Irgendetwas schleppt der Mensch immer mit sich herum. Und sei es heute auch manchmal nur das Smartphone und die Kreditkarte. Zumindest die Hosen- oder Jackentasche ist da schon eine nützliche Erfindung. Die gab es früher, also in der Antike, aber auch im Mittelalter, noch gar nicht. Um auch ohne ein solches Steckfach in der Kleidung zurechtzukommen, gab es dafür eigentlich eines schon immer: Beutel oder Taschen.
Im Deutschen Ledermuseum in Offenbach am Main ist noch bis zum 10. August eine sehenswerte Ausstellung über eines des ältesten und praktischsten Accessoires zu sehen: die Tasche. Die kulturgeschichtliche und modische Entwicklung der Damenhandtasche nimmt dabei einen erfreulich breiten Raum ein. Wobei die vielen Objekte aus den verschiedenen Jahrhunderten, was allein die unterschiedlichen Materialien, den Formenreichtum, aber auch die teils ausgetüftelte Innenausstattung angeht, einen allein schon staunen lassen. Handtaschen sind aber nicht nur schöne Hingucker. Sie sind auch sozialgeschichtlich spannend, hebt Kuratorin und Museumsdirektorin Inez Florschütz hervor. Die Geschichte der Damenhandtasche, sie ist auch eine Emanzipationsgeschichte.

Denn die Herren, sie trugen schon früh und immer wieder über lange Epochen Taschen. Das sieht man nicht nur auf einem assyrischen Palastrelief, datiert auf die Zeit von etwa 883 bis 859 vor Christus, aus dem Metropolitan Museum of Art in New York. Dies belegen unter anderem auch oft aufwendig ausgearbeitete Beutel und Gürteltaschen, die reiche Kaufleute im Mittelalter und bis ins 16. Jahrhundert unter anderem für die verschiedenen Münzen, für Schlüssel, aber auch für ihr Besteck bei sich trugen. Denn Löffel, Gabel und Messer gab es im Gasthaus damals noch nicht, erklärt Florschütz.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam dann die Aktentasche hinzu, die je nach Eitelkeitsgrad und Berufsstand schon mal mit dem in Gold eingeprägten Namen versehen werden darf. Ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert hat sich unter anderem auch ein schmucker Bauchranzen aus Bayern erhalten, ein Trachtengürtel. Dass der modische Mann heute, im Jahr 2025, sogenannte Hip Bags oder Crossbody Bags als sportliche Streetwear trägt, ist also keine neue Erfindung. Die Vorläufer, sie hängen im Deutschen Ledermuseum und nennen sich schlicht Gürteltaschen.

Doch auch bei der Damenhandtasche kann man klar sehen: Alles kommt wieder. Wenn auch in abgewandelter Form. Und stets war die Tasche auch Statussymbol. Sie korrespondiert nicht nur mit der jeweiligen Kleidermode, sie zeigt auch, welcher sozialen Schicht jemand angehört. „Menschen aus ärmeren Schichten haben sich seit jeher aus Naturmaterialien Beutel selbst hergestellt, diese sind aber kaum erhalten, weil sie bis zum Verschleiß verwendet wurden“, sagt Florschütz. Erhalten haben sich dagegen viele feine, erlesene Stücke. So kann man in Offenbach entlang an schlicht oder opulent ausgearbeiteten Taschenmodellen auch einen Spaziergang durch die Sozialgeschichte machen: Verweilt vielleicht ein wenig in der frühen Neuzeit, in der kleine Beutelchen für die Dame der gehobenen Bürgerschicht in waren, „in denen höchstens ein Taschentuch, ein Riechsalz und vielleicht ein Liebesbrief Platz fanden“, wie Florschütz erzählt.
Man erfährt, dass wohlhabende Damen ihre Handarbeitskörbchen im Biedermeier sogar außer Haus mitgenommen haben, weil es als chic galt, zusammen zu sticken. Und lässt sich anhand der Taschenmodelle Schritt für Schritt erzählen, wie Frauen immer unabhängiger und reiselustiger wurden, wie wichtig zeitweise eine eigene Halterung für Lippenstift und Spiegel war und dass zuweilen auch an eine Innenbeleuchtung gedacht wurde. Gerade im Laufe des 20. Jahrhunderts werden dann auch Prominente zu Stilikonen. Und manchmal ziert ihr Gesicht eine Tasche: Prinzessin Diana konnte man sich zu Beginn der 2000er Jahre lässig über die Schulter hängen, Krone und Ohrringe hatten sogar kleine Glitzersteine – etwas royaler Glamour also für alle.
Nicht vergessen darf man bei der Geschichte der Tasche die Exemplare, die nur einem speziellen Zweck dienten: die Arzttasche zum Beispiel, die Tennis- oder Golftasche, der Trainingsbeutel, aber auch die Kindergartentasche - in Offenbach mit Mainzelmännchenmotiv.
Und die Tasche kann in den nächsten Jahren wieder wichtiger werden, merkt Florschütz an. Denn Trendexperten sagen voraus, dass gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels die Mode wieder leichter und dünner werden wird. Eingenähte Taschen würden da nur stören „und so wird das Accessoire - die Tasche - für Frauen und auch für Männer erneut an Bedeutung gewinnen“. Schließlich gibt es immer etwas, das man gerne bei sich trägt.
Weitere Infos zu der Ausstellung „Immer dabei: Die Tasche“ online unter www.ledermuseum.de

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