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Animal Hoarding: Anzahl an Tiersammlern nimmt zu

Augsburg

179 Zebrafinken und 20 Kaninchen: Wenn Menschen Tiere „sammeln“

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    Im Tierheim Lech-Arche warten knapp 180 Zebrafinken auf neue Besitzer. Sie stammen von einem Hof in Kempten, wo die Vögel unter schlechten Bedingungen gehalten wurden.
    Im Tierheim Lech-Arche warten knapp 180 Zebrafinken auf neue Besitzer. Sie stammen von einem Hof in Kempten, wo die Vögel unter schlechten Bedingungen gehalten wurden. Foto: Michael Hochgemuth

    Anfang Februar um 10 Uhr fährt Natalie Gauggl los nach Kempten. Sie ist unterwegs zu einer besonderen Mission: Sie wird auf einem Hof 179 Zebrafinken einfangen. Der Boden der Vogelvoliere ist verdreckt mit Kot, die Tiere haben kein Futter, nur verschmutztes Wasser. Gauggl ist Mitarbeiterin des Tierheims Lech-Arche und rettete die exotischen Vögel gemeinsam mit einem Kollegen aus einer schlechten Haltung. „Animal Hoarding“, also die Haltung einer Vielzahl von Tieren unter schlechten Bedingungen, beschäftigt Tierschutzvereine immer häufiger. Das Tierheim Lech-Arche nutzt den aktuellen Fall, um Tipps zu geben.

    Im Jahr 2023 registrierte der Deutsche Tierschutzbund 115 Fälle von Animal Hoarding - so viele wie nie zuvor. Es ist ein Trend, den auch der Tierschutzverein Augsburg bemerkt. Alle zwei bis drei Monate müsse sich das Tierheim Lech-Arche mit solchen Fällen befassen, vor allem Katzen seien betroffen. Ein- bis zweimal im Jahr komme es auch vor, dass man mehrere hundert Tiere aus falscher Haltung befreien müsse.

    Tiersammler: Oft keine bösen Absichten, sondern Überforderung

    Die Rettung der 179 Zebrafinken ist einer dieser großen Fälle, in die das Tierheim Lech-Arche zuletzt involviert war. Zu Hilfe gerufen wurde es von einem Tierheim in Kempten, das mit der Anzahl der Tiere überfordert gewesen wäre. „Die Tierheime haben eine Vernetzung untereinander, bei Hilfegesuchen kann man sich melden“, sagt Gauggl. In der Lech-Arche werden die Zebrafinken sowie 20 Kaninchen nun seit vergangenem Mittwoch versorgt, später werde ein Teil dieser Tiere an andere Heime abgegeben.

    Solche Fälle sind nicht nur für die Tiere eine extreme Belastung, sondern auch für die Tierheime. Sie nehmen die beschlagnahmten Tiere auf, doch da viele oft in einer schlechten Verfassung oder krank seien, müssten die Tierheime sie erst aufpäppeln. Ein weiteres Problem liege darin, dass die geretteten Tiere nicht kastriert seien und sich somit unkontrolliert weiter vermehren. Das stelle eine enorme finanzielle Belastung dar, so Gauggl.

    Betroffene von Animal Hoarding haben eine Rückfallquote von fast 100 Prozent

    Das Veterinäramt habe Schwierigkeiten, in solchen Fällen einzugreifen. Es könne nur Auflagen erlassen, die die Besitzer oftmals ignorierten. „Man weiß aus Untersuchungen, dass sobald die Polizei weg ist, sich die Leute schon neue Tiere geholt haben“, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Heinz Paula. Laut des Deutschen Tierschutzbundes werden fast 100 Prozent der Betroffenen rückfällig.

    So berichtet Paula über einen Fall vom Oktober 2024: Das Tierheim nahm damals 17 Katzen einer „Tiersammlerin“ auf. Die Tiere waren nicht kastriert und schwer krank, hatten teilweise Parasiten. Die Betroffene holte sich jedoch immer wieder weitere Tiere, die dann ebenfalls beschlagnahmt werden mussten, sodass das Tierheim insgesamt 37 Katzen in seinen Räumen unterbringen musste.

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    Mensch und Tier, das gehört zusammen - finden auch viele unserer Leserinnen und Leser und haben uns ihre schönsten Fotos mit ihren tierischen Lieblingen geschickt.

    Paula fürchtet, dass solche Fälle zunehmen. Deshalb fordert er eine verpflichtende Katzenkastration, wie es sie zum Beispiel in Österreich gibt. „Mein Wunsch ist außerdem, dass ein Zentralregister angefertigt wird“, sagt Paula. Damit wüssten Tierheime bereits im Vorfeld, wer eine Vorgeschichte mit Animal Hoarding hat, um Wiederholungstaten zu verhindern. Er fordert zudem eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit, damit schwerwiegende Fälle schneller bemerkt werden, und psychologische Hilfe für die Betroffenen. Denn diese handeln zwar aus Tierliebe, sind aber schnell überfordert und können nur eingeschränkt erkennen, dass sie den Tieren schaden.

                                                                                                                                                     

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