Vom ehemaligen Bahnhof in Epfenhausen zweigt ein Gleis Richtung Süden ab. Es durchquert Wiesen und Felder und führt in weitem Bogen ins Gelände des früheren Fliegerhorsts Penzing. Die Strecke wird aktuell nicht genutzt, die Natur holt sich gerade die Flächen zurück, zwischen Schienen und Schotter wuchert das Grün. Doch es gibt Überlegungen, die Gleisanlagen zu reaktivieren und zu erweitern. Bis in den Landsberger Osten könnten sie führen, so die Idee. Und die ist nicht neu. Schon vor 120 Jahren gab es die Vision einer Bahnlinie von Kaufering, über Landsberg bis nach Rott. Es ist die Geschichte einer nie verwirklichten Idee.
In den Landsberger Geschichtsblättern Jahrgang 1972/73 findet sich ein Beitrag von Karl Kraus über die Bahnlinie von Kaufering nach Rott. Die treibende Kraft zu diesem Bahnbau sei Johann Jaumann gewesen, der langjährige Pfarrer (von 1890 bis 1916) von Hofstetten. Interessant dabei: Pfarrer Jaumann war ein Großonkel des späteren bayerischen Wirtschaftsministers Anton Jaumann.
Erste Gespräche über die Bahnlinie Kaufering-Weilheim fanden im April 1905 statt
Erste Gespräche über eine mögliche Bahnlinie fanden am 16. April 1905 statt. Im Weilheimer Tagblatt vom 19. April 1905 stand dazu, dass drei Tage zuvor in Pflugdorf eine Versammlung „behufs Erbauung einer Bahn“ von Landsberg über Pürgen, Stoffen, Pflugdorf, Reichling, Rott, Wessobrunn nach Weilheim stattfand. 23 Gemeinden seien daran interessiert gewesen. Die Stadt Landsberg war eher abwartend, hatte sie ja längst einen eigenen Bahnanschluss auf der Westseite des Lechs. Doch es gab genügend Befürworter. Der damalige Bürgermeister von Ludenhausen, Josef Schamper, hatte in einem Brief vom 24. April 1905 zu verstehen geben, dass „Herr Reichsrat Cramer-Klett dem bewussten Bahnbau nicht abgeneigt verhält. Man sagt sogar, daß er eine Spende von 50.000 Mark zu geben beabsichtigt“.
Bei einer weiteren Versammlung am 30. April 1905 in Pflugdorf sollen an die 250 Personen anwesend gewesen sein, darunter auch die Bürgermeister von Landsberg und Weilheim. Doch bei dem Treffen wurde auch klar, dass nicht alle einer Streckenführung bis Weilheim zustimmten. So warnte der Bürgermeister von Reichling vor den hohen Kosten, die durch die Überwindung des Weilheimer Mooses entstehen könnten. Er schlug daher eine Sackbahn nur bis Rott vor. Dies fand jedoch wenig Gegenliebe bei den Versammlungsteilnehmern aus Wessobrunn. Johann Jaumann bestand auf der Streckenführung Kaufering-Weilheim. Und auch die Versammlung gab dazu ein nahezu einstimmiges Votum ab.

Pfarrer Jaumann verfolgte das Projekt mit Akribie weiter. Bereits acht Tage nach der Versammlung in Pflugdorf lag ein Schreiben des königlichen Professors, Ingenieur Miller aus Augsburg, vor, in dem der seine Hilfe bei der Verwirklichung der Bahnlinie anbot. Miller verwies auf seine Erfahrungen im Bahnbau im Allgäu wie auch in Südtirol. Unterstützung kam unter anderem auch von Holzhändlern, die hofften, ihre Ware mit der Bahn schneller und einfacher transportieren zu können.
Allerdings, als am 25. April 1906 eine Eingabe an das königliche Verkehrsministerium eingereicht wurde, war nur mehr eine Lokalbahn von Kaufering über Landsberg-Ost bis Rott Bestandteil der Planungen. Wessobrunns Bürgermeister legte daraufhin sein Mandat als Komiteemitglied nieder. In der Eingabe werden Details zur 26 Kilometer langen Strecke genannt. Es gelte einen Höhenunterschied von 111 Metern zu überwinden. Als Stationen wurden Kaufering-Ort, Landsberg-Ost, Pürgen, Hofstetten-Ummendorf, Lengenfeld, Pflugdorf, Issing, Ludenhausen-Reichling und Rott vorgeschlagen. Entlang der Strecke lebten damals rund 15.000 Menschen.
Die Reaktionen aus München fielen verhalten aus
Doch die Reaktionen aus München fielen eher verhalten aus. Dort befürchtete man, dass sich die Bahnlinie finanziell nicht rentieren würde. Pfarrer Jaumann ließ sich dadurch nicht entmutigen und rief am 22. September 1907 zu einer Versammlung nach Hofstetten, zu der 300 Männer aus 20 Gemeinden kamen. Das Ergebnis der Versammlung war, dass zumindest der sofortige Bau der Linie von Kaufering nach Landsberg-Ost erreicht werden soll. Doch offenbar fehlte es an Unterstützung aus der Stadt. Karl Kraus schreibt in seinem Beitrag in den Geschichtsblättern von einem heißen Herbst 1910, in dem Johann Jaumann in einer Münchner Zeitung seinem Ärger Luft machte. Landsberg weigere sich mit „verblüffender Hartnäckigkeit“ den Wünschen von etwa 30 Gemeinden nachzukommen. Offenbar befürchteten die Vertreter der Stadt durch die Bahnlinie im Osten eine Konkurrenz für den Bahnhof im Westen.
Johann Jaumanns Versuch, die Bahnlinie ohne Halt in Landsberg-Ost zu planen, fand in München kein Gefallen. Von der Staatsregierung gab es nur eine vage Zustimmung für einen Bahnbau für Güterverkehr von Kaufering, Epfenhausen nach Landsberg-Ost. Erst im Februar 1912 hielt der Pfarrer von Hofstetten etwas Konkretes in seinen Händen. Die nunmehr zuständige Direktion in Augsburg meldete die Fertigstellung eines allgemeinen Entwurfs für eine Stichbahn bis Landsberg Ost und leitete diesen an das Verkehrsministerium weiter. Doch zu einer Umsetzung kam das Projekt nicht mehr. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus und zwei Jahre später starb Pfarrer Johann Jaumann.

Erst 20 Jahre später wurde bei Epfenhausen eine Abzweigung von der Bahnstrecke München-Buchloe errichtet. Diese führte aber nicht Richtung Landsberg, sondern in den neu errichteten Militärflughafen bei Penzing. Die Deutsche Reichsbahn nahm den Gleisanschluss 1936 in Betrieb. Über die Anschlussbahn wurde vor allem Treibstoff angeliefert, daneben wurden Maschinen und Munition transportiert. Für die Rangierarbeiten im Gleisanschluss war eine eigene Rangierlokomotive vorhanden, die in einem Lokschuppen auf dem Flugplatzgelände stationiert war.
In den 1960er und 1970er Jahren führte die Deutsche Bundesbahn zwischen dem Bahnhof Epfenhausen und dem Fliegerhorst mit Schienenbussen einen nichtöffentlichen Personenverkehr für Bedienstete und Soldaten des Flugplatzes durch. Von 1969 bis 1975 verkehrte zudem ein direktes Dienstpersonenzugpaar vom Fliegerhorst über Epfenhausen und Kaufering bis zur Bunkeranlage in der Welfenkaserne. Ab den 1970er-Jahren ging das Güteraufkommen auf dem Gleisanschluss zurück. Mit dem Bau einer Pipeline vom Tanklager Unterpfaffenhofen endeten 1987 die regelmäßigen Treibstofftransporte mit Kesselwagenzügen zum Tanklager des Fliegerhorsts. Danach wurde der Gleisanschluss bis zur Auflassung des Flugplatzes im Jahr 2020 nur noch sporadisch bedient.
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