
Hochlandrinder werden von der Autobahn vertrieben

Plus Seit zehn Jahren weiden schottische Hochlandrinder auf Grünflächen bei Friedberg neben der A8. Jetzt müssen sie weg, einigen droht sogar die Schlachtung.
Noch sind die schottischen Hochlandrinder an der A8 ein Hingucker und die ökologischen Leistungsträger der Region, wie sie Joe Engelhardt, der Initiator des Beweidungsprojekts, nennt. Bald müssen die Tiere, die neben der Autobahn grasen, aber wegen Uneinigkeiten mit dem Auftraggeber die Grünflächen verlassen.
Bereits seit 2010 leben auf den Flächen der Autobahnplus A8 GmbH rund 200 der zotteligen Tiere, die momentan von der Ökofirma Benugo betreut werden. Doch bis Weihnachten müssen die 150 Hektar Weidefläche neben der Autobahn geräumt sein.
Initiator sagt, Projekt mit Hochlandrindern an der A8 hätten ihm "Spaß gemacht"
Als Grund für das Ende der Zusammenarbeit mit Autobahnplus nennt Engelhardt, mittlerweile Mitarbeiter von Benugo, Uneinigkeiten über den Preis der Firma. Mit den gestiegenen Leistungsanforderungen des Auftraggebers seien auch die Preise gestiegen, und man sei sich schließlich nicht mehr einig geworden. Das Projekt habe ihm Spaß gemacht, er bedauere das Ende sehr. „Es hätte die grünste Autobahn der Welt werden können.“
Den wirtschaftlichen Disput bestätigt Herrmann Wenzel, Geschäftsführer der Konzessionsgesellschaft von Autobahnplus. Er weist allerdings darauf hin, dass der Vertrag von Benugo gekündigt worden sei. Auch wenn zu Anfang des Projekts einige Anrufe wegen angeblich ausgerissener Rinder auf der Autobahn bei der Polizei eingegangen waren, seien die Erfahrungen mit den Vierbeinern sehr positiv gewesen.
A8: Warum müssen die Rinder weg?
Durch die Service-GmbH von Autobahnplus laufe deshalb nun eine Ausschreibung für neue Beweidungsprojekte. „In jedem Fall möchten wir wieder ein Projekt mit Tieren neben der A8, auch wegen der ökologischen Vorteile.
Den Hochlandrindern drohte der direkte Weg ins Schlachthaus. Um dieses Schicksal zu vermeiden, wurden Züchter gesucht, die die Rinder bei sich aufnehmen sollten. Innerhalb von nur vier Tagen seien die meisten Rinder untergebracht worden, berichtet Engelhardt. „Ich war von der Solidarität begeistert.“

Rund die Hälfte der Tiere sei in anderen Projekten oder bei Züchtern „im Exil“ untergekommen. Ein Viertel sei verkauft und ein weiteres Viertel geschlachtet worden. Den ethischen Anspruch, kein Tier vorzeitig schlachten zu müssen, habe man glücklicherweise einhalten können, so Engelhardt. Dennoch warte noch immer eine überschaubare Zahl an Tieren darauf, vermittelt zu werden.
Die Hochlandrinder sorgen für bessere Ökologie an der Autobahn
Durch das Projekt hat sich die Biodiversität auf den Flächen neben der A8 deutlich verbessert. Aus einem Kilogramm Rinderkot werden schließlich zehn Gramm Regenwürmer und zehn Gramm Insekten, wie Engelhardt bilanziert. Man verzeichne eine Zunahme von Tierarten wie der Zauneidechse oder der Feldgrille, und auch Vogelarten wie der Stieglitz seien vermehrt zu beobachten. „Außerdem gibt es durch das Grasen der Rinder vermehrt Magerkeitszeiger, also Pflanzen, die auf eine geringe Nährstoffdichte im Boden verweisen.“
Dazu zählen viele Blütenpflanzen wie das Tausendgüldenkraut oder die Heide-Nelke. „Je mehr Blütenpflanzen es auf einer Grünfläche gibt, desto mehr Insekten gibt es dort“, erklärt Engelhardt. So hätten die Hochlandrinder die Flora und Fauna belebt und einen Beitrag zum Erhalt schützenswerter Arten geleistet.

Autobahnplus war zwar der größte, aber nur einer von insgesamt sechs Auftraggebern, auf deren Flächen die Hochlandrinder weiden. Mit den verbliebenen Kunden werde nun über eine Erweiterung der Flächen verhandelt, damit die Exilrinder auf eine Weide zurückkehren können. Auch seien neue Projekte in der Region geplant.
Entwicklungsprogramm förderte die Hochlandrinder bei Friedberg
Die Beweidung war im Rahmen des Entwicklungsprogrammes für den ländlichen Raum Bayern (EPLR Bayern) gefördert worden, das unter anderem mit 1,5 Milliarden Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Eler) finanziert wird.
Der Disput mit Autobahnplus ist nicht der erste Konflikt im Dunstkreis der Autobahnrinder: Anwohner aus Adelzhausen und Odelzhausen hatten sich in der Vergangenheit über eine mangelnde Versorgung der Tiere beschwert. John Engelhardt wies die Anschuldigungen zurück. Hermann Wenzel erklärte, in erster Linie sei zwar die Firma Benugo für die schottischen Hochlandrinder zuständig, allerdings habe man veterinäre Gutachten erstellen lassen und Unterstände für den Winter sowie überdachte Futterstellen gefordert.
Wer ein schottisches Hochlandrind bei sich aufnehmen oder auch kaufen möchte, erreicht Joe Engelhardt per E-Mail an Joe.Engelhardt@Benugo.de.
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