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  3. Deutscher Buchpreis: Großmutter im Wolfspelz: Das ist Kim de l'Horizons Roman "Blutbuch"

Deutscher Buchpreis
15.10.2022

Großmutter im Wolfspelz: Das ist Kim de l'Horizons Roman "Blutbuch"

Kim de l'Horizon hat für seinen Roman "Blutbuch" den Deutschen Buchpreis 2022 im Frankfurter Römer erhalten.
Foto: Arne Dedert, dpa

In „Blutbuch“ stürzt sich Kim de l'Horizon in ein Märchen von Scham, Schuld, Lust und Familiengeheimnissen. Wer schreibt hier? Die Oma? Ich, Es, Über-Ich? Oder jemand, nein „jemensch“?

Es war einmal ein Märchen, das wusste schon, wie viel Furcht und Schrecken so eine Großmutter verbreiten kann. Da zitterte das Rotkäppchen: „Aber Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!“ – „Dass ich dich besser fressen kann“, sprach sie. Also gut, der Wolf im Oma-Kostüm.

Aber was, wenn man als Otto-Normal-Rotkäppchen, als echter Mensch im Leben, die Großmutter noch mehr fürchtet als jeden Wolf? Diese Angst spürt die Hauptfigur in Kim de l’Horizons Debütroman „Blutbuch“: Sie fleht: „Grossmeer, iss mich nicht.“ Klagt an: „Meine Grossmeer heißt Rosmarie, und sie war ein Monster.“

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Deutscher Buchpreis für "Blutbuch" – Kim de l'Horizons Buch ist queer

Schon Kim de l’Horizons Lebenslauf klingt wie eine Mär. Geboren im Jahr 2666, auf dem Planeten Gethen, den Science-Fiction-Fürstin Ursula K. le Guin für ihr Roman-Universum erfunden hat. Sagt der Buchklappentext. Dagegen weniger fantastisch, sondern real: Kim de l’Horizon versteht sich als non-binär, fühlt sich also weder als Mann noch Frau. Was diesem Menschen nun mit dem „Blutbuch“ gelingt, ist eine gut 300-seitige Ballade von Begierde, Geheimnissen, Erinnerung – und das könnte schon nach Groschenroman und Heinz G. Konsalik klingen, wäre das Buch nicht so „queer“. So regenbogenfarben und feministisch, zudem tiefenpsychologisch und experimentell.


De l’Horizon dreht die Worte, bis sie sich verwirren, verstricken, einander ersetzen. „In der Sprache, die ich von dir geerbt habe“, schreibt die Figur Kim an ihre Mutter, „in meiner Muttersprache also, heißt Mutter ‚Meer‘.“ Es ist das Schweizerdeutsch aus Bern, mit französischen Anleihen. Der Vater ist deshalb der Peer und die Großmutter – die Figur, die Kims Familie regiert, die Kim einen „Drachen“ nennt – die Großmeer. „Die Frauen meiner Kindheit sind ein Element, ein Ozean.“

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In diesem Urmeer der Urmeeren liegt eine Weite, in der sich die unerzählten Schicksale der Frauen aus Kims Familie verstecken. Was ist der ersten Rosemarie geschehen, Großmeers Schwester, die als Kind starb? Und Tante Irma, deren Existenz alle verschweigen, aber deren Namen Kims „Meer“ Irma mit sich tragen muss? Jede hat ihre Lebenslast schweigend weitergereicht, die nächste Generation muss sie schultern. Am Ende schreibt Kim der Großmeer: „Sind unsere Geschichten nicht eine Matrjoschka“, „wer gebiert hier eigentlich wen“?

Kim de l'Horizon dreht die Worte in "Blutbuch", bis sie sich verwirren

Die Figur Kim – wie de l’Horizon queer und nonbinär – recherchiert nach diesen Ahninnen, um selbst Halt zu finden, blinde Flecken im Selbstbild zu füllen. Für dieses feministische Programm werden Zeuginnen der Weltliteratur beschworen: die neue Nobelpreisträgerin Annie Ernaux, die nach der weiblichen Erinnerung forscht; Virginia Woolf, die im Roman „Orlando“ das Mann-Frau-Zweierlei aufbrach; ohne Zitat auch Zeitgenossinnen wie Leïla Slimani, mit ihren lust- und schmerzgestählten Heldinnen. Am Ende dankt Kim einem Popstar, der auf Geschlechterklischees pfeift: Harry Styles.

Verquer? Aber dieses queere Buch kreist nicht nur um die vermeintlich so anderen, so Schrägen im Hier und Jetzt. Es fantasiert sich in die ungeschriebenen Geschichtsbücher der Queerness und der Emanzipation, die zurückreichen könnten bis in Pest-Zeiten. Kims „Meer“ hat die Wege ihrer Ururmeeren heimlich notiert. Sie schreibt von Heilerinnen, bärtigen Frauen, der Hexerei Bezichtigten, von lesbischen Romanzen, Affären mit Fürsten. Und: Missbrauch. Kindstod. Irma. Rosemarie.

Die Cover der sechs Bücher der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2022: Fatma Aydemir («Dschinns», l-r), Kristine Bilkau («Nebenan»), Daniela Dröscher («Lügen über meine Mutter»), Jan Faktor («Trottel»), Kim de l'Horizon («Blutbuch») und Eckhart Nickel («Spitzweg»).
Foto: vntr.media/Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dpa

Die Stammbaumforschung führt – da wirft sich Kim mit anstrengender Lust ins Wortspielgestrüpp – in die Natur. Die Hauptfigur studiert die botanische Historie der Blutbuche, die in Großmeers Garten stand. Viel Doppelsinn zwischen Buchtitel und Buchenname, es geht um Wurzeln, Samen, Blüten, die treiben – aber dann wird auch noch in rauschenden Farben kopuliert. Kim wird selbst zum Wolf zwischen Dating-App-Quickies und Blowjobs von Lieferservice-Boten. Wühlt den Seelenschmutz der Sehnsucht hoch, und man hört Marcel Reich-Ranicki, wie er im „Literarischen Quartett“ deklinierte: „Ich ficke, du fickst, er fickt. Wir alle ficken. Wir müssen ficken.“ Am Ende ist all der Sex nur die Flucht vor der Leere.

In sein "Blutbuch" hat Kim de l'Horizon sich selbst hineingeschrieben

An Identität und Herkunft kleben immer Spuren von Rassismus, Nationalismus, Sexismus. Wie sich selbst behaupten in diesem Wust? Kims Antwort: „Autofiktion“. Das heißt: sich selbst in die Welt hineinschreiben, sein eigenes Epos verfassen, bis das Leben Erzählung wird. Dabei öffnet Kim hübsche Gedankengänge: dass Sprache immer auch Vermeidung ist, jeder Satz ein Ausweichmanöver, um nicht auf hässliche Wahrheiten zu prallen.

Man kann diesem Buch eines nicht vorwerfen: Langeweile. Was einen da schon auf der nächsten Seite anspringen kann: neuer Stil, Schreibmaschinenschrift, Strichlisten, einmal das Buch bitte wenden. Kim warnt auf der Rückseite, es sei nicht „straight“. „Straight“ kann heterosexuell bedeuten – aber auch: schnurgerade. Und da verspricht de l’Horizon nicht zu viel. Wer sich durch Passagen mit arg wuchernden Sprachbildern ringt, stößt auf viel Originalität. Und auf die Idee, dass Blut nicht so dick ist, wie behauptet, und eine Wahlverwandtschaft, also Freundschaft kostbar.

Dieses „Blutbuch“ ist keine Lektüre für Menschen, die Sprachspiele als Belästigung empfinden, für die es einen Hausfriedensbruch bedeutet, wenn da jemand, nein, „jemensch“ in das Heimatgefühl ihrer Sprache blutgrätscht … Oder vielleicht besonders für jene?

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