Zwischen 2006 und 2022 soll ein Mann aus dem Illertal sechs Kinder aus seinem engsten Familienkreis sexuell missbraucht haben. Dabei habe er seine Taten teilweise auch mit Bildern dokumentiert. Die Beweislage ist erdrückend. Die Anklage wirft dem 63 Jahre alten Mann vor, sich an der leiblichen Tochter, mehreren Stiefkindern und sogar Stiefenkelkinder vergangen zu haben. Dabei habe er die Kinder nicht nur mit den Händen an intimen Stellen angefasst, sondern sie auch mit seinem erigierten Glied auf unsittlichste Weise berührt. Viele der Taten sind gut dokumentiert, denn der Angeklagte führte häufig eine Kamera mit sich, mit der er seine Handlungen bildlich festhielt. Die Staatsanwaltschaft fordert wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in sechs Fällen eine Haftstrafe von zehn Jahren. Im Falle eines Geständnisses könne davon abgewichen werden.
Während der Staatsanwalt seine Anklage vorträgt, sitzt der Täter regungslos an der Gerichtsbank. Nur, um den Richter anzuschauen, lösen sich seine Blicke von dem Holztisch, an dem er sitzt. Den Blick auf die Zuschauerränge vermeidet er. Auf die Frage des Richters, wieso er sich keine psychologische Hilfe geholt habe, antwortet er: „Aus Feigheit, Scham, Angst.“
Vater war gewalttätiger Alkoholiker
Der Angeklagte wuchs in schwierigen Familienverhältnissen auf, wie er sagt. Er beschreibt seine Kindheit so: Während sein Vater „eigentlich immer unterwegs war“, habe die Mutter nachts gearbeitet und sich tagsüber um die Kinder bemüht. Er musste früh für sich selbst sorgen, denn auch am Tag war die Mutter oft weg. Als „Schlüsselkind“ bezeichnet er sich. Mit zunehmendem Alter des Angeklagten sei der Vater immer häufiger alkoholisiert nach Hause gekommen. Dort habe er sich teilweise gewalttätig gezeigt. In seiner frühen Jugend nahmen die gewaltsamen Übergriffe offenbar zu. Diese waren vorwiegend gegen die Mutter und den jüngeren Bruder gerichtet. Dabei habe er sehen müssen, wie sein Vater versuchte, seine Mutter zu erwürgen. Die Eltern ließen sich scheiden. Die Beziehung zum Vater brach vorübergehend ab. Auch zur Mutter pflegt der Angeklagte seit 2022 keinen Kontakt mehr. Nur seinem Bruder gratuliert er manchmal zu wichtigen Anlässen. Er sei schon immer ein Einzelgänger gewesen, sagte der Angeklagte.
Nach Angaben des psychologischen Gutachters war die sexuelle Entwicklung des Angeklagten unauffällig. Mit 15 habe er seinen ersten sexuellen Kontakt gehabt. Auch die Ehen hätten der sozialen Norm entsprochen. Allerdings habe der Beschuldigte manchmal „zufällig“ in den Ausschnitt fremder Frauen fotografiert und auch im eigenen Bad eine Kamera installiert, über welche er seine Töchter beobachtet haben soll. Dennoch gebe es keinen Anhaltspunkt für eine psychische Störung.
Töchter zeigten Angeklagten an
Nachdem die Stieftochter des Beschuldigten von ihren eigenen Kindern erfahren hatte, dass der Angeklagte auch diese unsittlich berührt haben soll, erstattete sie Anzeige. Die Ermittlungen wurden jedoch eingestellt. Erst, als auch die leibliche Tochter ihren Vater anzeigte und von heimlichen Aufnahmen aus dem Bad berichtete, die dieser in ihrer Kindheit angefertigt haben soll, konnte die Polizei einen Durchsuchungsbefehl erwirken. Hierbei wurden Festplatten beschlagnahmt, auf denen der Angeklagte seine Taten über Jahre hinweg festgehalten hatte. Er habe das Bildmaterial zwar vor längerer Zeit gelöscht, die Polizei konnte die Bilder aber wiederherstellen. Seit diesem Frühjahr ist der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Seine Stiefenkeltochter versucht, das Geschehene durch eine Traumatherapie zu verarbeiten.
„Ich habe es getan. Ich bin der Täter.“
Vor Gericht unterbreitete der Angeklagte ein umfassendes Geständnis – nach eigenen Angaben auch, damit seine Enkelkinder nicht in als Zeugen aussagen müssen. Ja, er habe sich an seinen Stieftöchtern vergangen und auch seine Stiefenkelkinder sexuell missbraucht. An den Missbrauch seiner leiblichen Tochter könne er sich nicht mehr erinnern. Aber, wenn sie es so sage und Fotos existieren, dann sei es wohl so gewesen. Gerade bei den schwerwiegenderen Taten hat er scheinbar größere Erinnerungslücken. „Ich möchte sagen, dass ich meine Taten sehr bereue. Es tut mir leid und ich schäme mich deswegen. Ich hasse mich selber, weil ich meinen Opfern, die ich liebe, sowas angetan habe.“ Der Angeklagte weinte, während er seine Taten gestand. Das Urteil wird in Kürze erwartet.
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