Es waren einfache Papiertüten, die es im besten Fall in Rosa und Hellblau gab, damit Jungs keinen Mädchenkram bekamen oder umgekehrt. Sie kosteten eine Mark, lagen in einem großen Korb zum Wühlen und hatten eine unheimliche Anziehungskraft auf alle Kinder: die Wundertüten, die es früher auf vielen Märkten und manchmal sogar im Laden um die Ecke gab. Mama hat zwar meist vor dem Kauf gewarnt, weil „da doch nur Mist drin ist“, aber das war uns Kindern egal. Es ging schließlich gar nicht um das Plastikrind und den Lutscher, die in der Tüte waren, es ging um den Nervenkitzel und darum, selbst über sein Taschengeld zu bestimmen. Und genau diese Mischung aus Spannung und Unvernunft hat sich wieder eingestellt, als ich auf dem Türkheimer Flohmarkt an einem Anhänger voller „Secret Packs“ vorbeikam. Rücksendungen und Irrläufer aus dem Versandhandel sind es, die man da zum Einheitspreis kaufen kann, ohne zu wissen, was man bekommt. Handy oder Haushaltswaren, Damenschlüpfer oder Dominosteine – alles ist möglich. Für eine Mark gibt es zwar nichts mehr, aber Spaß und Spannung waren mir zehn Euro wert. Ich durfte zwischen formlos vollgestopften Plastikbeuteln oder Kartons wählen und entschied mich für Letzteres. Neben den anderen Flohmarktschnäppchen trug ich also auch die geheime Schachtel nach Hause und war wirklich gespannt. Mit Absicht zögerte ich den großen Moment hinaus und genoss die Vorfreude so lange wie möglich – und das war eine gute Entscheidung, weil es der beste Teil des Abenteuers „Secret Pack“ war. Ich hatte ein Kratzbrett für Katzen erworben, das ich nun wirklich überhaupt nicht gebrauchen kann. Aber das war früher bei den Plastikrindern aus der Wundertüte ja auch nicht anders.
Mindelheim
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