Fußball ist und bleibt der beliebteste Freizeitsport in Deutschland. Im Jahr 2023 verzeichnete der Deutsche-Fußball-Bund (DFB) über 320.000 Neuanmeldungen. Damit die Buben und Mädchen auch gefördert werden und sich weiterentwickeln, braucht es ein gutes Training. Worauf es dabei ankommt, weiß Daniel Stredak, Co-Trainer der U20-Nationalmannschaft. Er stellt am Mittwoch gemeinsam mit Tony Espig, Leiter der Fußballschule beim 1. FC Heidenheim, die Trainingsphilosophie des DFB vor, wozu sich Kinder- und Jugendtrainer anmelden können. Wir haben im Vorfeld mit ihm darüber gesprochen.
Was sind die wichtigsten Punkte beim Kinder- und Jugendtraining, die Betreuer und Trainer berücksichtigen sollten?
Daniel Stredak: Zuallererst geht es um die Entwicklung der individuellen Qualität jedes einzelnen Spielers. Die Kinder sind nicht alle auf demselben Niveau, deshalb brauchen sie eine individuelle Förderung. Am wichtigsten ist auf jeden Fall, dass die Kinder viel Spielen. Wir sprechen da von drei zentralen Begriffen: Freude, Intensität, Wiederholung.
Wie erreicht man das am besten?
Stredak: Indem die Kinder auf mehreren Feldern gegeneinander spielen, in kleinen Gruppen. In einem Acht-gegen-Acht haben die Spielerinnen und Spieler wenig Aktionen mit dem Ball, also weniger Intensität und in der Folge auch weniger Freude. Besser ist es, wenn Drei-gegen-Drei gespielt wird, dafür dann auf mehrere Felder verteilt. So sind alle immer in Bewegung, sind in das Spiel eingebunden und so erreicht man auch die genannten Begriffe recht einfach.
DFB-Trainer Stredak: „Kinder haben heutzutage mehr Ablenkung“
Wo liegen die Unterschiede zum Jugendtraining vor beispielsweise 20 Jahren?
Stredak: Der größte Unterschied ist sicherlich, dass die Kinder heute viel mehr Ablenkung haben. Sie spielen am Handy oder Tablet oder sitzen vor dem Fernseher. Früher, wenn ich zum Fußballtraining ging, habe ich zuvor schon drei Stunden mit meinen Freunden auf dem Bolzplatz gekickt, da hatte ich bereits alles, was danach auch im Training folgte: Zweikämpfe, Dribblings, Torabschlüsse. Das müssen wir jetzt im Training wieder mehr fördern, das kam in Deutschland auch lange Zeit zu kurz.
Wie kam es zur Trainingsphilosophie des DFB, die jetzt auch in Aislingen vorgestellt wird?
Stredak: Wir haben es nicht gut gemacht in Deutschland! Als erstes haben wir mit den Interviews mit Hermann Gerland und Peter Hermann auf Youtube festgehalten, was in den vergangenen Jahrzehnten sinnvoll war, und haben dann gemeinsam ein Konzept entwickelt, was im Prozess mit der Öffentlichkeit, Vereinen aller Niveaustufen und Verbänden diskutiert und optimiert wurde. Ziel ist es, zu unterstützen, das Fußballtraining auf allen Plätzen Deutschlands ein Stück besser zu machen. Wichtig ist für uns, dass das alles sehr transparent und für alle zugänglich ist. Wir wollen das nicht einem elitären Kreis vorenthalten, sondern davon sollen alle profitieren. Deswegen sind wir auch auf unterschiedlichen Plattformen, wie zum Beispiel Youtube, aktiv.
DFB-Coach: „Die Spieler sollen auf ihrem Niveau gegeneinander spielen“
Sie sagten bereits, dass die Spieler viele Ballaktionen brauchen und immer aktiv sein zu müssen. Aber es gibt trotzdem ja Qualitätsunterschiede innerhalb einer Mannschaft. Wie gelingt dieser Spagat?
Stredak: Klar gibt es Spieler, die bereits mit vier Jahren begonnen haben und täglich mit ihrem älteren Bruder oder der älteren Schwester spielen, die beherrschen natürlich mehr, als jemand, der erst mit acht anfängt. Wir sprechen da gerne von Gold-, Silber- und Bronze-Niveau. Das heißt, die Spieler, die schon etwas weiter sind, spielen gegeneinander, auf dem anderen Feld spielen die mit Silber-Niveau, auf einem nächsten die mit Bronze. Es geht vor allem darum, dass die Kinder immer in Bewegung bleiben und keine Pausen entstehen. Und so ist jeder gleichermaßen ins Spiel eingebunden und kann sich in seiner eigenen Geschwindigkeit auf seinem Niveau mit Freude entwickeln.
Jugendtrainer sind oft Einzelkämpfer, wie gelingt es, da den Überblick zu behalten?
Stredak: Ich trainiere die F-Jugend des FC Lauingen und habe sogenannte Spielfeldbegleiter. Das sind Eltern, Großeltern oder die älteren Geschwister. Die haben zwei Aufgaben: Einen neuen Ball ins Spiel bringen, wenn der andere ins Aus geschossen wurde. Und schauen, dass es zu keinen Streitereien kommt.
Daniel Stredak: „Spieler müssen selbst aus ihren Fehlern lernen“
Wie lernen Kinder, mit Rückschlägen und Niederlagen umzugehen?
Stredak: Sie müssen ihre eigenen Erfahrungen machen. Durch viele Aktionen haben sie viele Möglichkeiten, einen Fehler wieder gutzumachen. Es kann sein, dass ein Spieler fünfmal im Dribbling scheitert. Beim nächsten Versuch weiß er dann, dass er was anderes probieren sollte. Wenn man hier als Trainer eingreifen würde und ihm sagen würde, mach es so oder so, würde er weniger nachhaltig lernen. Und wir hätten keine Spieler mehr, die wie Ronaldinho kreative Bewegungen entwickeln.
Das klingt auf den ersten Blick recht einfach. Wie sieht also die Rolle des Trainers aus?
Stredak: Er organisiert die Spielfelder, sorgt dafür, dass es schnell losgeht, keine großen Standzeiten entstehen, immer Bälle vorhanden und alle Kinder beteiligt sind. Das wichtigste hierbei ist, die Spiele schnell zu machen, dass jedes Kind maximal viele Aktionen haben kann. Als Trainer sehe ich mich hierbei als eine Art Prozessbegleiter. Ich beobachte, bleibe geduldig, bis die Kinder selbst erkennen, wie ihre Aktionen sinnvoll sind oder wie auch nicht und daraus lernen. Durch verschiedene Steuerungsmittel kann ich gewollte Verhaltensweisen unterstützen, beispielsweise durch eine Shotclock, dass also nach einer gewissen Zeit der Angriff zu Ende sein soll. Wichtig ist immer: Alle attackieren zusammen, und alle verteidigen zusammen.

Zur Person: Daniel Stredak ist seit 2022 Co-Trainer der deutschen U20-Nationalmannschaft. Der 36-jährige Lauinger war zuvor zehn Jahre lang im Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Heidenheim tätig.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden