Die Prophezeiung seiner Mutter sollte sich auf tragische Weise erfüllen: „Auf dem Galgen bist zu geboren, auf dem Galgen wirst du sterben.“ Es war allerdings nicht das Gebälk, an dem Caspar Müller baumelte. Vielmehr saß der Räuber viele Jahre im Gefängnis und dürfte dort auch gestorben sein. Dort musste er seine Strafe absitzen, weil er 1830 einen Gendarm erschossen hatte.
Viele bayerische Zeitungen berichteten über den Räuber, die Darstellungen gingen jedoch auseinander: Während er laut der Neuen Augsburger Zeitung und der Bayreuther Zeitung nur auf ein Kleidungsstück im Fenster eines Wirtshauses geschossen haben sollte, das er wahlweise für den Wirt oder einen Gendarmen hielt, war in „Das Inland“ zu lesen, dass er den Gendarm Eberle getroffen und tödlich verletzt habe.
Der Wilderer schoss schneller als der Gendarm
Fakt ist: Am 14. Mai umstellten Gendarmen aus Ursberg, Babenhausen und Pfaffenhausen das Dorf Haupeltshofen. Gendarm Eberle bemerkte, wie sich ein Mann fortschleichen wollte und fragte nach seinem Namen. Als er sein Gewehr anlegen wollte, fiel ein Schuss. Eberle sank getroffen zu Boden. Der Schütze lief in der Dunkelheit davon. Eine Sektion ergab, dass Eberle von einer Kugel und „16 bis 17 Stücke gehacktem Blei“ am Kinn und im Hals getroffen worden war. In einiger Entfernung fand sich eine Pistole, die vermutlich vom Täter stammte.
Caspar Müller wurde nach dem tödlichen Schuss per Steckbrief gesucht. Die Behörden hatten eine Belohnung von 200 Gulden ausgesetzt – eine Menge Geld in der damaligen Zeit. Eineinhalb Monate nach dem Mord wurde Müller in den Freibergischen Waldungen zu Niederraunau entdeckt. Die Augsburger Zeitung berichtete: „Der berüchtigte Mörder Caspar Müller, gewöhnlich Gelgen-Caspar genannt, wurde gestern den 30. Juni in der Mittagsstunde den Händen der Gerechtigkeit überliefert. Seit beinahe drei Wochen war die Polizei in ununterbrochener Kenntniß seiner Kreuz- und Querzüge geblieben. Die Beschaffenheit der Gegend und die vielen dichten Waldungen hatten jedoch die Arrestierung wesentlich erschwert. In der Nacht auf den 30. Juni deutete alles auf seine Rückkehr in die Gegend seines Geburts-Ortes Haupeltshofen. Mehrfache Streifen durchzogen die Gegend, als es plötzlich dem Gendarmerie-Brigadier Rittler, dem Oberlieutnant und Adjuranten Amman des Landwehr-Bataillons Ursperg und dem Gendarmerie-Stationskommandanten Trübel gelang, den Müller in dem Gebüsche zu entdecken, ihn zu entwaffnen, und ihn sammt seiner Concurbine nach Ursperg zu bringen.“
Müller, der eigentlich das Schreinerhandwerk gelernt hatte, hatte noch viel mehr auf dem Kerbholz: Er wilderte im Raum zwischen Ursberg, Babenhausen und Pfaffenhausen. Die Bauern waren froh, dass jemand heimlich das Wild erlegte, das ihre Felder verwüstete und versorgten ihn heimlich mit Essen. Offenbar wollte Müller wie so viele andere auswandern. Dann aber wurde er aufgegriffen und festgenommen. Der Galgen-Kaspar kam zunächst in die Fronfeste in Augsburg und später in die „Korrektionsanstalt“ Kaisheim. Er wurde zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt und später in ein anderes Gefängnis überstellt. Seine Gefährtin Ursula Schmidt, die Schleiferstochter von Haupeltshofen, wurde im Juli ebenfalls verhaftet. Ob sie verurteilt wurde, ist nicht bekannt.
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