
Fußball im Altlandkreis Friedberg: Wann endet „bis auf Weiteres“?

Plus Viele Fragen, die niemand seriös beantworten kann, treiben die Fußball-Familie im Altlandkreis Friedberg um. Einige Szenarien stehen im Raum.
Ein ganzer Katalog einfach klingender und gleichzeitig schwer zu beantwortender Fragen treibt die Fußball-Familie in dieser von aller Normalität befreiten Corona-Zeit um. „Der Spielbetrieb ruht bis auf Weiteres“, lautet die Ansage. Aber wann endet „bis auf Weiteres“? Wann rollt endlich wieder der Ball? Unter welchen Bedingungen kann gespielt werden? Wie soll man die Ergebnisse der laufenden Saison werten? Erfolgt eine Fortsetzung der Spiele in zwei, drei oder vier Monaten? Oder wird gar die Saison abgebrochen, wie es die Belgier mit ihrer Profi-Liga bereits getan haben? Seriöse Antworten auf diese Fragen vermag derzeit niemand zu geben. Trotzdem ist es wichtig, Lösungsmodelle zu diskutieren – zumal sich im weiten Feld zwischen millionenschweren Bundesliga-Unternehmen und Vereinen an der Basis höchst unterschiedliche Varianten anbieten. Die Diskussionsbeiträge reichen von „alle Entscheidungen sollen auf dem Rasen fallen“ bis hin zu „Abbruch der laufenden Spielzeit ohne Wertung der Ergebnisse“.
Auf Ebene der Fußball-Kreise allerdings zeichnet sich dem Vernehmen nach immer klarer ab, dass die Saison 2019/20 – beginnend bei den Junioren – demnächst offiziell abgebrochen wird. Öffentlich bestätigen mag dies noch kein Funktionär, als „undenkbar“ deklariert es aber auch keiner. Als klares Indiz für die Abbruch-Theorie ist zu werten, dass von Amateurvereinen vorab geleistete Zahlungen in den Schiedsrichterpool bereits erstattet wurden.
Fußball: Spielleiter Mießl hat auch ohne Spiele viel zu tun
Auch Reinhold Mießl, der Spielleiter des Fußball-Kreises Augsburg, zuckt mit den Schultern: „Keiner kann was sagen, bis der Tag X gekommen ist. Alles ist abhängig von den Profiligen und von dem Zeitpunkt, wann der öffentliche Bereich wieder freigegeben ist. Vorher gibt es keinen Fußball.“ Die Bundesliga werde vor Mitte Mai wohl nicht wieder beginnen, die Politik hat zudem gerade Großveranstaltungen bis August abgesagt – darunter fallen auch Fußballspiele.
Obwohl Mießl als Spielleiter derzeit ohne Spiele dasteht, hat er gut zu tun. Zusammen mit Bezirksvorsitzendem Johann Wagner und der Kreisvorsitzenden Carola Haertel ist er gerade in Web-Konferenzen mit allen Vereine unterwegs. „Bevor annulliert wird, hat es Priorität, die Saison irgendwie zu Ende zu spielen“, berichtet Mießl. Deshalb hat der DFB auch schon eine Satzungsänderung beschlossen, die Saison 2019/20 möglicherweise bis zum 30. Juni 2021 zu verlängern und die Wechselfristen entsprechend auszudehnen. Dies werde gerade auf die Kreise heruntergebrochen. „Die Interessen gehen aber durchaus auseinander“, schmunzelt Reinhold Mießl, „je nachdem, wie ein Verein tabellarisch dasteht.“
Es gibt inzwischen auch andere Modelle, die Saison zu einem – je nach Sichtweise des Betrachters – möglichst gerechten Abschluss zu bringen. Vor wenigen Tagen wurde in einer Videokonferenz zwischen dem Fußball-Bezirk und den schwäbischen Bezirksliga-Vereinen die Frage aufgeworfen, was passieren könnte, wenn nicht alle oder gar keine Partien nachgeholt werden könnten. Daraufhin wurde als Möglichkeit genannt, aus den momentan erreichten Zwischenständen den Punkte-Quotienten zu verwenden und daraus eine „korrekte“ Abschlusstabelle zu berechnen. Gerecht wäre das Modell insofern, als es ein Plus oder Minus an ausgetragenen Begegnungen ausgleichen würde. Die Ungerechtigkeit beginnt aber bereits bei der Frage nach der Qualität der jeweiligen Kontrahenten: Der eine Titelkandidat hat möglicherweise schon zweimal gegen alle Kellerkinder gespielt, während der andere bisher überwiegend dicke Brocken vor der Brust hatte. Zusätzlich krankt auch diese Idee daran, dass immer alles Mögliche und Unmögliche passieren könnte.
Die Augsburger Kreisvorsitzende Carola Haertel erklärte, dass es das oberste Ziel sei, die Saison irgendwie sportlich zu Ende zu bringen. „Ein Abbruch wäre die wirklich allerletzte Maßnahme“, so Haertel, die aber betonte, dass es eine bayernweit einheitliche Lösung geben wird. „Wahrscheinlich wird es dann auch Gewinner und Verlierer geben – aber die gibt es auf sportlichem Wege ja auch“, so Haertel.
TSV Friedberg steht auf einem direkten Abstiegsplatz
Während beispielsweise der SV Mering in der Landesliga Südwest und der FC Stätzling in der Bezirksliga Nord „jenseits von Gut und Böse“ – sprich ohne Titelambitionen und ohne Abstiegssorgen – dastehen, sieht dies beim TSV Friedberg in der Bezirksliga Süd anders aus. Der TSV 1862 steht nach zwei Aufsteigen in Folge derzeit auf einem direkten Abstiegsplatz, zwei Punkte vom Relegationsrang entfernt. Und bis Corona die Fußballer zur Zwangspause verurteilte, lief es beim Team von Trainer Markus Specht in der Vorbereitung auch gut. Die gezeigten Leistungen ließen hoffen, der Klassenerhalt schien nicht unrealisierbar zu sein. Dem TSV Friedberg käme eine abschließende Wertung nach dem Tabellenstand zur Winterpause gar nicht recht. „Ich mache mir da schon Gedanken und Sorgen, wie das Ganze enden könnte“, meinte TSV-Trainer Markus Specht schon zu Beginn der Corona-Krise, als feststand, dass die Saison unterbrochen wird.

Während der Kissinger SC (5. Platz/24 Punkte) und der BC Rinnenthal (7./25) in den Kreisligen Augsburg und Ost gesichert dastehen und kaum noch Ambitionen nach oben haben, müsste der TSV Dasing in der Ostgruppe als Zehnter mit 17 Punkten noch ein bisschen nach unten schauen.
Hart würde eine Annullierung wohl den FC Stätzling II, die Sport-Freunde Bachern, die Sportfreunde Friedberg und den Kissinger SC II treffen. Sie alle hätten noch beste Chancen auf den Titel oder zumindest auf Platz zwei. Bachern und die Stätzlinger Reservisten liegen in der Kreisklasse Aichach nur ein Pünktchen hinter Platz zwei, die Sportfreunde Friedberg sind in der A-Klasse Ost mit vier Punkten Vorsprungaufg Rang drei Zweiter und auch die Kissinger Zweite hätte in der A-Klasse Mitte noch Titelchancen. Man liegt mit drei Punkten Rückstand auf Alba Augsburg auf Platz zwei – bei einem Spiel weniger allerdings.
Verständlich also, dass den Amateuren viel daran gelegen ist, dass die Saison sportlich zu Ende gebracht werden kann. Reinhold Mießl sieht die Zeit ohne Fußball übrigens als Entwöhnungsphase. Nach 26 Jahren als Funktionär denkt er ans Aufhören.
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