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Ursberg: Der Geist von Dominikus Ringeisen wirkt noch heute in Ursberg

Die Ursberger "Wohltätigkeitsanstalten" in einer kolorierten Aufnahme, die möglicherweise um das Jahr 1900 entstand.
Foto: Sammlung Sophie Maier
Ursberg

Der Geist von Dominikus Ringeisen wirkt noch heute in Ursberg

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    Am 4. Mai 1904, vor genau 120 Jahren, starb Dominikus Ringeisen im Alter von 69 Jahren. Geld erbetteln, um damit ein großes Werk der Barmherzigkeit zu tun, das praktizierte er bereits während seiner Zeit als Benefiziat von Obergünzburg. Dort baute er ein Krankenhaus. 1884 erwarb er die Gebäude der ehemaligen Prämonstratenser-Abtei Ursberg. Er beabsichtigte, hier eine Anstalt für behinderte Menschen zu errichten. In der damaligen Sprache kündete er an: "Ich eröffne am 1. Dezember eine Anstalt für männliche Kretinen im ehemaligen Kloster Ursberg." Ringeisens Neugründung wuchs überaus rasch, der Gründer bewies großen Mut und Entschlossenheit zur Expansion. Vermessenheit, Großmannssucht und Baumanie warfen ihm seine Kritiker vor. Dominikus Ringeisen wusste sich zu wehren. Er erklärte, er handle freilich nicht nach dem natürlichen Verstand, sondern nach dem erleuchteten, „welcher tiefer blicket, weiter sieht, unentwegbar hofft, vor keiner Schwierigkeit zurückweicht, nichts bricht, sondern alles zu den Füßen Gottes zur Huldigung und Unterwerfung bringt, ohne Maß und Zahl liebt und ohne Aufhören betet.“

    Dominikus Ringeisen (1835 bis 1904) ist der Begründer des heutigen Dominikus-Ringeisen-Werks.
    Dominikus Ringeisen (1835 bis 1904) ist der Begründer des heutigen Dominikus-Ringeisen-Werks. Foto: Sammlung Sophie Maier

    Das Wirken von Dominikus Ringeisen war segensreich und hatte Bestand. Heute, 140 Jahre nach der Gründung, gibt es das Dominikus-Ringeisen-Werk an 30 Orten in Bayern. 5000 Menschen mit Behinderung werden betreut von über 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Vollzeit und Teilzeit. Das Angebot ist umfangreich, es umfasst verschiedene Wohnformen, Werkstätten, Förderstätten, Schulen, Beratungs- und Servicestellen, ein Berufsbildungswerk und ein medizinisches Versorgungszentrum. Nach 140 Jahren und mehreren großen Umwälzungen stellt sich die Frage: Wie und wo ist der Geist des Gründers der Ursberger Anstalt heute noch präsent? Wie und wo wird an ihn erinnert?

    Ein Straßenschild erinnert an Dominikus Ringeisen.
    Ein Straßenschild erinnert an Dominikus Ringeisen. Foto: Heinrich Lindenmayr

    Fährt man durch Ursberg, stößt man mehrfach auf den Namen Dominikus Ringeisen. Eine zentrale Straße trägt diesen Namen, auch das Gymnasium und der Saal des Gymnasiums. Vor dem Eingang zum Mutterhaus der St. Josefskongregation steht eine große Steinstele, in die ein rundes Relief eingefügt ist, das Dominikus Ringeisen im Kreis seiner Schützlinge abbildet. In jedem Haus im Bereich des Ringeisen-Werks würden Bilder von Dominikus Ringeisen hängen, erklärt die Generaloberin der St. Josefskongregation, Schwester M. Katharina Wildenauer. Auch der Sarkophag von Dominikus Ringeisen auf dem Friedhof sei ein besonderer Ort zum Gedenken an den Gründer.

    Das Gymnasium trägt Ringeisen im Namen.
    Das Gymnasium trägt Ringeisen im Namen. Foto: Heinrich Lindenmayr

    Und schließlich begegnet einem im ganzen Ort das Signet (Markenzeichen) des Dominikus-Ringeisen-Werks: ein Metallring, aus dem ein Baum mit sieben Ästen wächst, welche die sieben leiblichen und die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit darstellen. Dieses Signet ist omnipräsent, angebracht an Gebäuden, Dienstfahrzeugen, vielen Produkten des Ursbergers Ladens, allen Publikationen des Ringeisen-Werks, auf jedem Brief und jeder Botschaft, die das Ringeisen-Werk verlässt. Den Ringeisen-Baum nennt Martin Riß, Geistlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Dominikus-Ringeisen-Werks, einen guten Kompass für den Dienst in der Einrichtung. Der Baum weise im Alltag den Weg, wie man in der Arbeit mit behinderten Menschen das Wort Jesu Christi erfülle, was man dem Geringsten seiner Schwestern und Brüder tue, das habe man ihm getan.

    Das Signet des DRW findet sich in ganz Ursberg.
    Das Signet des DRW findet sich in ganz Ursberg. Foto: Heinrich Lindenmayr

    Neuen Mitarbeitern zeige er gern den Ringeisenbaum und bitte sie dann, innezuhalten und sich ein Werk der Barmherzigkeit zu wählen, das sie bei ihrer Arbeit in besonderer Weise berücksichtigen wollten. Was im Ringeisen-Werk geschehe, so Martin Riß, es solle stets dem Geist und Anspruch Ringeisens genügen, der das Aufgabenprofil der von ihm gegründeten Anstalt klar definiert hatte: die behinderten Menschen zu lehren, zu beschäftigen, zu heilen, ihre Bedürfnisse zu erfüllen und sie zu pflegen in gesunden und kranken Tagen.

    Die Steinstele ist vor dem Eingang zum Mutterhaus und zeigt ein Relief von Ringeisen im Kreis seiner Betreuten.
    Die Steinstele ist vor dem Eingang zum Mutterhaus und zeigt ein Relief von Ringeisen im Kreis seiner Betreuten. Foto: Heinrich Lindenmayr

    Sich dem Auftrag von Dominikus Ringeisen verpflichtet fühlen, dieser Anspruch wird gleich zu Beginn des Internet-Auftritts des Dominikus-Ringeisen-Werks formuliert. Und auch das Leitbild des DRW mit seinem beeindruckenden Grundsatz „Jeder Mensch ist kostbar“ ist nichts anderes als der Versuch, den Geist von Dominikus Ringeisen in das Denken und die Sprache unserer Zeit zu transformieren. Er brauche keinen besonderen Ort, um an Dominikus Ringeisen zu denken, meint Manuel Liesenfeld, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im DRW. Es genüge ihm einfach zu sehen, „wie liebevoll, wertschätzend und achtungsvoll unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Menschen mit Behinderung mit teils sehr großem Assistenzbedarf umgehen.“

    Seit dem Tod von Ringeisen hat sich viel getan

    In den 120 Jahren seit dem Tod von Dominikus Ringeisen ist viel geschehen. Sein Werk ist gewaltig gewachsen, die Aufgaben haben sich differenziert und sie werden ausgesprochen professionell umgesetzt. Viel berufliches Wissen und Können ist heute im Spiel, um den Betreuten möglichst gut und passgenau zu helfen. Es geht beispielsweise nicht mehr nur darum, den behinderten Menschen zu beherbergen, sondern ihm zu der Form des Wohnens und Zusammenlebens zu verhelfen, die für ihn am besten ist. 

    Sterbebild für den 1904 verstorbenen Dominikus Ringeisen aus der Sammlung von Sophie Maier.
    Sterbebild für den 1904 verstorbenen Dominikus Ringeisen aus der Sammlung von Sophie Maier. Foto: Peter Bauer

    Dunkle Jahre musste die Ursberger Anstalt während der Zeit des Nationalsozialismus und seiner Ideologie des lebensunwerten Lebens überstehen. Stolz wäre der Gründer gewiss über den Widerstand, den die Anstalt seinerzeit praktizierte, beispielhaft die erfolgreiche Hinhaltetaktik der Anstaltsärztin Dr. Ilsabe Gestering. Eine große Herausforderung war die fortschreitende Verweltlichung unserer Gesellschaft. Sorgten früher die Schwestern der St. Josefskongregation für die Klientel der Ursberger Anstalt, so sind sie heute nur noch eine kleine Minderheit, überwiegend betend tätig, wie die Generaloberin sagt. Die Schwestern erfüllen Ringeisens Wort: „Barmherzigkeit ist unser Beruf. In ihm müssen wir leben, leiden und sterben.“ 

    Inklusion bleibt ein großes Ziel

    Was sich Dominikus Ringeisen nur erhoffen konnte vor 120 Jahren und heute Realität ist: Dass der Staat durch seine Sozialgesetzgebung die finanziellen Rahmenbedingungen garantiert, mit denen das DRW wirtschaften kann. Dass Menschen mit Behinderung immer besser integriert werden, auch wenn bis zum Erreichen des Ziels der Inklusion noch viel zu leisten ist. Der jüngst verstorbene ehemalige Bürgermeister Ursbergs Ewald Schmid hatte dazu anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Anstalt 1994 formuliert: Anzustreben sei von der ganzen Bürgerschaft der Kommune, „die Behinderten in der ihnen gleichermaßen eigenen ‚fremden Würde der Ebenbildlichkeit Gottes‘ an- und aufzunehmen und mit ihnen als gleichwertige Bürger der Gemeinde Ursberg zusammenzuleben.“

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