Arbeitnehmer über 50 haben ein enormes Potenzial – doch bei Bewerbungen werden sie oft nicht berücksichtigt: Ein Missstand, dem Peter Blaha aus Thaining und Martin Kolodziej aus Dießen am Ammersee entgegenwirken wollen – mit ihrem Projekt „LebensWERK 50 Plus“.
Thaininger Berater sagt: „Unsere Initiative zielt darauf ab, Mythen zu wiederlegen.“
Einerseits würden hoch qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen über 50 etliche Absagen kassieren – „andererseits jammern die Unternehmen, dass sie keine Fachkräfte haben“, beschreibt Blaha die aktuelle Situation. „Wir haben hier eigentlich genug Fachkräfte – doch die werden aber nicht eingesetzt, sie werden ausgegliedert!“, sagt Kolodziej. Mit ihrem Projekt setzen sich die beiden Geschäftsführer der erst kürzlich gegründeten Firma „Deutsche Mittelstand Initiative“ leidenschaftlich dafür ein, Fach- und Führungskräfte ab 50 auf ihrem Weg zu neuen beruflichen Herausforderungen zu unterstützen. Sie bieten umfassende Hilfe bei Bewerbung, Arbeitgeberwechsel, Neuorientierung, Selbstständigkeit und vielem mehr und helfen den Menschen dabei, ihr volles Potenzial zu entfalten.
„In einer Zeit des rasanten Wandels spielt die Generation 50 Plus eine entscheidende Rolle. Unsere Initiative zielt darauf ab, die Mythen und Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmern zu widerlegen und deren wertvolle Beiträge hervorzuheben“, erklären die beiden Coaches. Vorurteile gegenüber Arbeitnehmern ab 50 Jahren seien noch immer weitverbreitet, bedauern die Berater. Es werde oft angenommen, dass diese Mitarbeiter weniger technologieaffin seien, nicht mit modernen Arbeitsmethoden Schritt halten könnten und weniger flexibel sowie anpassungsfähig seien. Viele würden fälschlicherweise glauben, dass ältere Mitarbeiter weniger produktiv seien und häufiger krankheitsbedingt ausfallen würden. Auch die Lernfähigkeit werde oft infrage gestellt. „Diese Mythen werden jedoch durch zahlreiche Studien widerlegt“, sagen Blaha und Kolodziej.
Generation 50 Plus bringen Arbeits- und Lebenserfahrung mit in den Berufsalltag
Studien, wie die des Pew Research Centers aus dem Jahr 2018, hätten gezeigt, dass ältere Arbeitnehmer genauso produktiv seien wie ihre jüngeren Kollegen. „The Journals of Gerontology: Series B“ habe 2020 nachgewiesen, dass ältere Arbeitnehmer oft eine höhere Arbeitsmoral und Zuverlässigkeit zeigen würden. Forscher der Columbia University hätten 2019 festgestellt, dass ältere Arbeitnehmer im Vergleich zu jüngeren Kollegen oft eine niedrigere Fehlerrate und weniger krankheitsbedingte Fehltage hätten. Zudem habe eine Untersuchung der Boston College Sloan School of Management aus dem Jahr 2017 ergeben, dass ältere Arbeitnehmer oft besser in der Lage seien, Probleme zu lösen und kreative Lösungen zu finden.
„Arbeitnehmer ab 50 bringen eine Fülle von Erfahrungen und Fachkenntnissen mit, die sie über Jahrzehnte hinweg gesammelt haben“, sagen die Berater. Und ihre Lebenserfahrung und ihr Einfühlungsvermögen würden zudem eine besonders gute Interaktion mit Kunden und Kollegen fördern. Fazit: „Insgesamt trägt die Generation 50 Plus wesentlich zum Erfolg und zur Stabilität eines Unternehmens bei.“
Im Landkreis Landsberg entwickelt sich die Zahl der über 50-jährigen Arbeitslosen zurück
Auch der 57-jährige Uwe Lienekampf, der zuvor als Abteilungsleiter im Project Management und Vertrieb für einen Automobilzulieferer tätig war, konnte mithilfe des Coachings nochmals eine neue Anstellung in seiner Branche finden. Das Coaching sei eine „sehr große Bereicherung“ für ihn gewesen, sagt Lienekampf. „In all den Gesprächen wurde im Miteinander der Weg zum neuen Job erarbeitet“, erzählt er. Dabei habe er einen großen Fundus an Werkzeugen an die Hand bekommen, was ihm schließlich die Umsetzung ermöglichte.
Laut Statistik der Arbeitsagentur Weilheim haben sich die Beschäftigungszahlen der Arbeitnehmenden zwischen 55 und 64 Jahren im Kreis Landsberg kontinuierlich nach oben entwickelt. Von 7200 Sozialversicherungsbeschäftigten im Jahr 2019 auf 8600 im Juni 2023. Daraus lasse sich ableiten, dass die Betriebe ihre Leute entsprechend halten. Markus Nitsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur, sagt: „Betriebe legen zunehmend Wert darauf, ihre erfahrenen Mitarbeiter zu halten, statt sie freizusetzen. Unternehmen erkennen, dass Wissen und Erfahrung von großem Wert sind.“ Dieses Umdenken führe dazu, dass die Chancen für Arbeitssuchende über 50 Jahren steigen. „Entlassungswellen, wie sie früher oft ältere Mitarbeiter trafen, erwarten wir aktuell nicht.“ Mitte Juni dieses Jahres waren laut Arbeitsagentur 798 Arbeitslose registriert, die 50 Jahre oder älter waren. Bei den Arbeitssuchenden ab 55 Jahren befanden sich 160 in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie 40 in Weiterbildungen.
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