Schweigend, aber aufmerksam hat die 34-jährige Angeklagte am Mittwoch die Verhandlung vor der Ersten Schwurgerichtskammer am Landgericht Ellwangen verfolgt. Zum Vorwurf des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung an ihrer damals vierjährigen Tochter in einer Betreuungseinrichtung im Raum Ellwangen/Bopfingen hat sie sich bislang nicht geäußert. Sie soll im Juli vergangenen Jahres zunächst mit einer Schreckschusspistole auf das Kind geschossen und dann mit einem Messer auf das Mädchen eingestochen haben. Die damals Vierjährige überlebte die Attacke schwer verletzt. Mittlerweile sei sie körperlich wieder gesund und ein fröhliches Kind, berichtete die Pflegemutter, die am zweiten Verhandlungstag als Zeugin geladen war. Psychische Wunden seien aber geblieben.
Das Verhältnis der leiblichen Mutter zu ihrem Kind scheint von Beginn an belastet gewesen zu sein, wie im Prozess deutlich wird. Mehrfach sagte die Frau aus, dass das Mädchen durch eine Vergewaltigung gezeugt worden sei. Das Kind lebte bereits zum Tatzeitpunkt bei Pflegeeltern, die Mutter hatte jedoch regelmäßig Kontakt. Dazu traf man sich wöchentlich in einer Betreuungseinrichtung, in der der 13-jährige Bruder des Mädchens lebt.
Frau soll auf kleine Tochter eingestochen haben: Das berichtet die Pflegemutter
Die Zusammenkunft sei zunächst wie üblich verlaufen, berichtete die Mitarbeiterin der Einrichtung, die solche sogenannten betreuten Umgänge immer begleitet. Gegen Ende der Besuchszeit habe sie jedoch versucht, einen anderen Weg als sonst einzuschlagen und mit dem Kind das Areal zu verlassen. Es sei zu einer kurzen Auseinandersetzung mit der Pflegemutter gekommen, die das Mädchen wieder abholen wollte. Die Angeklagte habe die Frau vulgär beschimpft, sei mit ihrem Kind dann ins Gebäude geflohen und habe sich in einer Toilette verbarrikadiert. Die Zeugin hörte einen lauten Knall, den sie nicht zuordnen konnte, weil es in dem Gebäude eine Baustelle gab, und ein weinendes Kind. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte wohl drei Schüsse aus einer Schreckschusspistole aus nächster Nähe auf ihre Tochter abgefeuert hat.
Laut Anklage hat die junge Frau danach mit einem Messer mit einer neun Zentimeter langen Klinge auf das Kind eingestochen. Von den elf Stichen hätten drei tödlich sein können. Man habe mit mehreren Personen versucht, die Tür aufzubrechen und wegen der Schüsse aus der Pistole mit Atemproblemen wegen des dadurch entstandenen Qualms zu kämpfen gehabt, berichtete ein Handwerker aus Nördlingen, der als Zeuge geladen war. Letzten Endes habe die Frau von ihrer Tochter abgelassen, die Tür entriegelt und das Kind schwer verletzt zurückgelassen.
Während das Verhältnis des Mädchens zur Pflegemutter nach deren Angaben „super“ ist, war es nach den Beobachtungen der Betreuerin in Anwesenheit der Mutter sehr ruhig und zurückhaltend. Dieser sei es jedoch wichtig gewesen, die Kleine zu sehen. Mit der Pflegefamilie habe es jedoch Streit gegeben, weil die Angeklagte nicht wollte, dass das Kind Kontakt zu seinem leiblichen Vater hat. Über die Pflegefamilie gab es den vom Jugendamt genehmigten Kontakt zum Vater, bestätigte die Pflegemutter. Dies führte dazu, dass die Angeklagte ausrastete, als sie wenige Tage vor dem dramatischen Vorfall Vater und Kind zufällig auf der Ipfmesse in Bopfingen traf.
Mutter soll versucht haben, ihr Kind zu töten: Flucht endete bei Zwickau
Danach allerdings wollte das Mädchen nach Angaben der Pflegemutter am liebsten gar nicht mehr zu dem Treffen mit der Mutter. Dort eskalierte die Situation dann tragisch – und die Angeklagte suchte das Weite. Dabei nahm sie ihren 13-jährigen Sohn mit. Die Flucht war auf der Autobahn 72 bei Zwickau zu Ende, wo die Polizei ihr Fahrzeug einkeilte und zum Stehenbleiben zwang. Die Angeklagte ließ sich nach Angaben der beteiligten Polizisten widerstandslos festnehmen und teilte ihnen selbst mit, dass das Messer und die Schreckschusspistole im Rucksack auf dem Rücksitz seien.
Die Verhandlung vor dem Landgericht wird am Donnerstag fortgesetzt. Mit einem Urteil wird am Dienstag, 4. Februar, gerechnet. Vorsitzender Richter Bernhard Fritsch machte deutlich, dass die Frau zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden könnte. In Betracht komme aber auch ein Freispruch, weil die Angeklagte für ihre Tat nicht verantwortlich ist. Dies hätte jedoch eine Einweisung in die Psychiatrie zur Folge, die sie erst verlassen könnte, wenn sie wieder gesund ist. In einer solchen Einrichtung hält sie sich auch jetzt auf.
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