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Kommentar: Wir sollten das mit den Vorsätzen nicht übertreiben

Kommentar

Wir sollten das mit den Vorsätzen nicht übertreiben

Ronald Hinzpeter
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    Moderne Uhren zeigen einem nicht nur, was die Stunde geschlagen hat, sondern wann es Zeit ist, sich zu bewegen.
    Moderne Uhren zeigen einem nicht nur, was die Stunde geschlagen hat, sondern wann es Zeit ist, sich zu bewegen. Foto: Christin Klose/dpa-tmn/dpa

    Jetzt ist es schon wieder passiert: Meine Uhr treibt mich an, allerdings nicht wie herkömmliche Zeitmesser, die einem nur sagen, was die Stunde geschlagen hat. Dieses Ding hat gerade vibriert und auf dem Bildschirm erscheint die Aufforderung: „Zeit für Pause und Bewegung.“ Jetzt sollte ich aufstehen und rumlaufen, statt diesen Text zu schreiben. Dazu muss man sagen: Es handelt sich um eine sogenannte Fitness-Uhr, die ich geschenkt bekommen habe. Die liefert nicht nur Datum und Uhrzeit, sondern misst auch den Herzschlag, zeigt die täglich gegangenen Schritte an und sagt einem, ob die Nachtruhe erholsam genug war, um gut durch den Tag zu kommen. Vor allem: Sie bestimmt, wann man den Hintern endlich wieder vom Stuhl heben sollte. Das passiert schon eine gute halbe Stunde nach dem Aufstehen (Ist aber kein Grund, die Zeitungslektüre zu unterbrechen). Dafür spendet sie Lob, wenn man dann das Auto freikratzt und folglich der „Inaktivitätsalarm“ gelöscht werden kann.

    Der beliebteste Vorsatz: mehr Sport treiben

    Ob mein Leben durch all die Botschaften und Messwerte gesünder wird, lässt sich erst auf lange Sicht sagen. Aber so eine permanente Erinnerung, sich etwas mehr um die Gesundheit zu kümmern, bleibt nicht folgenlos, zumal für einen alten weißen Mann, dem das langsame Einrosten droht. Es ist außerdem besser, täglich einen kleinen Stups zu bekommen, als sich einmal im Jahr, nämlich gleich zu Anfang, hohe Ziele zu stecken. Das tun die Deutschen gerne, wie Statistiken nahelegen. Laut der Datenbank Statista heißt der Spitzenreiter unter den Vorsätzen „Mehr Sport treiben“. 55 Prozent der Befragten möchten das. Ebenfalls ganz vorne rangieren „Gesünder ernähren“ (50%). „Abnehmen“ (38%), „Weniger Alkohol trinken“ (22%) oder “Mit dem Rauchen aufhören“ (18%). Zu den ewigen Wahrheiten gehört allerdings, dass die meisten guten Vorsätze nicht lange halten.

    Wir sollten bei Vorsätzen nicht so streng sein

    Das sorgt oft für Verdruss über die eigene Unzulänglichkeit, weshalb Psychologen raten, die Ziele nicht zu hoch zu stecken und auch tolerant gegenüber gelegentlichen Schwächen zu sein. Besser sei es, gewisse Routinen zu entwickeln und sie in den Alltag einzubauen, um nicht mehr groß nachdenken zu müssen. Mit dem Zähneputzen klappt das ja auch.

    Also: Nehmen wir uns nicht zu viel vor und lassen wir uns nicht vom grassierenden Selbstoptimierungswahn treiben. Seien wir etwas toleranter unseren Schwächen gegenüber. Uns Deutschen haftet ja nicht zu Unrecht der Ruf an, zu oft zu verbissen zu sein. Und wenn wir schon tolerant gegenüber uns selbst sind, sollten wir das auch gegenüber anderen sein, und ...

    Pardon, meine Uhr fordert mich wieder zur Pause auf, das will ich nicht ignorieren, zumal der zur Verfügung stehende Platz für diesen Text bereits aufgebraucht ist. Deshalb bleibt mir nur zu wünschen: Nehmen Sie die Dinge nicht ganz so schlimm, wie sie manchmal scheinen, seien sie tolerant und kommen sie gut durch das Jahr!

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