Bio-Pionier Günther Federer brachte vor über 40 Jahren die Naturkost nach Landsberg. Der Bio-Trend war damals noch jung, die „grünen“ Idealisten nahmen auch weite Anfahrtswege zur „Kornblume“ in Landsberg in Kauf. Seinen ersten Laden eröffnete Federer im Mai 1981 am Flößerplatz, doch wurde dieser schnell zu klein, und so kam es ihm gerade recht, dass ihm die Brüder Zimmermann der ehemaligen Bäckerei Zimmermann den Laden in der Hubert-von-Herkomer-Straße 24 anboten.
Über Jahrhunderte waren dort Bäcker zu Hause, daran erinnert auch der Hausname „Gangwolfer Bäck“ und das Hauszeichen des „Brezenessers“ über der Tür. „Mein Großvater war Bäcker in Südtirol, so hat das wunderbar gepasst, meinen Laden in einer ehemaligen Bäckerei zu eröffnen“, sagt Federer. Mit Holzregalen, teilweise Bestände aus alten Geschäften, schuf er ein gemütliches und natürliches Ambiente, das bis heute fast unverändert die Zeit überdauert hat, was von den Kunden besonders geschätzt wird. Geheizt wird im Winter mit einem Holzofen, an dem sich Stammkunden gern auf einen Ratsch treffen.
Heute sind Bio-Produkte auch in Supermärkten erhältlich, aber vor 40 Jahren gab es diese und auch viele Handelsstrukturen noch nicht. Alles war noch im Aufbau. Und so machte sich Günther Federer in seiner Mittagspause auf den Weg zur damals noch kleinen Molkerei Scheitz in Andechs, wo ihm der Chef persönlich die Milch abfüllte. Oder er holte Gemüse vom Gärtner aus Mering sowie Vollkornbrote aus Bäckereien in Augsburg oder Mammendorf. „Früher ging Vollkornbrot sehr gut, 60 Brote an einem Samstag waren keine Seltenheit“, erinnert sich Federer. Auch das offene Sauerkraut war ein Renner, bis zu 70 Kilogramm wurden in der Woche verkauft.
Zu seinem Sortiment gehörten früher neben Lebens- und Waschmitteln sowie Weinen auch Produkte aus Umweltpapier, Wolle und hölzerne Sticknadeln, Kleidung aus Wolle wie Pullover, Mützen und Schals sowie Wollwindeln und gefärbte Seide, aber auch Lederschuhe. Lange Zeit verkaufte er auch viele Produkte offen, so Honig, Reis, Gewürze und Getreide. Mit dem Aufkommen der Bio-Supermärkte und Bio-Waren auch in Supermarkt-Sortimenten gingen dann die Umsätze zurück. Aber viele treue Stammkunden, nicht nur aus dem Stadtgebiet, ermöglichten den Fortbestand der „Kornblume“.
Eine Nachfolge für die „Kornblume“ wird es nicht geben
Die Trauer über die baldige Schließung des urigen Ladens mit Tante-Emma-Flair ist bei diesen groß, war die Kornblume für sie nicht nur eine beständige Einkaufsmöglichkeit für hochwertige Bio-Produkte, sondern auch ein Ort des Austauschs. „Viele Kunden, die zum ersten Mal kamen, haben sich darüber gewundert, wie groß das Sortiment auf der kleinen Ladenfläche ist“, erinnert sich Federer. „In der Kornblume gab es alles. Aber eben nicht 20 Sorten von einem Produkt.“ Trotz seiner 74 Jahre hätte der Bio-Pionier, der das Geschäft täglich alleine bestritt, gerne noch weitergemacht. Jedoch muss er nun aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten. Eine Nachfolge wird es nicht geben. Derzeit läuft der Abverkauf, auf alle Waren gibt es 15 Prozent Nachlass. Insbesondere Liebhaber guter Bio-Weine dürfte das freuen, davon gibt es noch eine große Auswahl. Aber auch viele andere Produkte wie Tees, Gewürze, Pflege- und Waschprodukte sind noch im Regal.
Dass er nun als Rentner in „ein Loch fallen“ wird, fürchtet Federer nicht. Viel Zeit ging stets für das Geschäft drauf, eigene Interesse kamen zu kurz und auch zuhause sei viel Arbeit liegengeblieben, so der 74-Jährige. Dafür kann er sich nun Zeit nehmen.
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