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Auf einem Bauernhof im Landkreis Landsberg verenden Dutzende Ziegen

Landkreis Landsberg

Auf einem Hof im Landkreis Landsberg verenden Dutzende Ziegen

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    Auf einem Hof im Landkreis Landsberg sind Dutzende Ziegen verendet.
    Auf einem Hof im Landkreis Landsberg sind Dutzende Ziegen verendet. Foto: Felix Ebert (Symbolbild)

    Auf einem Bauernhof im Landkreis Landsberg ist es offenbar zu erheblichen Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen gekommen. Wie das Veterinäramt im Landratsamt auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte, wurde auf dem Betrieb eine große Anzahl toter Nutztiere entdeckt. Nur ein kleinerer Teil des Bestands konnte gerettet und in den Notstall nach Penzing gebracht werden.

    Mit Rücksicht auf den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte der Landwirtsfamilie machen der Leiter des Veterinäramts, Dr. Michael Veith, und Wolfgang Müller, der Sprecher des Landratsamts, derzeit keine näheren Angaben zu dem Fall. Offiziell heißt es nur, dass am 6. Mai auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgrund von Tierschutzverstößen 41 Nutztiere entnommen worden sind. Eine „mindestens hohe zweistellige Zahl“ von Tieren sei bereits verendet gewesen. Um welche Tierart es sich handelt, lässt das Landratsamt ebenfalls offen. Dem Vernehmen nach geht es um einen Milchziegenbetrieb. Der Fall im Landkreis Landsberg dürfte das Ausmaß ähnlicher Vorkommnisse in den vergangenen Wochen in den Landkreisen Eichstätt und Rosenheim erreichen oder gar übertreffen.

    Im Landkreis Rosenheim wurden im März auf einem Hof 17 tote Rinder, Schafe und Ziegen vorgefunden und rund weitere etwa 20 unter Mist und Stroh entdeckt, ein paar Wochen später in einem anderen Betrieb neun tote Rinder, 19 konnten noch gerettet werden und wurden in den Notstall nach Penzing gebracht. Auf einem Hof im Landkreis Eichstätt wurden im März 18 tote Rinder gefunden.

    In diesem Stall in Penzing werden Nutztiere untergebracht, die ihren bisherigen Haltern wegen Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen weggenommen worden ist. Am 6. Mai war dies in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis der Fall.
    In diesem Stall in Penzing werden Nutztiere untergebracht, die ihren bisherigen Haltern wegen Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen weggenommen worden ist. Am 6. Mai war dies in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis der Fall. Foto: Thorsten Jordan

    Welche Konsequenzen den verantwortlichen Tierhaltern drohen

    Der Betrieb im Landkreis Landsberg ist nach Angaben des Veterinäramts in den vergangenen Jahren unauffällig gewesen. Aufmerksam wurde die Behörde auf die dortigen Zustände durch einen Hinweis von außen. Gegen die Tierhalter wird nun wegen des Verdachts ermittelt, „einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden“ zugefügt zu haben, wie es im Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes heißt. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, drohen den Verantwortlichen eine Geldstrafe oder eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe. Aufgrund der „Erheblichkeit“ der Vorwürfe steht auch ein Tierhalte- beziehungsweise Tierbetreuungsverbot im Raum.

    Dass der jetzige Fall außergewöhnlich ist, zeigt die Statistik der Sanktionsmaßnahmen, die das Veterinäramt in den vergangenen fünf Jahren ergriffen hat. Demnach wurden in diesem Zeitraum rund 400 Anordnungsbescheide zur Verbesserung von Tierhaltungen und zur Einhaltung von Tierschutzvorschriften erlassen. Das Veterinäramt ist für rund 700 landwirtschaftliche Viehhalter im Landkreis zuständig, es überwacht aber auch private Haustierbesitzer, Hundezüchter, den Viehhandel und Viehtransport sowie Schlachtbetriebe.

    Das sind die größten Problemfelder bei der Viehhaltung im Landkreis Landsberg

    Zu den Verstößen zählen vor allem mangelnde Versorgung mit Futter und Wasser und vernachlässigte Pflege und tierärztliche Betreuung, was „in einigen Fällen auch zum Tod von Tieren beziehungsweise zur Anordnung einer Euthanasie, weil den Tieren nicht mehr geholfen werden konnte“, führte. Ein Problemfeld ist auch die nicht artgerechte Haltung in überbelegten Ställen. Weitere Punkte sind unzureichende Hygiene, bauliche Mängel, die Verletzungsrisiken für die Tiere bergen, oder fehlende oder defekte Tränken, ebenso Defizite bei Lüftung und Licht. Auch im Bereich der Heimtier- und Pferdehaltung außerhalb der Landwirtschaft werden regelmäßig Mängel festgestellt, so Chefveterinär Veith, beispielsweise illegaler Welpenhandel oder unsachgemäße Zucht.

    Über Bescheide hinausgehende Maßnahmen kommen selten vor. Innerhalb von fünf Jahren wurden im Landkreis sechs Tierhaltungsverbote ausgesprochen und sechs Strafanzeigen gestellt, so die Statistik. Wer mit einem solchen Verbot belegt wird, hat es in der Regel schwer, je wieder Vieh zu halten. Veith weiß aktuell nur von einem Fall, dass jemandem zunächst gestattet wurde, unter Auflagen und mit regelmäßigen Kontrollen zumindest eine Weidepension für Rinder von anderen Landwirten zu beginnen. Um ein Tierhaltungsverbot aufzuheben, müssen zahlreiche Bedingungen erfüllt sein: Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines Betriebs, ein psychologisches Gutachten, dass jemand seine Haltung geändert hat, und die Bereitschaft zur Weiterbildung nennt Veith als Beispiele. Schließlich stehe die Behörde ja in der Verpflichtung, dass es nicht wieder zu Tierschutzverstößen kommt.

    Oft führen familiäre Probleme zu Missständen in der Tierhaltung

    Ein typisches Schema, das solche Dramen wie aktuell auslöst, sei nicht erkennbar. „Soweit beurteilbar sind aber in der Regel persönliche oder soziale Schwierigkeiten in den Familien oft der Hintergrund dafür, dass landwirtschaftliche Betriebe ihre Tierhaltungen aus dem Fokus verlieren“, deutet Michael Veith an. Deshalb versuche die Behörde nicht nur den Tieren zu helfen, sondern auch den Haltern, etwa durch den Hinweis auf Hilfsangebote der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft oder des Bauernverbands.

    Rinder werden in den landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Landsberg am häufigsten gehalten.
    Rinder werden in den landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Landsberg am häufigsten gehalten. Foto: Maurizio Gambarini/dpa (Symbolbild)

    Amtstierärztliche Regelkontrollen auf Bauernhöfen gibt es nicht. Allerdings müssen Betriebe, die staatliche Subventionen erhalten, mit sogenannten Cross-Compliance-Kontrollen rechnen, bei denen überprüft wird, ob die dafür einzuhaltenden Auflagen erfüllt werden. Indizien für Missstände ergeben sich daneben aus den Erkenntnissen der Milchprüfringe, bei Öko-Kontrollen in Biobetrieben oder auch über die Zahl der Tiere, die von einem Hof in die Tierkörperverwertung gebracht werden, erläutert Chefveterinär Michael Veith. Im Landkreis Landsberg gibt es (Stand 2024) 271 Milchviehhalter, auf 279 Höfen werden (auch) Bullen gemästet. Daneben werden 182 Pferdehaltungen gezählt und es gibt 79 Höfe, die Schweine züchten oder mästen. Von untergeordneter Bedeutung sind Schafe (62 Betriebe), Ziegen (15) und Geflügel (neun mit mehr als 1000 Tieren), so das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

    Der Chefveterinär im Landratsamt sieht weiteren Handlungsbedarf für den Tierschutz

    Das Veterinäramt ist mit vier staatlichen Planstellen und einer Stelle, die vom Landkreis finanziert wird, ausgestattet und mit 4,75 Stellen besetzt. Die kommunale Stelle wurde 2021 vom Kreistag geschaffen, weil die Aufgaben durch das staatliche Personal „nicht ansatzweise abgedeckt werden konnten“, wie das Landratsamt erklärt. Nach wie vor, so die Einschätzung des Amtsleiters, reiche das Personal nicht aus. Verwiesen wird dabei auf Baden-Württemberg: „Veterinärämter ähnlich großer sowie vergleichbar strukturierter Landkreise in Baden-Württemberg verfügen im Vergleich zu den bayerischen Ämtern über zirka doppelt so viele Stellen für Amtstierärzte.“

    Dr. Michael Veith leitet das Veterinäramt im Landratsamt in Landsberg.
    Dr. Michael Veith leitet das Veterinäramt im Landratsamt in Landsberg. Foto: Julian Leitenstorfer (Archiv)

    Michael Veith sieht auch nach Verbesserungen im Tierschutz in der Vergangenheit noch weitere fachlich sinnvolle Möglichkeiten dafür: Instrumente könnten etwa sein, dass man vor Beginn einer Tierhaltung seine Befähigung dafür durch einen sogenannten „Führerschein“ nachweisen müsse und - wie in Skandinavien - Tierärzte verpflichtet werden, Tierschutzverstöße anzuzeigen.

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    2 Kommentare
    Burghard Deichmann

    Das sehe ich genau so. Ist ja auch kein Einzelfall.

    Gabriele Schuster

    Mehr als traurig diese Zustände. Und dann „steht ein Tierhalteverbot im Raum“ . Da gibt’s doch nichts zu überlegen. Diesen Menschen gehört das Handwerk gelegt. Aber es handelt sich ja nur um Tiere, oder richtiger „Nutzvieh“. Dieser Ausdruck sagt ja Alles.

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