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Schlagerstar Peggy March im Interview: Nicht verstanden wovon ich sang

Interview

Peggy March: „Ich habe kein Wort verstanden, von dem, was ich sang“

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    "Mit 17 hat man noch Träume": Peggy March, 77, hat ihre alten Lieder neu aufgelegt.
    "Mit 17 hat man noch Träume": Peggy March, 77, hat ihre alten Lieder neu aufgelegt. Foto: Depro Verlag Sandra Ludewig

    Peggy, 1965 haben Sie mit Ihrem Lied „Mit 17 hat man noch Träume“ hier in Baden-Baden die Deutschen Schlager-Festspiele gewonnen. Erkennen Sie die Stadt noch wieder?
    PEGGY MARCH: Ich war seither häufig hier, um in Fernsehsendungen aufzutreten, und ich finde, Baden-Baden hat sich wirklich gut gehalten. Die Stadt ist charmant und hat Stil. Eigentlich hat sich hier in sechzig Jahren nicht sehr viel geändert. Ganz anders ist es in München, wo wir in den Siebzigerjahren gelebt haben. In München ist der Glanz von damals wirklich abgeblättert.

    Sie stammen aus einer Kleinstadt in Pennsylvania und leben seit den Neunzigern in Fort Lauderdale in Florida. Was hat Sie hierher verschlagen?
    MARCH: Ich kam mit 17 Jahren nach Deutschland. Ich war Schülerin, noch minderjährig, aber zwei Jahre zuvor hatte ich bereits einen Nummer-eins-Hit in den USA mit „I Will Follow Him“, einem Gospel-Pop-Song, der auch in anderen Ländern erfolgreich war. Meine Plattenfirma hatte die Idee, ich solle meine Lieder in ganz vielen Sprachen singen. So machte man das damals. „Mit 17 hat man noch Träume“ gibt es also in sieben oder acht Sprachen, sogar auf Japanisch. Mit dem Song ging alles sehr schnell, er traf einen Nerv. Ich war noch immer in der Highschool, aber schon rund um die Welt geflogen, nach Tokio, Berlin, Rom, Paris. Das hat mir Spaß gemacht. Während meiner gesamten Karriere war ich insgesamt 33 Mal in Japan.

    Sie hatten in den späten Sechzigerjahren eine ganze Reihe von Schlagerhits in Deutschland, darunter „Memories of Heidelberg“.
    MARCH: Auch so eine schöne, schnuckelige Stadt, vielleicht etwas größer als Baden-Baden. Ich war oft oben beim Schloss und in der Altstadt. Solche Gässchen haben wir in den USA ja nirgendwo. Kein Wunder, dass die Amerikaner so vernarrt nach Heidelberg sind.

    Wie war es, nach dem Erfolg wieder ganz normal zur Schule zu gehen?
    MARCH: Sehr seltsam. Ich hatte alles verpasst. Wir hatten ja noch kein WhatsApp (lacht). Plötzlich war Bobby mit Susan zusammen, und ich wusste von nichts (lacht). Und das Mädchen, das nie die Coolste in der Klasse war, hatte plötzlich diesen Erfolg.

    Haben Sie noch Freundinnen und Freunde aus der Schulzeit?
    MARCH: Ja, wir sind eine Gruppe von sieben Frauen – Freundinnen seit der ersten Klasse. Wir sehen uns einmal im Jahr und telefonieren wirklich oft zusammen. Ich bin die Einzige von uns, die noch arbeitet (lacht). Alle anderen sind längst in Rente und genießen ihr Leben. Ach, Quatsch, ich genieße mein Leben ja auch. Ich arbeite sehr, sehr gerne. Ich bin noch nicht so weit, um in Ruhestand zu gehen.

    War es Ihnen ein Leichtes, die deutsche Sprache zu lernen?
    MARCH: Nein, ich habe endlos geübt. Als ich „Mit 17“ aufnahm, konnte ich kein Wort verstehen von dem, was ich da sang. Später habe ich mich mit einem Wörterbuch hingesetzt, Zeitschriften und Zeitungen gelesen und Fernsehen geschaut. Dieses ganze Konjugieren, meine Güte, das war nicht ohne. Zum Glück war mein Mann mit dabei, und als wir nach München gingen, wurde es jeden Tag besser.

    Sie haben Ihren Mann Arnold Harris bereits mit 20 geheiratet.
    MARCH: Ja, Arnie war mein Manager, und dann haben wir uns verliebt. Ich wusste sofort, dass er der Richtige und der Einzige für mich ist. Ich habe ihn mit 19 in New York kennengelernt, wo ich hingezogen bin, als ich mit der Schule endlich fertig war. Wir hatten uns und waren glücklich. Ein Jahr nach unserem Kennenlernen haben wir Hochzeit gefeiert. Mit Arnie ging alles superschnell.

    „Ich war in den USA die jüngste Sängerin, die je eine Nummer eins hatte - und pleite“

    Ihr Mann war um einiges älter als Sie.
    MARCH: 22 Jahre. Er war 41, ich war 19. Natürlich hatte er einiges mehr an Lebenserfahrung, aber auch ich war schon etwas erwachsener als die meisten anderen Teenager. Ich singe ja, seit ich 13 bin. Ich habe auf Hochzeiten gesungen, bei Geburtstagen, überall. Mein erster Manager hat meine Eltern und mich um viel Geld betrogen. Aber so war es zu der Zeit, das passierte vielen. So war mein Geld wieder weg. Mit 18 hatte ich noch fünfhundert Dollar. Ich war die jüngste Sängerin, die je eine Nummer eins in den USA hatte – und ich war pleite. Aber was bringt es, der vergossenen Milch nachzuweinen? Als ich Arnie kennenlernte und er mich managte, waren meine Eltern, Altersunterschied hin oder her, erleichtert.

    Eure Liebe hat ein Leben lang gehalten. Ihr wart 45 Jahre verheiratet, als er 2013 an Krebs starb. Was war euer Geheimnis?
    MARCH: Kompromisse. Arnie kommt ja eigentlich aus einer anderen Generation als ich, zu Beginn unserer Ehe habe ich viel nachgegeben, wir haben meist gemacht, was er sagte. Er hatte ja auch viel mehr Erfahrung. Und, zumindest aus seiner Sicht, war er ein Mann, der immer Recht hatte (lacht). Mit den Jahren hat sich das verschoben. Ich entwickelte eigene Interessen, habe ihm zum Beispiel viel über meine Leidenschaft für Esoterik beigebracht, wir lebten immer gleichberechtigter. Vor allem haben wir uns sehr gut verstanden, obwohl wir oft 24 Stunden am Tag zusammen waren.

    Wie haben Sie seine Krankheit erlebt?
    MARCH: Er war so ein starker Mensch. Aber er hat nie aufgegeben. Er hat eine Chemotherapie nach der anderen gemacht, und ich habe ihm immer gesagt: Das wird schon. Aber es gab keine Heilung für ihn. Anfangs war ich sehr traurig, aber dann begann ich, mich an unser schönes Leben zu erinnern. Wir hatten es wirklich gut zusammen, auch wenn er mich manchmal wahnsinnig gemacht hat (lacht).

    Peggy March, 77, hat ihre alten Songs neu aufgelegt.
    Peggy March, 77, hat ihre alten Songs neu aufgelegt. Foto: Depro Verlag Sandra Ludewig
    Peggy March
    Peggy March Foto: Depro Verlag Sandra Ludewig

    Sind Sie ein optimistischer Mensch?
    MARCH: Ja, seit jeher. Ich denke, wenn irgendetwas heute nicht gelingt, dann wird es morgen gelingen. Irgendwann wird alles wieder gut.

    „Die Stiefel, die kurzen Röcke, die bunten Farben – es war schon eine coole Zeit“

    Sie haben eine Tochter, Sande-Ann, die 1974 zur Welt kam. Was ist aus ihr geworden?
    MARCH: Sie lebt in Chicago. Brr, eine kalte und windige Stadt. Nicht mein Ding, aber sie ist gern dort. Meine Tochter hat Theaterwissenschaften studiert und als Produktionsassistentin in Hollywood gearbeitet. Irgendwann mochte sie das nicht mehr. Heute arbeitet sie als Tierkrankenschwester. Eigentlich kein Wunder, denn Tiere hat sie schon als Kind geliebt (lacht). Sie hat einen Sohn, mein Enkelkind, der ist auch schon 18. Ein toller Kerl. Er fängt jetzt an zu studieren.

    Weiß er, was seine Oma beruflich macht?
    MARCH: Ja, sicher. Er hat sich alte TV-Auftritte und so angeschaut. Manchmal mit mir zusammen. Was ich damals für Klamotten trug, herrlich. Mode hat mir immer Spaß gemacht. Die Stiefel, die kurzen Röcke, die bauchfreien Tops, die bunten Farben, es war schon eine coole Zeit.

    „Das Lied hat eine zeitlose Botschaft: Geh raus und lebe deine Träume“

    Sie lassen diese Zeit jetzt wieder aufleben und veröffentlichen neue Versionen Ihrer alten Hits.
    MARCH: „Mit 17 hat man noch Träume“ singe ich gemeinsam mit Oli P. Ein reizender junger Mann. Ich weiß, er ist eigentlich schon erwachsen, aber auf mich wirkt er wie ein großer Junge. Wir haben uns richtig gut verstanden.

    Warum ist „Mit 17“ immer noch so gefragt?
    MARCH: Weil das Lied eine zeitlose Botschaft hat. Nämlich: Geh raus und leb deine Träume. Tu was, mach was, und wenn du mal hinfällst, dann stehst du wieder auf.

    Auch Taylor Swift kommt, wie Sie, aus Pennsylvania. Was halten Sie von der Kollegin?
    MARCH: Das Mädchen ist fabelhaft. Eine großartige Künstlerin mit großartigen Liedern. Wie sie denkt, was sie schreibt, das finde ich wirklich beeindruckend klug.

    Und welche Träume hat Peggy March mit 77?
    MARCH: Vor allem möchte ich natürlich gesund bleiben. Und ich will gern wieder malen. Doch vor allem möchte ich sagen, dass ich ein fantastisches Leben hatte und habe. Ich liebe meinen Beruf bis heute, ich habe den richtigen Mann geheiratet, wir haben eine tolle Tochter. Mein Leben ist vom Glück geküsst, und dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

    Zur Person Ihre größten Hits kennen alle. Als Peggy March, geboren 1948 als Margaret Annemarie Battavio in Pennsylvania mit „I Will Follow Him“ Nummer eins in den USA wurde, war sie 15. Zwei Jahre später erreichte sie die Spitze in Deutschland, „Mit 17 hat man noch Träume“ hieß das Lied – der Titel ist bis heute quasi ein geflügeltes Wort. Doch auch später war die heute 77-Jährige Sängerin und Songschreiberin erfolgreich, unter anderem war sie Co-Autorin des Hits „When The Rain Begins To Fall“ von Pia Zadora und Jermaine Jackson aus dem Jahr 1984. Gerade hat die Sängerin ihre größten Erfolge in neuen, zeitgemäßen Versionen unter dem Albumtitel „Mit 17 hat man noch Träume“ veröffentlicht. Zum Interview traf unser Autor eine bestens gelaunte Peggy March dort, wo alles begann: in einem Grandhotel in Baden-Baden, pünktlich zur Teatime.

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