Weniger sorgenvoll ob mäßiger Fänge als in früheren Jahren hat die Fischereigenossenschaft Ammersee ihren Jahrtag in Dießen abgehalten. Die Vorsitzende der Genossenschaft, Regina Metzger aus Riederau, zeigte sich zuversichtlich, dass heuer am Ammersee ähnliche Fangmengen wie im Vorjahr erreicht werden können. Der Fachvortrag von Herwig Stibor, Professor für Aquatische Ökologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, behandelte zwar den Problemzusammenhang von Nährstoffzusammensetzung im Ammersee und Klimawandel, er wollte aber darin mit Bezug auf die Fischerei im Alpenvorland nicht vom „Ende der Welt“ sprechen.
„Es wird Gewinner und Verlierer geben“, verdeutlichte Herwig Stibor mit Blick auf Ökologie und Klima, das betreffe den Pflanzenbau und den Wald, aber genauso die Fischerei. Der Wissenschaftler untersucht in einem Forschungsprojekt das Verhältnis von Stickstoff und Phosphor in bayerischen Seen und dessen Bedeutung für das Wachstum der Renken, das von See zu See recht unterschiedlich ist und wesentlich vom Nährstoffvorkommen beeinflusst ist. Die entscheidende Größe ist dabei nicht die absolute Menge dieser Stoffe, sondern das Verhältnis zueinander. Phosphor ist das Material, aus dem die Umhüllung von Zellen gebaut wird, Stickstoff ist Basis der Proteine.
Viel Stickstoff im Ammersee beeinträchtigt die Futtergrundlage der Fische
Während der Phosphor-Gehalt der Seen relativ gleich ist, gibt es beim Stickstoff große Unterschiede. Das ist dadurch verursacht, dass Phosphor stark an den Boden gebunden ist, hingegen Stickstoff sehr flüchtig ist und entsprechend ins Oberflächen- und Grundwasser und in die Luft ausgetragen wird. Der Ammersee sei relativ stickstoffbelastet, das führt laut Stibor zu einem eher ungünstigen Wachstum von Pflanzen- und Tierplankton. Letzteres ist die Futtergrundlage der Fische. Ein hoher Stickstoffgehalt schmälere diese Grundlage, da das Plankton dann weniger Fette bildet. Die Folge sei ein starkes Aufkommen von Blaualgen, die für das tierische Plankton so gut wie kein Fett beinhalten, schlecht verdaulich sind und giftig sein können. Dadurch komme es zu einem schlechten Übergang vom Pflanzen- zum Tierplankton. Die Folge sei, dass etwa der Chiemsee drei- bis viermal so viel tierisches Plankton als der Ammersee aufweise.
Gesteuert werden kann dieses Stickstoff-Kohlenstoff-Verhältnis kaum, machte Herwig Stibor deutlich, den Fangertrag zu verbessern, etwa wie durch Düngung in der Landwirtschaft, sei nicht möglich. Ein höherer Phosphor-Gehalt könnte auch zu einem Wachstum unerwünschten Planktons wie der Blaualgen führen, warnte der Fachmann.
Wird es am Ammersee in Zukunft wie am See Genezareth sein?
Ein weiterer ungünstiger Faktor ist allgemein die Klimaerwärmung. Diese führt dazu, dass sich das Wasser der tiefen Seen im Alpenvorland immer weniger mischt und sich stattdessen schichtet. Die Nährstoffe in der Tiefe werden nicht mehr nach oben befördert, die Planktonbildung in den oberen Schichten reduziere sich.
Also ganz trübe Aussichten für die Ammersee-Fischerei? Zwei Tage nach dem Peter-und-Paul-Tag verwies Stibor auf den See Genezareth, wo Jesus Christus unter den dortigen Fischern (unter anderem Petrus) seine ersten Jünger berief. Das Wasser im See Genezareth sei zwischen 20 und 30 Grad warm und stark geschichtet. Aber auch dort werde gefischt: „Die Organismen passen sich an, wenn der Nährstoff nicht raufkommt, gehen die Algen runter und die Fische fressen direkt das Phytoplankton“, erklärte Stibor am Beispiel der im See Genezareth reichlich vorkommenden tropischen Barsch-Art, die Petersfisch genannt wird.
Schwankende Renkenfänge, viele Zander und vor allem Hechte im Ammersee
Noch ist aber der Klimawandel am Ammersee nicht so weit fortgeschritten, als dass demnächst der Petersfisch hier Einzug halten würde. Die Vorsitzende der Fischereigenossenschaft, Regina Metzger, ging in ihrem Bericht auch zuvorderst auf die Renken ein. An manchen Tagen habe man nur drei Fische im Netz, es habe heuer aber auch schon Tage mit 30 Kilogramm gegeben. Die Zanderfänge bewegten sich im guten Durchschnitt, der Hecht habe „richtig gute“ Ergebnisse erzielt und sei in der Region wieder als Edelfisch etabliert.

In der Vermarktung ihrer Fänge müssen sich die Fischer sehr auf die Region verlassen. Sie würden sich freuen, wenn die Renke wieder vermehrt in der lokalen Gastronomie erscheine und die Gäste erfahren, dass es sich um Wildfang und damit ein absolut nachhaltiges Produkt handle. Wichtig für den Absatz in der Gastronomie wäre auch, wenn sich die Wirte aufgrund der schwankenden Fänge flexibler zeigten und sich nach dem „Fang des Tages“ richteten, sagte Metzger.
Der Jahrtag hatte mit dem von Pfarrer Josef Kirchensteiner zelebrierten Fischeramt in der Kirche St. Johann begonnen. Danach zogen die Fischer mit ihrer Fahne und musikalisch begleitet von der Musikkapelle Entraching zum „Unterbräu“, wo die Versammlung stattfand.
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