Abwarten und Teetrinken bei fallenden Kursen. Wer zeitnah nicht an sein an der Börse investiertes Geld heranmuss, kann jetzt ganz ruhig bleiben, für die nächsten Wochen nicht mehr ins Aktiendepot schauen und möglichst keine Börsennachrichten verfolgen. Weniger ist da mehr. Aber was ist mit denen, die jetzt Geld brauchen, weil sie bald in Rente gehen?
Auch hier ist keine Panik angebracht. Zunächst sollten die Auszahlungen aus klassisch verzinslichen Anlagen erfolgen, bis sich die Kurse wieder erholt haben. Reicht das nicht aus, wäre eine teilweise Umschichtung des Aktiendepots in risikoärmere Geldmarkt-ETFs sowie Tages- und Festgeld notwendig. Erst dann würden Verluste realisiert.
Auch die Entspar-Phase will geplant sein
Schwankungen an der Börse muss man aushalten können, mit einem Crash ist immer zu rechnen, genauso wie mit einem anschließenden Wiederanstieg der Kurse. Diese Annahmen und ihre Konsequenzen sind nicht nur in der Ansparphase zu berücksichtigen, sondern auch für die Auszahlungsphase eines Kapitalanlageprozesses wichtig. Es stellt sich also die Frage: Wie plane ich langfristig die Entnahmen aus meinem Portfolio für meine Altersvorsorge?
Wer mit Mitte 60 in Rente geht, hat - wenn es gut läuft - noch 20 bis 30 Jahre Finanzbedarf vor sich. Nehmen wir als Beispiel einen monatlichen Rentenbedarf von 1000 Euro für eine Entnahmezeit von 30 Jahren. Den notwendigen Inflationsausgleich lassen wir aus Vereinfachungsgründen weg. Es wäre nicht ratsam, die laufenden Aktienfonds für die regelmäßigen Rentenzahlungen zu verkaufen, da man so in schlechten Marktphasen unnötig Verluste mitnimmt.
Stattdessen ist es sinnvoll, Auszahlungs- und Renditetöpfe mit unterschiedlichen Sicherheits- und Risikokomponenten zu bilden. Die 60.000 Euro für die ersten fünf Jahre der Rentenphase können risikoarm über einen Bankauszahlplan angelegt werden. Die weiteren 60.000 Euro für die folgenden fünf Jahre werden als Sicherheitspuffer in Festgeld geparkt. Der Geldbedarf für die dann noch verbleibenden 20 Jahre könnte derweil weiterhin am Aktienmarkt, beispielsweise in einem Weltindex-ETF, Rendite bringen.
Regelmäßiges Umschichten ist unverzichtbar
Spätestens alle fünf Jahre, wenn die Aktienkurse gut genug stehen, findet eine Umschichtung innerhalb der Töpfe statt. Der Auszahlungstopf wird aus dem Sicherheitspuffer aufgefüllt, indem Festgeld in einen neuen Bankauszahlplan umgeschichtet wird. Aus dem Renditetopf „Aktienmarkt“ fließt dafür wieder Geld in den Sicherheitspuffer „Festgeld“. Der Vorteil ist, dass man so auch in volatilen Marktphasen nicht gezwungen wird, Aktienanteile bei schlechten Kursen zu verkaufen und so seine Finanzplanung zu gefährden.
Es bleibt dabei die Ungewissheit, wie fit man mit 80 Jahren noch ist: Ob man diese Umschichtungen auch im hohen Alter noch hinbekommt. Je früher diese Lebensphase mit den Angehörigen vorbereitet ist, desto besser wird es gelingen. Außerdem sollte auch bald der Markt auf dieses Thema anspringen. Künftig bleibt zu hoffen, dass Neobanken und Vermögensverwalter kostengünstige Entnahmekonzepte dieser Art anbieten und vieles erleichtern.
Zur Person: Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfragen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Bayern.
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