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Pfarrer Schießler zu Pfingsten: „Wir entscheiden, was die Kirche für uns bedeutet“

Interview mit Pfarrer Schießler

Pfarrer Schießler zu Pfingsten: „Wir entscheiden, was die Kirche für uns bedeutet“

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    Pfarrer Rainer Maria Schießler kommt wieder in den Landkreis Dillingen. Am 17. Juli spricht der prominente Seelsorger bei der Katholischen Landjugend in Bissingen.
    Pfarrer Rainer Maria Schießler kommt wieder in den Landkreis Dillingen. Am 17. Juli spricht der prominente Seelsorger bei der Katholischen Landjugend in Bissingen. Foto:  Berthold Veh

    Im Oktober gab es einen Run auf Ihren Vortrag beim Katholischen Akademikerkreis in Dillingen. Sie setzten spontan einen zweiten Vortragsabend an, der ebenfalls gleich ausverkauft war. Was erwarten denn die Menschen von Ihnen?
    PFARRER RAINER MARIA SCHIESSLER: Klare Worte, die nicht aufhetzen; eine Sprache, die man versteht; positive Einstellungen auch in schwierigen Fragen – vielleicht kann ich Ihre Frage mit diesem Dreischritt am besten beantworten, zumindest ist das mein ganz persönlicher Anspruch, mit dem ich zu meinen Veranstaltungen anreise. Nichts anderes möchte ich den Menschen bringen.

    In unserer Zeitung war eine Glosse zu lesen, dass Sie sich für längere Zeit ein Zimmer in Dillingen nehmen sollten, um alle Vortragswünsche abzuarbeiten. Der Artikel ging online viral. Sind Sie ein Heilsbringer?
    SCHIESSLER: „Heilsbringer“ ist ein sehr heikler Begriff. Donald Trump hat sich als ein solcher im US-Kongress selbst hingestellt, und die vernünftige Welt ist erschrocken darüber. Niemals würde ich auch nur eine Spur von dem, was das wirklich bedeutet, mit mir und meiner Person in Verbindung bringen wollen. Niemals! Ich bin ein Priester aus Leidenschaft, und mir liegt allein die Verkündigung des Evangeliums Christi am Herzen. „Priester Jesu Christi“ steht auf meinem Primizbild aus dem Jahre 1987 unter meinem Namen, mehr nicht, kein Datum, kein Werdegang, nichts, sondern nur aus dem 1. Johannesbrief exakt das, was ich vorhabe: „Was wir von Gott gehört und erfahren haben, das verkünden wir euch; Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm.“

    Das Primizbild von Pfarrer Rainer Maria Schießler.
    Das Primizbild von Pfarrer Rainer Maria Schießler. Foto: Schießler

    Sie kommen am 17. Juli zur Landjugend nach Bissingen. 1000 Menschen passen ins Zelt. Vermutlich wird es wieder voll werden. Was werden Sie den Besuchern im Kesseltal erzählen?
    SCHIESSLER: In der Mehrzahl sind auch bei meinen Veranstaltungen die Jugendlichen nicht in der Überzahl. Vielleicht sieht es da in Bissingen etwas anders aus. Nichts gegen die älteren Zuhörer, aber diese jungen Leute sind unsere Kirche von morgen oder es gibt keine Kirche mehr. Das möchte ich mir nicht vorstellen. Vor allem möchte ich ihnen erzählen, wie sehr mir als Kind und Jugendlicher Kirche zur Heimat geworden ist, die ich niemals bis heute missen möchte. Das ist keine Schönrederei, sondern es geht immer um beides: Kirche als Geschenk und als Aufgabe, als Verantwortung zu sehen. Ich muss und darf mich einbringen in ihr, darf und kann mitgehalten, verändern, Menschen dienen. „Der Kirche ist nicht geholfen, wenn ich austrete“, sagte vor Kurzem Christian Stückl, der Spielleiter der Passionsspiele in Oberammergau. Und er hat ja so recht. Das will ich weitererzählen, vor allem mit aufbauenden und auch heiteren Überlegungen und Geschichten.

    Sie wirken sympathisch, bodenständig, eben als Pfarrer zum „Anfassen“, so wie man sich einen Seelsorger wünscht. Ist das der Grund für den Schießler-Hype?
    SCHIESSLER: Wenn Sie das so sehen, wäre das ziemlich an der Wirklichkeit und meinem Auftrag als Priester und Seelsorger vorbei. Wir sind Diener des Wortes Gottes, nicht das Wort Gottes selbst. Wir lernen gerade sehr viel vom neuen Papst Leo XIV., seine Würde und feine Zurücknahme, seine Nähe und Distanz zu den Menschen zugleich, wenn er ihnen begegnet. Er macht das perfekt und ist mir auch darin ein großes Vorbild.

    Gegenwärtig ist ein gesellschaftlicher Bedeutungsverlust der Kirchen spürbar. Wie lässt sich die Entwicklung umkehren?
    SCHIESSLER: Das ist kein Naturereignis. Das machen wir so, niemand anderes. Wir entscheiden darüber, was die Kirche für uns bedeutet. Wieder ein Grundsatz des neuen Papstes, den er von Grund auf von seinem Ordensgründer, dem heiligen Augustinus, gelernt hat: „Die Zeiten sind wir!“ Also, wir entscheiden, ob eine Kirche unsere Gesellschaft positiv beeinflusst oder von der Bildfläche verschwindet, was wir den Menschen bringen wollen und was wir ihnen vorenthalten.

    Weihnachten, Ostern, Pfingsten – welches kirchliche Hochfest mögen Sie am liebsten?
    SCHIESSLER: Bitte kein Ranking! Keines dieser Feste gibt es allein ohne die anderen. Jedes hat sein eigenes Gepräge, seine eigenen Bräuche, Pfingsten wohl weniger als Weihnachten, und trotzdem ist es keineswegs weniger bedeutsam als das andere. Den Eheleuten erkläre ich es immer, wenn wir über die Wesenselemente der Ehe und damit der Eigenschaften Gottes reden. Wir feiern dies mit diesen drei Festen: Weihnachten, dass Gott ganz Mensch geworden ist (Einheit); Ostern, dass Gott treu ist bis über den Tod hinaus (Unauflöslichkeit) und Pfingsten, dass Gott immer ein schöpferischer Gott ist (Hinordnung auf das beiderseitige Wohl). Wir bekommen seine Eigenschaften von ihm auf uns übertragen! Ist das nicht genau das, was die Würde des Menschen ausmacht?

    Zweimal ausverkauft: Pfarrer Schießler sprach im Oktober vor insgesamt etwa 1000 Zuhörern und Zuhörerinnen im Dillinger Stadtsaal.
    Zweimal ausverkauft: Pfarrer Schießler sprach im Oktober vor insgesamt etwa 1000 Zuhörern und Zuhörerinnen im Dillinger Stadtsaal. Foto:  Berthold Veh

    Wirkt der Heilige Geist in dieser Welt noch?
    SCHIESSLER: Wenn wir es zulassen, auf alle Fälle. Unzweifelhaft kann der Mensch auch gegen den Heiligen Geist leben und wirken. Kriege, wie sie gerade die Welt beherrschen, sind das fürchterlichste Abbild dieses schändlichen Wirkens gegen Gottes Geist. Aber Gott kann nichts dafür, das ist alles unser Werk. Aber wir können sofort damit aufhören. Der Heilige Geist macht sofort mit. Wir müssen es, wie gesagt, nur zulassen.

    Robert Francis Prevost wurde zum neuen Papst gewählt. Was wünschen Sie sich vom Heiligen Vater als Erstes?
    SCHIESSLER: Ich denke, es geht nicht um eine Reihenfolge, die er abzuarbeiten hätte. In diesem Amt geht es immer um alles gleichzeitig. Mit dem neugewählten Papst kommt Petrus zurück zu seiner Kirche, so erklärte es Kardinal Re bei der Messe zum Konklave. Genau das macht Leo XIV. jetzt auf eine sehr schöne, ästhetische und bescheidene Art und Weise. Hier geht es nicht um Pomp oder Macht, sondern allein um den Dienst am Frieden. „Der Friede sei mit euch allen“, so hat er uns und die Welt nach seiner Wahl begrüßt. „Mit euch allen“, sagt er ganz bewusst, weil auch wirklich alle Menschen gemeint sind. Es ist sein Auftrag, dies der Welt beizubringen. Ich bin fest davon überzeugt, dass er das konsequent in diesem Amt so leben wird. Ich wünsche ihm dazu nur Kraft und Gottes Segen. Das braucht er ganz bestimmt. Und uns alle mit im Boot!

    Zur Person

    Pfarrer Rainer Maria Schießler stammt aus München. Der 65-jährige Seelsorger zählt in Deutschland zu den bekanntesten Repräsentanten der katholischen Kirche, die er liebt, mit der er aber immer wieder auch hadert. Seit 1993 ist Schießler Pfarrer in St. Maximilian in München. Er ist für eine unkonventionelle Seelsorge bekannt. So arbeitete er beispielsweise auf der Wiesn als Bedienung. Schießler hat mehrere Bücher geschrieben, unter anderem „Himmel, Herrgott, Sakrament. Auftreten statt austreten“. Er ist auch durch Talkshows und Fernsehsendungen bekannt, unter anderem durch die Serie „Dahoam is Dahoam“ im Bayerischen Rundfunk.

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