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Türkheim: Türkheims Kämmerer: „Das beste Jahr, das wir je hatten“

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Türkheims Kämmerer: „Das beste Jahr, das wir je hatten“

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    Beeindruckende Zahlen präsentierte Türkheims Kämmerer Claus-Dieter Hiemer (rechts) dem Gemeinderat. Im vergangenen Jahr hat die Wertachgemeinde erneut ein Rekordergebnis eingefahren.
    Beeindruckende Zahlen präsentierte Türkheims Kämmerer Claus-Dieter Hiemer (rechts) dem Gemeinderat. Im vergangenen Jahr hat die Wertachgemeinde erneut ein Rekordergebnis eingefahren. Foto: Alf Geiger

    „Ich kann da nichts dafür!“ Als der Applaus begann, zuckte Claus-Dieter Hiemer zusammen, als wolle er sich wegducken. Das Klatschen der Türkheimer Gemeinderäte machte den Kämmerer offensichtlich etwas verlegen – dabei hatte er allen Grund, stolz auf das zu sein, was er in den 17 Minuten zuvor dem staunenden Marktrat präsentiert hatte: nicht mehr und nicht weniger als eine beeindruckende Erfolgsgeschichte.

    Seit Jahren ist Claus-Dieter Hiemer sozusagen von Berufs wegen der Mahner und Bedenkenträger, wenn es im Türkheimer Gemeinderat um die Frage geht, wofür und wie viel Geld der Marktrat ausgeben kann, ohne ein finanzielles Abenteuer einzugehen. Und die Wunschliste der Kommunalpolitik ist in Türkheim – nicht anders als in allen anderen Kommunen – lang. Und meistens teuer. Dann erhebt Hiemer regelmäßig den warnenden Finger und betont, dass eben nicht alle diese Wünsche finanzierbar sind und die Entscheidungsträgerinnen und -träger doch bitteschön vorsichtig(er) beim Verteilen der Wohltaten sein sollten. Am Ende kommt dann meistens genau das heraus, was Hiemer und seine Kollegen der Kämmerei – natürlich in enger Abstimmung mit Rathauschef Christan Kähler – schon im Vorfeld ausgekartelt hatten: eine vorsichtige, sparsame, aber durchaus ambitionierte Finanzpolitik der 7500-Einwohner-Gemeinde an der Wertach.

    „Ich kann da nichts dafür!“ 

    Claus-Dieter Hiemer, Kämmerer

    So konnte der Markt Türkheim in den vergangenen Jahren einige Projekte anpacken und finanzieren, bei denen andere Kommunen blass vor Neid werden: Von der (längst nicht mehr heftig umstrittenen) Sanierung des Waaghauses bis zum Bau gemeindeeigener Sozialwohnungen reicht die Bandbreite.

    Auch schon seit Jahren ist es zu einer manchmal belächelten, aber durchaus willkommenen Routine geworden, dass Hiemer dem Türkheimer Marktrat die neuesten Zahlen präsentiert – und es sich dabei seit Jahren nur um positive Nachrichten handelt. Seit Jahren steigen die Ausgaben der Gemeinde, aber gleichzeitig steigen eben auch die Einnahmen – da kann ein Kämmerer sich schon mal den Luxus erlauben, die regelmäßig positiven Rekordmeldungen in Bescheidenheit zu verpacken und mit einem gut gemeinten, witzigen Augenzwinkern zu präsentieren.

    „Und geht es gut. Noch!“ Dieser warnende Satz kommt dann seit Jahren immer wieder zum Einsatz. Als könne der Hüter der Türkheimer Finanzen selbst nicht glauben, wie gut es seiner Gemeindekasse geht. Das oft strapazierte Bild von den „sprudelnden Steuerquellen“ entspricht in Türkheim seit Jahren der Realität. Und daran konnten und können die Krisen und Negativschlagzeilen drumherum offensichtlich nichts ändern.

    Türkheim meistert auch schwierige Rahmenbedingungen

    So war das auch – wieder einmal – im vergangenen Jahr. Und als Hiemer mit seinem Statement zu den „Vorläufigen Zahlen 2024“ ansetzte, kam natürlich – wie immer – der bekannte Einstieg: „Es geht uns gut. Noch!“ Da musste er diesmal aber dann doch etwas schmunzeln und schränkte ein: „Jaja, ich weiß, das sage ich jedes Mal. Aber es stimmt halt …“ Und er fügte hinzu: „Es geht uns noch besser.“ Wieder einmal könne er positive Rekordzahlen präsentieren und er machte deutlich, dass dem alles andere als Schönfärberei oder Zweckoptimismus zugrunde liege: „Davon konnten wir nicht ausgehen!“, so Hiemer mit Blick auf die lange Liste der „Aktuellen Schlagzeilen“, die er gleich zu Beginn vorgelesen hatte: Drittes Rezessionsjahr in Folge in Deutschland, Bayerns Kommunen geht das Geld aus, Städte schlagen Alarm, Bezirk in Nöten, Einnahmen stagnieren, Ausgaben steigen ungebremst (und wir können große Teile wie Sozial- und Personalkosten hiervon kaum/nicht beeinflussen) und: In Bayern wird es 2025 so viele nicht genehmigungsfähige Haushalte geben wie noch nie. Hiemers Fazit: sehr schwierige Rahmenbedingungen, schwieriges Umfeld. Um dann zu sagen, dass 2024 für die Gemeinde Türkheim finanziell „das beste Jahr war, das wir je hatten“. Dass diese Entwicklung „überhaupt nicht in die aktuelle Nachrichtenlage passt“, das wisse er schon selber. Und auch wenn er wie immer mit Sorge und warnendem Zeigefinger in die Zukunft blickte („Auch wenn das seit Jahren so ist, das wird so nicht weiter gehen“), jetzt sei es auch an der Zeit, zuversichtlich zu sein: „Jetzt freuen wir uns erst mal!“

    Und dafür gibt es allen Grund, was vor allem den unerwartet hohen Einnahmen bei der Gewerbesteuer geschuldet ist. Statt der geplanten 20,6 Millionen Euro sprudelten im vergangenen Jahr 24,25 Millionen Euro in die Türkheimer Gemeindekasse. Und weil auch noch rund 660.000 Euro weniger ausgegeben werden mussten als geplant, bleibt am Ende eine überplanmäßige Einnahme von knapp 4,27 Millionen Euro. Alles in allem hatte die Gemeinde Türkheim unterm Strich im Jahr 2014 sogar ein Plus von knapp 5,5 Millionen Euro in der Kasse. Das machte es möglich, dass die Gemeinde nicht wie geplant auf die Rücklagen zurückgreifen und das „Festgeldkonto plündern“ musste – sondern ganz im Gegenteil: Statt der geplanten Rücklagenentnahme von 3,2 Millionen Euro fließen stolze 2,3 Millionen auf das Türkheimer „Sparbuch“, das dadurch zum Jahreswechsel mit 6,3 Millionen Euro dick im Plus stand.

    Doch Hiemer wäre nicht Hiemer, wenn es sich von diesen Zahlen blenden ließe – und nicht gleichzeitig seinen warnenden Zeigefinger erhebt: „Klar ist: Wir können nicht mit diesen Einnahmen weiterplanen.“ Deshalb hatte er in seiner Grafik für die Jahre 2025 und 2026 gleich mal eine unübersehbare Null eingetragen, wo in den vergangenen Jahren immer Millionenbeträge standen (2022: 2,5 Mio. €, 2023: 3 Mio. €, 2024: 4,78 Mio. €). Dem gegenüber stehen die warnend-roten Säulen bei der von Hiemer prognostizierten Verschuldung, die spätestens 2026 auf rund 10,3 Millionen Euro und ein Jahr später auf 14,3 Millionen Euro steigen werde. Alles nur die übliche Hiemer’sche Schwarzmalerei? Wohl kaum, denn auch das Sparbuch, also die Rücklagen der Gemeinde, werden bis dahin aufgebraucht sein.

    Als dann doch der Applaus loszubrechen drohte, wies Hiemer in aller Bescheidenheit dann darauf hin, wer für diese Erfolgsgeschichte verantwortlich ist: „Der Dank gehört den Türkheimer Unternehmer und Steuerzahlern“, aber keineswegs ihm, so Hieber, denn: „Ich kann da nichts dafür!“

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