
Mit dem Trachtenverein Ettringen bis zum Heuboden-Himmelreich

Finni Schwab gehört seit 75 Jahren zum Trachtenverein D’ Wertachtaler. 20 Jahre lang trug sie die Mindelheimer Zeitung aus. Und jetzt feiert sie ihren 90. Geburtstag.
Finni Schwab sitzt in ihrer gemütlich warmen Küche und strahlt. An der Wand hängen Bilder ihrer vier Enkel- und acht Urenkelkinder. Doch es gibt noch eine andere große Freude in ihrem Leben – den Trachtenverein Ettringen, dem sie seit 75 Jahren mit Begeisterung angehört. Auch zur Mindelheimer Zeitung hat sie eine besondere Beziehung, denn sie trug diese von 1973 bis 1993 aus.
Es ist 75 Jahre her, als die Blasmusik beim legendären Waldfest in Ettringen aufspielte und es für die damals 14-jährige Finni Schwab kein Halten mehr gab. „Blasmusik ist ganz meins, da lass’ ich alles stehen“, sagt sie noch heute.

Das Waldfest wurde vom Heimat- und Volkstrachtenverein D’ Wertachtaler Ettringen ausgerichtet, die junge Dame und ihre Schwester waren sofort begeistert von den anwesenden Trachtlern und den schön anzusehenden Tänzen.
Schnell stand fest, dass sie das Tanzen lernen wollten, sie traten gemeinsam in den Trachtenverein ein. „Ich war schon immer sehr musikalisch und habe auch viel gesungen“, erzählt Finni Schwab und fügt mit einem Lächeln hinzu „das tue ich heute noch, wenn ich nicht schlafen kann“.
Den Mühlrad- und den Sterntanz mochte die Trachtlerin besonders gern
In ihrer rund 35 Jahre dauernden aktiven Zeit als Trachtlerin machten ihr die Figurentänze stets besonders viel Freude, erzählt sie, der Mühlrad-Tanz, Sterntanz und Dreisteirer waren ihre Lieblingstänze. Mit einem Leuchten in den Augen erinnert sie sich an besondere Ereignisse wie die Fahnenweihe und den Beifall der Zuschauer bei den vielen Auftritten. „Man ist auch einfach mal weggekommen, was sonst nicht der Fall war“, erzählt sie, ein Auftritt brachte sie sogar bis nach Dortmund, ein Höhepunkt ihrer Trachtlerzeit.
Und dann gab es da noch den einmal jährlich stattfindenden Vereinsausflug in die Berge, der die Ettringer Trachtler eines Tages mit dem Omnibus in die Ortschaft „Himmelreich“ führte. Da kein Quartier mehr zu bekommen war, übernachtete die ganze Gruppe kurzerhand auf einem Heuboden – „das war eine Gaudi“, sagt Finni Schwab und lacht.

Auch die Proben im Saal des Gasthofs Adler hat sie in sehr guter Erinnerung, und vor allem auch das nette Beisammensein danach. „Einmal sind wir nach den Proben nach München in den Donisl gefahren und waren erst morgens um halb sieben wieder in Ettringen“, erzählt sie mit einem glücklichen Lächeln.
Als die junge Trachtlerin im Jahre 1957 Otto Schwab heiratete, waren selbstverständlich alle Ettringer Trachtler anwesend. Gerührt erinnert sich Finni Schwab an den von Trachtenverein und Blasmusik begleiteten Kirchenzug von ihrem Wohnhaus in die Kirche. Ihr Ehemann sei nie im Trachtenverein gewesen, erzählt sie, habe aber ihre Liebe zu selbigem immer akzeptiert. „Geh ruhig zu Deinen Trachtlern“ habe er stets mit einem Augenzwinkern gesagt.
An der Seite von Josef Fröhlich, der lange Zeit Vorplattler des Trachtenvereins Ettringen war, machte sie als stolze Dirndl-Vertreterin eine gute Figur. Auch als ihre beiden Söhne auf die Welt kamen, blieb sie im Verein aktiv, so lange es ging – ungewöhnlich für die damalige Zeit, denn die meisten Frauen hörten mit der Hochzeit und Familiengründung mit dem Tanzen auf.
Zum Jubiläum bekam Finni Schwab Blumen vom Vereinsvorsitzenden
Zum 75-jährigen Jubiläum kam der 1. Vorsitzende des Trachtenvereins Ettringen, Georg Kohler, mit einem Blumenstrauß vorbei, die Freude war groß. Und auch wenn sie das Haus nur noch selten verlässt – eine Teilnahme an der Trachten-Weihnachtsfeier der Se-nioren gehört für sie immer noch dazu.
Das Interesse an der Trachten-Tradition ist nach wie vor groß. „Wenn im Fernsehen Trachten-Tänze kommen, schau ich es mir jedes Mal an“, verrät sie und ist erstaunt, was sie da manchmal alles zu sehen bekommt: „Beim Oktoberfest haben schon die Weiber geplattelt, mit Hosen“, erzählt sie und schmunzelt.
Johann Kornes, 2. Vorsitzender des Trachtenvereins Ettringen, kennt Finni Schwab noch aus ihrer aktiven Trachtler-Zeit und denkt gerne zurück. „Finni war immer ein sehr freundlicher, offener und angenehmer Mensch, sie war in der Gruppe sehr beliebt“, sagt er mit großer Wertschätzung.
Die Mindelheimer Zeitung brachte sie mit dem Fahrrad zu den Lesern
Auch mit der Mindelheimer Zeitung verbindet sie besondere Erinnerungen, denn von 1973-1993 trug sie diese mit dem Fahrrad aus. Damals nahmen die Zeitungsabonnements immer mehr zu, erzählt sie, aus 180 Exemplaren waren am Ende 270 auszutragende Zeitungen geworden.
Ob bei Wind, Regen, Eis oder Schnee – von 0.30 bis 5.30 Uhr sorgte sie in dieser Zeit zuverlässig dafür, dass die Ettringer stets mit den neuesten Nachrichten versorgt wurden.
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