
Kind zum Missbrauch angeboten: Erster Angeklagter gesteht

Ein Mann bietet seinen Stiefsohn im Netz zum Missbrauch an. Mehrere Männer melden sich. Sie alle kommen vor Gericht. Der erste Prozess begann am Donnerstag.
Es stockt einem der Atem, als die Staatsanwältin am Landgericht Freiburg vorträgt, was der 41-jährige Markus K. einem neunjährigen Jungen angetan haben soll. Die schrecklichen Details zeigen: Einen Fall dieser Dimension gab es noch nie in Deutschland – und er wird wohl weitgehend hinter verschlossenen Türen verhandelt, weil der Angeklagte darum gebeten hat.
Der Mann, der den Buben mindestens zweimal schwer vergewaltigt hat, ist groß und breitschultrig. Der Graubärtige mit Halbglatze muss dem Kind wie ein Hüne vorgekommen sein. Vor Gericht ist der 41-Jährige mit einer schlabbrigen Jeans und einem blauen Sweatshirt bekleidet – er wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der große Mann macht einen wachen Eindruck. Sein Gesicht hat er vor den Fotografen mit einem großen brauen Briefumschlag verborgen. Als die Fotografen ihn nicht mehr abbilden dürfen, weil die Verhandlung läuft, schaut er abwechselnd die Staatsanwältin an und liest in der ihm vorliegenden Abschrift der Anklage mit. Er macht keinen zerknirschten Eindruck, ja, er wirkt in gewisser Weise selbstbewusst. Jedenfalls nicht am Boden zerstört.
Die Anklägerin lässt keinen Zweifel daran, dass sie neben der Bestrafung auch die Sicherungsverwahrung für den Täter anstrebt. Ein Grund dafür: Er war schon 2010 wegen Vergewaltigung eines Kindes zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Nach vollständiger Verbüßung der Haftstrafe wurde er für fünf Jahre der Führungsaufsicht durch die Behörden unterstellt, Kontakt zu Kindern wurde ihm untersagt. Er nahm an psychiatrischen Behandlungen teil. Dabei lernte er Christian L. kennen, den er 2017 über Facebook fragte „ob er etwas für ihn im Angebot hat“.
Missbrauchsfall von Staufen: Junge wurde online angeboten
Über speziell geschützte Messenger-Dienste schlossen der Angeklagte und Christian L. ein „Geschäft“ ab: L. wollte ihm den neunjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin Berrin T. für Oralsex zur Verfügung stellen – gegen Zahlung von „20 bis 50 Euro“ an den Jungen. Bei einem ersten Treffen am 23. Juli 2017 auf einem Weg nahe Staufen im Breisgau, das die Täter filmten, ließen K. schließlich von dem Kind ab, weil es weinte und sich wehrte. Markus K. war dem Jungen perfiderweise als Polizist vorgestellt worden, mit dem Hinweis, er müsse ins Heim, wenn er nicht tue, was der Polizist verlange. Schon bei dieser ersten Tat war rohste Gewalt angewendet worden.
Am 8. September 2017 war der Tatort dann die Wohnung der Mutter in Staufen. Der Junge wurde an einen Stuhl gefesselt, zwei Kameras liefen. Der Vater soll an dem Verbrechen beteiligt geworden sein. Die Mutter soll sich in Hörweite im Nebenraum befunden haben. Sie griff nicht ein.

Auf Antrag der Verteidigung hat die Jugendschutzkammer Prozessbesucher und -beobachter für die Aussage von Markus K. zu seiner Person und seinen Taten ausgeschlossen. Was bedeutet, dass auch der psychiatrische Gutachter nichtöffentlich aussagen wird, bei dem K. bereits ein Geständnis abgelegt hat. Und dass die Plädoyers und das Schlusswort des Angeklagten nicht öffentlich sein werden. Alles zum Schutz der Intimsphäre und der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten. Diese hohe Schutzbereitschaft für den Täter sorgte bei Prozessbeobachtern für Unverständnis – die Staatsanwaltschaft und die Rechtsanwältin des Buben hatten dem Ausschluss der Öffentlichkeit widersprochen. Für den Prozess sind zunächst drei Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte es kommende Woche geben.
Weitere Prozesse, unter anderem gegen einen ebenfalls des Missbrauchs beschuldigten Stabsfeldwebel der Bundeswehr, folgen. Die Mutter, 47, und der Stiefvater, 39, werden sich von Mitte Juni an in Freiburg vor Gericht verantworten müssen. (mit dpa)
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