Tu infelix Britannia: Warum in Großbritannien mehr Schüler Latein lernen sollen
Die Sprache ist tot, doch der Bildungsminister in London ist sich sicher: Die englischen Jugendlichen brauchen mehr Sprachgefühl.
Es gibt Dinge im Leben, über die kann man eines Tages lachen. Wie über den leicht cholerischen Mathe-Lehrer, der mit Kreide nach der Klasse geworfen hat (und insgeheim sicher gehofft hat, dass er niemanden trifft). Und dann gibt es Dinge, die auch 25 Jahre nach dem Schulabschluss noch für Gänsehaut sorgen. Meist genügt es, ein einziges Wort zu sagen: Latein. Generationen von Schülerinnen und Schülern quälen sich durch Vokabeln und Konjugationen. Non vitae, sed scholae discimus – nicht für das Leben, für die Schule lernen wir. Senecas Satz schien so weit weg vom Alltag wie Hubert Aiwanger von der Impfspritze. Ausgerechnet der Brexit soll nun britische Jugendliche zu Leidensgenossen der deutschen machen. Denn mit einem Pilotprojekt will das britische Bildungsministerium tausenden Schülerinnen und Schülern ermöglichen, die alte Sprache neu zu erlernen.
Die spinnen, die Briten
Quod insaniant Britannico, möchte man rufen. Die spinnen, die Briten! Aber: Alea iacta est – die Würfel sind gefallen. Und ausgerechnet dem Brexit haben sie das zu verdanken. Die neuen scharfen Einwanderungsregeln bremsen den Zuzug von Fachkräften und auch den Austausch mit Ausländern aus. Dass das Königreich dann auch noch das europäische Studentenaustauschprogramm Erasmus verlassen hat, gilt ebenfalls als Rückschlag beim Sprachaustausch. Bislang haben sich viele Britinnen und Briten ohnehin darauf verlassen, dass ihr Gegenüber – egal wo auf der Welt – schon Englisch verstehen wird. In diesem Sinne: Sume animos – nur Mut, liebe Kinder! Notfalls hilft Ciceros Durchhalteparole: „Dum spiro spero“ – solange ich atme, hoffe ich.
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