Der öffentliche Nahverkehr auf dem Land wird von der Politik vernachlässigt, sagt Markus Büchler: „Es steht schlimm um unseren Nahverkehr“, beklagte der Abgeordnete und Sprecher für Mobilität der Grünen im Bayerischen Landtag am Donnerstagabend in Dillingen. Büchler forderte einen „schwäbischen Verkehrsverbund“ und kritisierte dabei die seiner Meinung nach „verbundfreie Zone“ auch im Landkreis Dillingen.
Die übergreifende Organisation des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) habe in Bayern „großen Nachholbedarf“. Während man in Baden-Württemberg 23 Verkehrsverbünde zähle, gebe es in weiten Teilen Südbayerns gar keine. Auch in Schwaben finde man mit dem Augsburger Verkehrsverbund (AVV) „nur ein bisschen was“. Dieser sei aber „zu kleinteilig und nicht schlagkräftig“. Man müsse es der Bevölkerung jedoch einfach machen, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen und das Auto stehenzulassen. Zum Beispiel mit einem Verbund und einem einzigen Ticket.
Das Ticket müsste bis München reichen, sagt der Grünen-Abgeordnete in Dillingen
Dieses, so Büchler, müsste nach München und zurück gelten und auch innerhalb der Landeshauptstadt nutzbar sein. Die Vorteile eines Verkehrsverbundes zeigten sich beim MVV in München. Bei rund drei Millionen Nutzern sei dies allerdings auch einfacher und lukrativer als auf dem dünn besiedelten Land. Eine Fusion von MVV und AVV sei zu befürworten, um auch das Land besser anzubinden.
Der Grünen-Politiker, der ausschließlich mit dem Zug fährt, war mit der Bahn „auf die Minute pünktlich“ nach Dillingen gekommen. Allerdings sei die Bahn insgesamt, auch die Agilis, „nicht zuverlässig“. Schon zu Beginn hatte Büchler die Zuhörer darauf hingewiesen, dass er pünktlich Schluss machen müsse, um noch rechtzeitig den letzten Zug von Dillingen nach München zu erreichen. Statt neuer Straßen müsse die Bahn endlich „auf Vordermann gebracht werden“. Dies sei in den vergangenen Jahren versäumt worden, in Jahren, in denen die CSU die Verkehrsminister stellte. Bei der Fußball-Europameisterschaft habe sich Deutschland in Sachen Bahn und Nahverkehr dann vor der ganzen Welt blamiert. Im Duisburger Hauptbahnhof hätten österreichische Fußballfans sogar gegrölt: „Die deutsche Bahn is am Oarsch“.
„Jede zweite Toilette ist defekt“, beklagen Zuhörer in Dillingen
Auch aus den Reihen der Zuhörer gab es Kritik an der Bahn, insbesondere der Agilis. „Jede zweite Toilette ist defekt“, beklagte etwa Dagmar Carsten, Co-Sprecherin des Ortsverbandes Dillingen. Auch die „schlechte“ Anbindung und Abstimmung mit dem Fahrplan der Bundesbahn wurde von Zuhörern heftig kritisiert. Fahrgäste würden beim Umsteigen oft nur die Rücklichter sehen. Die Pendler seien die Leidtragenden, vornehmlich die „Grenzgänger“, betonte ein weiterer Zuhörer. So gebe es zum Beispiel zwischen Donautalbahn und Brenzbahn keine Verbindung. Verlierer seien jene, die an der Grenze, wie etwa dem Bachtal wohnten und zur Arbeit nach Baden-Württemberg pendeln müssten.
Eine Weichenstellung müsste es endlich auch beim Verkehrsmittel Nummer Eins, dem Auto, geben, betonte Büchler. „Wir müssen eine Antriebswende schaffen“, sagte er. Der Weg zur Elektromobilität sei unumgänglich. Dies gelte nicht nur für Personenverkehr, sondern auch für Nutzfahrzeuge. So erwarte man etwa beim Hersteller MAN von der Politik klare Leitplanken in Sachen Antriebstechnik, berichtete Büchler aus einem Gespräch mit dem Hersteller in München. Eine gute Lade- und Leitungsinfrastruktur, auch für Lkw, sei unabdingbar.
„Wir brauchen ein öffentliches Verkehrssystem für das ganze Land – auch auf dem Land“, forderte der Grünen-MdL. Mobilität bedeute Teilhabe gerade auch in einer alternden Bevölkerung. Es dürfe nicht heißen: „Auto oder daheimbleiben“. Dazu müsse eine langfristige Planung her, die nicht an kurzfristigen jährlichen Haushaltsetats scheitern dürfe. Die Bundestagswahl am 23. Februar sei eine Richtungsentscheidung auch mit Blick auf die Frage Auto oder Schiene, neue Straßen oder Sanierung der Bahn. Büchler sagte: „Wer Straße will, wählt schwarz – wer Bahn will, wählt grün.“
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