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Eukitea Theater spielt „Der kleine Prinz“

Eukitea Theater

Stephan Eckl im Interview: „Wo gehe ich hin mit dem kleinen Prinzen? In einen Schlossgarten!“

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    Stephan Eckl leitet das Eukitea-Theater in Diedorf.
    Stephan Eckl leitet das Eukitea-Theater in Diedorf. Foto: Marcus Merk

    Herr Eckl, Sie feiern mit Ihrem Theater Eukitea ein kleines Jubiläum: Sie spielen nicht nur in Schwaben Theater, in ihrem Haupthaus in Diedorf und auf Tournee, sondern seit 20 Jahren auch in Berlin. Woher kam diese Idee, zu expandieren?
    STEPHAN ECKL: Das waren damals Aufbruchsjahre, in Diedorf waren wir gerade dabei, unser Theaterhaus zu bauen, wir haben provisorisch in Kunstcontainern gearbeitet. Aber ich habe damals auch schon gemerkt: Wenn wir nur hier spielen, sind wir zu weit draußen. Wir brauchen für unser Theater auch einen Großstadt-Kulturraum. Und was bietet sich in Deutschland an? Berlin natürlich! Dort haben wir ein kleines Team gegründet, alles begann in einer Privatwohnung, mit drei Schauspielerinnen und einer Organisationskraft. Und das hat sich dann erstaunlich entfaltet: Bei seinem ersten Theaterbesuch bei uns war der Oberschulrat von Berlin-Mitte begeistert: „Das ist so aktuell“, hat er gesagt, „das ist auf Augenhöhe, das brauchen wir in Berlin, das spiegelt die Jugend wider“. So haben wir uns weiterentwickelt, vom Land und seiner Ruhe hin zur Konfrontation in der Großstadt. Wir haben überall gespielt, auch an der Rütlischule. Berlin, denkt man, ist ja manchmal ein bisschen Kodderschnauze …

    … also ein hartes, raues Pflaster?
    ECKL: Ja, aber das ist nur die Oberfläche, man spürt schnell, wie viel Freundlichkeit und Offenheit hinter der Härte steckt. Wir erleben jeden Kiez, spielen in jedem Bezirk und merken, dass unsere Arbeit dort genauso ankommt wie überall. Wir haben in den 20 Jahren schon zehn, zwölf verschiedene Stücke mit dem Berliner Spielteam entwickelt. Letztes Jahr haben wir 211 Aufführungen allein in Berlin un Brandenburg mit dem Ensemble gespielt. Wir haben einen sehr breiten Stand in und um die Stadt, wir sind dort am richtigen Ort.

    An welchen neuen Ideen und Projekten arbeiten Sie denn gerade mit Ihrem Theater?
    ECKL: Wir arbeiten an einem Projekt mit dem Moses-Mendelssohn-Zentrum. Das ist ein Institut der Universität Potsdam für deutsch-jüdische Studien. Die Wissenschaftler arbeiten dort seit fünf Jahren an der Digitalisierung der Bücher, die in der NS-Zeit verboten und verbrannt wurden, und gemeinsam mit uns wollen sie das Thema auch an die Schulen bringen. Die Idee des Projekts ist: Wir stellen Fragen an die Vergangenheit, und die Vergangenheit gibt uns Impulse für das Jetzt. Wie ein Dialog zwischen heute und damals, also der Zeit vor 90 Jahren, als dieses Schreckliche einbrach in die Menschheit, hier in Deutschland. Ende Januar 1933 war die Welt scheinbar noch in Ordnung, die Kunstszene feierte Opernbälle, Literaten lasen frei aus ihren Werken. Sechs Wochen später waren von den Menschen, die damals noch ausgelassen gefeiert haben, zwei Drittel schon weg. Thomas Mann zum Beispiel, der gerade auf Vortragsreise war und dann auf Kur, konnte gerade noch nach München fahren und seine Sachen für die Flucht packen.

    Und wie übersetzen Sie diese Zeit auf die Bühne?
    ECKL: In dem Projekt „Friedenskinder“ erzählen wir Lebensgeschichten dieser Schriftsteller, Nelly Sachs, Anna Seghers, Stefan Zweig. Dabei hat über die Hälfte der ausgesuchten Autoren jüdische Wurzeln. Es ist so spannend, sich in diese Literaten einzulesen, einzuleben: Darf ich das, einem Menschen, der einmal wirklich gelebt hat, ein Gesicht geben, ein Wort geben, ihn spielen als Schauspieler? Ich interpretiere ja damit.

    Auch wenn sich die Lage nicht eins zu eins vergleichen lässt, aber: Heute leben wir wieder in sehr nervösen politischen Verhältnissen. Kann Theater da etwas dagegen bewirken? Sind Sie in der Kunst ein Optimist?
    ECKL: Ich bin immer ein Optimist, ganz grundsätzlich. Aber es ist so wichtig, der Wahrheit eine Stimme zu geben. Und wo wird es wahrer als in Poesie? Sie trifft eine tiefe Schicht in den Menschen, trifft Emotion, die beim Verstehen und Begreifen helfen. Wir wollen mit „Friedenskinder“ auch an die Mittelschulen gehen, ganz gezielt. Dort denkt und fühlt unser Gegenüber im Publikum oft sehr anders, die Schüler kommen aus anderen sozialen Verhältnissen. Brandenburg, eine Region mit gut 30 Prozent AfD-Wählern, das ist eine Hausnummer. Und einige Jugendliche und Kinder übernehmen erst mal eins zu eins die Haltung ihrer Eltern.

    „Friedenskinder“ ist eines Ihrer neuen Projekte. Zur Tradition gehört dagegen, dass ihr Theater auch jedes Jahr im Sommer Open-Air spielt, auf Ihrer eigenen Waldbühne bei Anhausen. In dieser Saison aber nicht ... ?
    ECKL: Die Waldbühne liegt im Freien und ist aus Holz, sie ist also immer wieder etwas pflegebedürftig. Jetzt steht eine größere Reparatur an und deshalb hat das Bauamt sein Veto eingelegt: Es darf keiner auf die Bühne, ehe sie nicht restauriert ist. Wir werden aber trotzdem unter freiem Himmel spielen, das machen wir schließlich schon seit 40 Jahren. Wir spielen in diesem Sommer: „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry. Denn dazu hatte ich eine assoziative Idee: Wo gehe ich hin mit dem kleinen Prinzen? Natürlich in einen Schlossgarten, da gehört so ein Prinz hin! (lacht) Wir haben uns dann auf den Weg gemacht, solche Kulissen zu finden, und werden das Stück in vier Schlössern in Schwaben spielen.

    Welche Schlösser sind es denn?
    ECKL: Das Fuggerschloss in Nordendorf, das Renaissanceschloss in Kirchheim, Herrenhaus Bannacker und Schloss Blumenthal. Jetzt müssen wir diese Tour im Juni und Juli organisieren. In diesem Sommer ist für uns alles ein bisschen größer, ein bisschen weiter als sonst.

    „Der kleine Prinz“ ist ein Märchen, eine weltberühmte Erzählung. Wie leicht lässt sich die Geschichte in ein Theaterstück verwandeln?
    ECKL: „Der kleine Prinz“ bietet sich an als Stoff fürs Theater … und dann doch wieder nicht. Es ist ja so eine zarte, poetische Geschichte, die sich nicht ganz einfach auf die Bühne übertragen lässt, wenn man achtsam und ernsthaft mit dem Stoff umgehen will. Ein Werk, das mehr als 200 Millionen Mal verkauft worden ist, darin liegt schon eine unglaubliche Power. Ich habe auch mein Team befragt: Jeder und jede hat das Büchlein zu Hause.

    Da schwingt viel Respekt mit, wenn Sie das so sagen?
    ECKL: Die Geschichte hat so viel Tiefe. Schon in der Einleitung schreibt Saint-Exupéry: Dieses Buch ist nicht für Kinder gemacht, es ist für das Kind im Menschen. Das ist die Botschaft, wenn ihr wie Kinder wärt, würde die Welt völlig anders aussehen. Zugehen auf die Welt, mit offenen Augen und offenem Herzen, darum geht es. Im Buch heißt es: Der Prinz stellte immer wieder Fragen, und er ließ nicht nach, bis die Frage beantwortet war. Ich habe das Büchlein immer wieder gelesen, in zig Durchgängen, und habe so vieles entdeckt darin. Ich habe aber auch eine Entscheidung getroffen: Ich werde den Schluss ändern.

    Wirklich? Das klingt mutig.
    ECKL: Ja, weil ich mit dem Ende nicht ganz glücklich bin. Ich verstehe nicht, warum sich der Prinz von der Schlange beißen lassen muss? Also Selbstmord begeht? Es leuchtet mir nicht ein. Man weiß von Saint-Exupéry, dass er in seinen letzten Jahren wohl sehr depressiv war. Es gibt auch Zweifel, warum der Schriftsteller im Zweiten Weltkrieg zu Tode kam, ob er im Flieger abgeschossen wurde oder nicht mehr wiederkommen wollte. Aber ich würde den kleinen Prinzen gerne weiterwachsen lassen. In der Begegnung mit dem Fuchs lernt er, wie wichtig es ist, in Beziehung mit anderen Wesen zu treten, und da will ich einhaken. Ich möchte dem Stoff gerecht werden, aber auch zeigen: Veränderung ist möglich, selbst für all diese unerlösten Gestalten im Buch. Und was wäre da noch möglich für den Prinzen? So könnte die Geschichte weitergehen ...

    Spieltermine

    Das Eukitea-Theater spielt „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry. Infos unter www.eukitea.de. Spieltermine am:

    - 27.06.25 (21 Uhr)        
    Schloss Nordendorf (Hauptstraße 17, 86695 Nordendorf) Ersatzspielort: Theater EUKITEA, Diedorf

    - 28.06.25 (21 Uhr)
    Fuggerschloss Kirchheim (Marktplatz 1, 87757 Kirchheim) Ersatzspielort: Fuggerschloss Kirchheim, Zedernsaal (Achtung: kein barrierefreier Zugang!)

    - 04.07.25 (21 Uhr)        
    Herrenhaus Bannacker (Bannacker 2, 86199 Augsburg) Ersatzspielort: Herrenhaus Bannacker (Innenräume)

    - 05.07.25 (21 Uhr)       
    Schloss Blumenthal (Blumenthal 1, 86551 Aichach)
    Ersatzspielort: Theater EUKITEA, Diedorf

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