswegen müssen wir auch Steuern zahlen.
Vielen graut vor der Steuer, weil das Steuerrecht so kompliziert sei. Finden Sie das auch?
FÜRACKER: Es ist leider kompliziert, das ist keine Frage. Und es gibt auch Menschen, die sagen, die Steuergesetze selbst wären gar nicht so kompliziert, sondern die Ausnahmen und der Umgang mit den Ausnahmen machen es so komplex. Aber wir sehen auch ein deutsches Phänomen: Wir sehnen uns nach maximaler Einzelfallgerechtigkeit. Und Einzelfallgerechtigkeit und größtmögliche Entbürokratisierung unter einen Hut zu bringen, ist fast unmöglich.
Nun gibt es immer wieder Vorschläge, wie man es einfacher machen könnte. Ihr Kabinettskollege Hubert Aiwanger sagt schon länger, die ersten 2000 Euro eines Einkommens pro Monat sollen steuerfrei sein, die Erbschaftssteuer soll weg. Was sagt da der Finanzminister dazu?
FÜRACKER: Das ist kein steuerpolitisches Konzept, das ist steuerpolitischer Populismus, mit dem den Leuten irgendwas versprochen wird. Zum Beispiel steht die Erbschaftssteuer in der bayerischen Verfassung. Die kann man nicht so einfach abschaffen, zumal es in Berlin nicht einmal ansatzweise eine Mehrheit dafür gibt. Wir kämpfen seit Jahren dafür, dass es bei der Erbschaftssteuer regionalisierte Freibeträge gibt. Die müssten dann in Bayern höher sein, weil dort zum Beispiel die Immobilien mehr wert sind. Aber nicht einmal das ist auf Bundesebene zu erreichen. Daher haben wir ja auch Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Und die 2000 Euro steuerfrei im Monat?
FÜRACKER: Hier wird immer behauptet, dass damit vorrangig die Menschen entlastet würden, die wenig verdienen. Aber das ist schlicht und ergreifend falsch.
Warum?
FÜRACKER: Der Grundfreibetrag gilt auch für Menschen mit Spitzensteuersatz. Die werden betragsmäßig deutlich mehr entlastet als ein Mensch, der 2000 Euro im Monat verdient. Abgesehen davon ist die Forderung von Hubert Aiwanger in keinster Weise finanzierbar: Sie würde Steuerausfälle von bundesweit über 100 Milliarden Euro, und allein für den Freistaat neun Milliarden und die bayerischen Kommunen drei Milliarden Euro im Jahr bedeuten. Das kann nicht in die Realität umgesetzt werden. Aber bitte verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich sage ausdrücklich: Wir brauchen realistischere, niedrigere Steuersätze. Wir sind ein Höchststeuerland geworden, da müssen wir runter.
Wie würden Sie es denn machen?
FÜRACKER: Der Vorschlag des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof vor mehr als zehn Jahren, 25 Prozent für alle und dafür keine Ausnahmen, wäre sicherlich ein einfaches und kluges Modell. Das ist ja damals daran gescheitert, dass insbesondere die Linken im Land den Menschen eingeredet haben, dass damit nur sogenannte Großkopferte entlastet werden.
Aktuell haben sich die Spitzen der Ampel-Koalition mit Ach und Krach auf einen Haushaltsentwurf verständigt, den Sie als einzige Enttäuschung bezeichnet haben. Was stört Sie?
FÜRACKER: Das beginnt schon damit, dass man sich dafür bejubelt, dass man die Schuldenbremse einhält. Die steht in der Verfassung. Sie einzuhalten ist Pflicht, aber doch kein Erfolg. Abgesehen davon macht der Bund ja neue Schulden: Ganze 94 Milliarden Euro in 2024 und 2025! Hinzu kommt: Der Haushalt ist nicht durchfinanziert, der Haushalt setzt auf ungedeckte Schecks, darauf, dass man Tricks anwenden kann, deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit noch gar nicht geprüft ist. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass das länger trägt als bis nach dem Sommer. Ich bin erschüttert über diese Art der Haushaltspolitik für eine der größten Industrienationen der Welt.
Die Steuerzahler sollen um 23 Milliarden Euro entlastet werden. Das muss doch auch in Ihren Augen der richtige Ansatz sein?
FÜRACKER: Ich bin bei der Entlastung für den Steuerzahler immer dabei. Aber ich hätte zuerst einmal geklärt, was in meiner Koalition überhaupt durchsetzungsfähig ist. Ich fürchte, dass jegliche Entlastungsankündigung, wie so oft bei Christian Lindner, wieder ein Placebo ist und alle Belastungsfragen wieder dazu führen, dass wir noch mehr Schulden machen. Und das kann seriös nicht funktionieren.
Unbestritten ist ja, dass Deutschland Nachholbedarf hat bei Investitionen, denken wir nur an Bahn oder Bundeswehr. Woher würden Sie das Geld nehmen?
FÜRACKER: Wir haben das in Bayern so geregelt, dass wir uns an die Schuldenbremse halten, also wirklich keinen Euro neue Schulden machen, und trotzdem eine Investitionsquote von 15 Prozent haben. Man kann also trotz Schuldenbremse auch investieren. Aber man muss dann eben priorisieren. Der Bund hat bei den Ausgaben die falschen Schwerpunkte.
Das würde reichen, einfach andere Prioritäten setzen?
FÜRACKER: Wir hätten in Deutschland einen zweistelligen Milliardenbetrag an höheren Steuereinnahmen, wenn wir nur das durchschnittliche Wirtschaftswachstum der Europäischen Union hätten. Wir müssen uns mehr mit der Frage beschäftigen, wie wir das Wirtschaftswachstum wieder ankurbeln können, um mehr Steuereinnahmen zu generieren und nicht damit, wie wir noch weitere Schulden machen können, für die wir nur wieder Zinsen zahlen müssen.
Zur Person: Albert Füracker (CSU) ist seit 2018 bayerischer Finanz- und Heimatminister. Er stammt aus Parsberg in der Oberpfalz.
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