Ein Fernsehkrimi ist ein Fernsehkrimi. Hätte er den Anspruch, eine in der realen Welt eröffnete Jagd auf böse Buben eins zu eins abzubilden – puh, dürften zähe 90 Minuten am Sonntagabend werden. Von daher: ein kalauernder, radelnder Kommissar im St.-Pauli-Shirt, eine Verfolgungsjagd im 1973er Ford Gran Torino, Polizeibüros wie in der Google-Zentrale – alles von der künstlerischen Freiheit gedeckt. Und völlig okay.
Aber muss deshalb das Münchner „Polizeiruf 110“-Duo in „Ein feiner Tag für den Bananenfisch“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) drei von Gangstern verfolgte Männer in Frauenklamotten, sogenannte „Dragqueens“, in ein leer stehendes Wirtshaus verfrachten, um mit ihnen zu den Klängen der LGBTQ+-Hymne „YMCA“ eine wilde Party zu feiern? Drei fremde als Männer verkleidete Frauen, die einfach so an der Haustür rütteln, dürfen gleich mitschwofen. Und muss sich in der Schlussszene die doch so famose Johanna Wokalek alias Hauptkommissarin Cris Blohm auch noch in schrille Show-Klamotten werfen und auf der Bühne herumhampeln?
Am Ende des „Polizeiruf“ tanzt Johanna Wokalek alias Cris Blohm in anderen Sphären
Es ist so einiges drüber in dieser Folge. Was nicht nur nervt, sondern auch wirklich schade ist. Denn der Film verfolgt abseits des obligatorischen Mordfalls ein berechtigtes gesellschaftspolitisches Anliegen. Wie geht die Öffentlichkeit mit Menschen um, die weder so aussehen noch sich so verhalten, wie die „Norm“, wie ein vermeintliches „Ideal“ dies vorsieht? (Blohm: „Sagen wir jetzt er oder sie?“) Wie müssen sich die ins Abseits Gedrängten fühlen, wenn sie erst von ihren Familien verstoßen und dann von der personifizierten Intoleranz bespuckt, beleidigt und geschlagen werden? Immer wenn diese Fragen im Zwiegespräch – Blohm mit der grandios spielenden Menora (Bozidar Kocevski), der irritierte Kollege Dennis Eden (Stephan Zinner) mit Peekabou (Meik van Severen) – in die Tiefe gehen, hat der „Polizeiruf“ seine stärksten Momente. Die dann aber von der nächsten Absurdität rasiert werden.

Der vergleichsweise simple Fall ist schnell erzählt: Zwei Mitglieder eines albanischen Clans richten auf offener Straße einen Mann mit fünf Schüssen regelrecht hin. Hintergrund der Tat: fiese Grundstücks-Spekulationen. Die drei Dragqueens, die gerade aus ihrem Tanzschuppen kommen, werden Zeugen – und starren den Tätern direkt in die Augen. Aus Angst schweigen sie. Blohm und Eden brauchen jedoch ihre Aussagen und müssen sie deshalb schützen, also ab ins leere Wirtshaus. Klar, dass dort die Mörder irgendwann aufkreuzen – und ein weiterer verhängnisvoller Schuss fällt.
Am Ende ist Eden, der erst noch „Wahrheit vor woke“ gefordert hat, ein Stück weit geläutert. Und Blohm mit Perücke auf dem Kopf in anderen Sphären. Puh!
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