Herr Horst, die Krimiserie „Balko“ wird nach 15 Jahren Pause wieder aufgelegt. Wer hatte denn diese Idee?
Jochen Horst: Ich jedenfalls nicht. Meine Frau, die ja 14 Jahre jünger ist als ich, hat mich vor einigen Jahren mal gefragt: Sag mal, wenn die „Balko“ wieder machen würden, hättest du da Lust mitzuspielen?
Und Sie darauf?
Horst: Die Frage stellt sich überhaupt nicht. Denn wenn man das wieder auflegt, dann sicher nicht mit mir.
Manchmal kommt es anders, als man denkt.
Horst: Ja, das war für mich wirklich sehr überraschend!
Und wie kam es zustande?
Horst: Ich glaube, aufgrund einer Umfrage. Sender produzieren im fiktionalen Bereich nicht einfach drauf los, sondern das wird schon sehr genau geplant. Und da überlegt man dann vorher, was man machen könnte. Da kam „Balko“ ins Gespräch. Bei einer Umfrage, wer mit der Figur am ehesten identifiziert wird, wurde ich anscheinend als der genannt, der dem Publikum als „Balko“ am besten in Erinnerung geblieben ist. Das ist für mich ein großes Kompliment gewesen.
Was verspricht man sich von der Neuauflage?
Horst: Letztlich geht es immer nur ums Geld verdienen. Aus Liebe zu einzelnen Personen wurde das Projekt jedenfalls nicht aus der Taufe gehoben. Ich glaube auch, dass das Genre passt. Man spricht ja heute von Dramedy, also einer Mischung aus Drama und Comedy. Das wird immer noch nicht so häufig gemacht, kommt aber gut an. In Deutschland macht man meistens entweder Comedy oder Crime. Dass man sich an ein Format wie „Balko“ wagt, ist eher außergewöhnlich.
Sie waren bis 1997 Kultermittler bei RTL, dann stiegen Sie aus. Was hat Sie persönlich dazu bewogen, wieder bei „Balko“ mitzumischen?
Horst: Na ja, ich habe die Rolle sehr gerne gespielt. Mir gefällt auch das Genre. Ich habe damals aufgehört, weil ich anderes ausprobieren wollte und etwas müde war. Jetzt hatte ich echt wieder Lust, auch und gerade mit Ludger Pistor zu spielen, der meinen Partner Krapp darstellt. Wir sind uns sehr ähnlich, aber privat nicht befreundet, auch wenn es im Film so aussieht. Doch wir respektieren uns sehr.
Balko und Krapp müssen auf Teneriffa einen Mord aufklären. Weil Teneriffa das Aussteiger-Paradies für kultige Kommissare ist?
Horst (lacht): Als wir das erste Mal darüber gesprochen haben, war noch nicht klar, dass das in Teneriffa spielen wird. Ich habe allerdings von Anfang an gesagt, dass es vielleicht besser wäre, wenn man die beiden Figuren aus dem Polizeidienst rausnehmen würde. Denn man kann den Zuschauer ja nicht verarschen und da weitermachen, wo wir vor Jahren aufgehört haben. Die Idee fanden die Produzenten gut, und dann kam der Vorschlag, ein bisschen an meiner Biografie dranzubleiben.
Sie sind ja nach Mallorca gezogen.
Horst: Ja, aber Mallorca ist auserzählt. Wenn man dort dreht, sieht das eher nach Urlaub aus. So sind wir schließlich auf Teneriffa gekommen. Das hielten wir für besser. Und so entstand die Geschichte, dass Balko aufgrund seiner privaten Situation nach Teneriffa gegangen ist. Denn die Insel hat noch etwas Geheimnisvolles. Wir haben das dann weitergesponnen.
Sie selbst sind ja auch privat Insulaner und haben schon auf Mallorca gelebt.
Horst: Ich bin so ein Pendler zwischen den Welten, bin sechs Monate in Spanien und sechs Monate in Deutschland. So kann man es sich aussuchen, wo ich wohne. Mein Sohn ist in Dubai. Man kann sagen, ich bin Europäer.
Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, dass man mit so einer Wiederauflage auf die Nase fällt und sie beim Publikum durchfällt, weil sie nicht mehr in die Zeit passt?
Horst: Ich glaube, das Risiko kann bei solchen Projekten sehr groß sein. Bei „Balko“ ist das aber ein bisschen anders, denn da gibt es zwei Figuren, die so ein bisschen über sich selbst lachen können und einen Fall lösen, der nicht im Vordergrund steht. Dieses Genre wird nur selten bedient, das kommt sonst eigentlich nur im Münsteraner „Tatort“ vor. Ich denke, auch der neue „Balko“ wird gut funktionieren.
Wie viele Folgen sind geplant?
Horst: Wir planen vier Filme pro Jahr. Wenn nicht einer von uns beiden das Zeitliche segnet oder wir sonst nicht mehr weitermachen können, soll es schon langfristig weitergehen.
Uschi Glas ist überraschend mit dabei und spielt die böse Clanmutter einer Waffenhändlerfamilie. Wie war die denn so während der Dreharbeiten?
Horst: Die war toll! Ich war ja immer schon ein großer Fan von ihr und habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass sie plötzlich auftaucht. Aber ich war sehr froh darüber und sie hat das unheimlich gut gemacht. Die Dreharbeiten sind für alle sehr anstrengend und Uschi ist keine 20 mehr, da muss man nicht drumherumreden. Die hat die Belastung aber mit Bravour weggesteckt.
Sie sind inzwischen 60 geworden. Mit 60 seien Sie glücklicher als mit 30, sagten sie in einem Interview – warum?
Horst: Na ja, ich bin anders glücklich. Mit 30 kommt einem nicht der Gedanke, jemals 60 sein zu können. Insofern gibt es da andere Lebensperspektiven. Männer in meinem Alter sind sozusagen angezählt. Das heißt, wir wissen, dass wir im günstigsten Fall vielleicht noch 20 gesunde Jahre vor uns haben. Mit 60 sieht man das Ende der Straße, und darum genießt man die guten Tage auch intensiver als damals. Und ich möchte auch nicht wie Götz George, den ich ansonsten sehr bewundert habe, mit 70 noch den 40-Jährigen geben, der mit zu enger Jeans durchs Leben läuft.
Sie haben damals aufgehört, auch weil Sie sich so erschöpft fühlten. Wie geht es Ihnen heute gesundheitlich?
Horst: Super. Nur muss ich dazu sagen, damals wurde auch noch anders gedreht. Ich hatte Drehtage von 13, 14 oder 15 Stunden. Das heißt, ich wurde morgens um sechs abgeholt und war abends vor acht nicht zuhause. Wir haben 16 Folgen am Stück gedreht. Zwischendrin hatte ich mal eine Woche frei – mehr war da nicht. Nach vier Jahren musste ich mir eingestehen, dass ich dieses Tempo nicht durchhalte. Das war mir zu anstrengend.
Eine mutige Entscheidung, damals aufzuhören, oder?
Horst: Wie soll ich sagen: Wenn ich reich werden wollte, hätte ich einen anderen Beruf gewählt. Das war mir damals schon klar. Ich versuche, beruflich Entscheidungen nach künstlerischen Maßstäben zu treffen. Nur ab und zu muss ich etwas für die Miete machen.
Zur Person: Jochen Horst, 60, geboren in Osnabrück, hatte seinen Durchbruch in der TV-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“. Die TV-Krimiserie „Balko“ lief von 1995 bis 2006 auf RTL. Jochen Horst lebt in Deutschland und Spanien.