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Eisbaden: Mutprobe oder Gesundheitsritual? Was dahintersteckt!

Pro und Contra

Eisbaden: gesunde Abkühlung oder Ego-Training?

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    30 Sekunden können schon viel sein: Beim Eisbaden ist es ein Muss, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören.
    30 Sekunden können schon viel sein: Beim Eisbaden ist es ein Muss, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören. Foto: Annette Riedl, dpa

    Pro: Mit Eisbaden kann man die Welt auf das Einfache reduzieren

    Eisbaden ist mehr als nur ein Trend. Zwar hat der Komiker Wigald Boning mit seinen täglichen Schwimmeinlagen auf den sozialen Medien etliche Fans zu der ungewöhnlichen Leidenschaft animiert, sicher aber wird das erfrischende Hobby vielen Deutschen darüber hinaus erhalten bleiben. Eisbaden hat schlicht zu viele Vorteile. Und macht auch noch Spaß.

    Die positiven gesundheitlichen Effekte liegen auf der Hand. Wer sich regelmäßig dem eiskalten Wasser aussetzt, fördert seine Durchblutung und beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfällen vor. Auch das Immunsystem erhält einen kräftigen Schub. Erkältungen treten deutlich seltener auf. Das haben Studien nachgewiesen.

    Viel wichtiger aber ist die Selbst-Herausforderung. In einer Zeit, in der alles immer komplexer wird und einem zunehmend die Kontrolle zu entgleiten scheint, ist es zutiefst befriedigend, die Welt auf das Einfache zu reduzieren. Wo ist das besser möglich als beim Eisbaden? Es ist eine banale Konstellation – Mensch und Wasser. Es gibt nur einen Gegner: den inneren Schweinehund. Die zehrenden Gedanken sind ausgeschaltet, der Schmerz beim Einstieg lässt einem dafür schlicht keine Kapazitäten.

    Wer muss schon mit weiten Reisen um den Globus die Unbill der Welt verdrängen, wenn er den eisigen Fluss vor der Tür hat? Eisbaden ist eine hervorragende Möglichkeit der Weltflucht. Ein kurzer Schmerz – dann folgt die Belohnung auf dem Fuße. Nach dem Ausstieg sprudeln die Glückshormone. Wer an Eisbaden etwas auszusetzen hat, der hat das Hochgefühl schlicht noch nicht erfahren. (Jonas Klimm)

    Contra: Sich unter dem Deckmantel der Gesundheit zu profilieren ist uncool

    Seit ewigen Zeiten stürzen sich russisch-orthodoxe Christen in eisig kalte Gewässer. Inzwischen ist aus dem uralten religiösen Reinwaschungsritual ein Wintertrend geworden: Jetzt wird sich die eigene Schwäche abgefroren. Das Ganze ist nur für Leute, die sich richtig was trauen. Das Gefühl in den Füßen zu verlieren, beispielsweise.

    Eisbaden ist ein Versuch, sich mental zu stärken, über sich hinauszuwachsen. Mag sein. Und: Respekt! Wer aber sonntagnachmittags zum gefrorenen See fährt oder sich hinter einen Felsen im Fluss klemmt, um einen kühlen Kopf zu bekommen und zu sich selbst zu finden, sollte vielleicht über andere Strategien nachdenken, um runterzukommen. Und für viele – mit Verlaub – Männer ist der Gang ins Eis auch nur eine neue Möglichkeit, sich, am besten auch online, zu beweisen. Eine Wer-schafft-es-länger-Mentalität, die klar beachtlich, irgendwie aber auch einfach peinlich ist.

    Damit sei nicht einmal geleugnet, dass kaltes Wasser und die Überwindung herausfordernd und stärkend und wunderbar für den Kreislauf sind. Aber ganz ehrlich: wieso tut es nicht eine klassische Dusche? Und wieso müssen Eisbader, egal ob in die heimische Tonne gepresst oder im Fluss am Stein geklammert, ständig darüber sprechen, dass sie sich in kaltes Wasser setzen können?

    Die einzige Person, die sich dem Thema jemals cool annäherte, ist übrigens Per Mertesacker. Nach dem Sieg gegen Algerien im Achtelfinale der Fußball-WM 2014 in Brasilien legte sich der Fußballprofi nach 120 Minuten Ackern „jetzt erstmal in die Eistonne“– eine echte Abkühlung, nonchalant, ohne anzugeben, wie lang er es schafft, ganz ohne Social Media Posts. Einfach machen. Das, liebe Eisbader, ist cool. (Nadine Ballweg)

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    1 Kommentar
    Isolde Mair

    Eisbaden ist eine Kopfsache, ich habe im Jahr 2024 viel darüber gelesen. Leider gibt es in unseren Gefilden kaum noch gefrorene Seen. Aber ich gehe regelmäßig ins Luftbad in Göggingen und war am 2. Januar bei 2 Grad Lufttemperatur und 4 Grad Wassertemperatur im Caldonazzosee (ca. 15 Km von Trento entfernt). es gibt darüber auch Bilder. Nur Mut und Denken, der Ilsesee, das Luftbad, der Kuhsee bieten sich bei in unserer Region an. Roland Mair, Stadtbergen

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