Deutschlands einzige Professorin für Suizidprävention sieht das Recht auf Sterbehilfe kritisch. Der Staat sende damit das Signal: «Ich darf das - und ich darf dabei sogar andere um Hilfe bitten», sagte Ute Lewitzka, Professorin für Suizidologie und Suizidprävention an der Frankfurter Goethe-Universität, der Deutschen Presse-Agentur. «Viele Menschen machen sich keine Gedanken darüber, was das mit unserer Gesellschaft macht.»
In Deutschland ist Suizid nicht strafbar und auch nicht die Beihilfe dazu, wie das Bundesverfassungsgericht 2020 bestätigt hat. Aus Sicht eines einzelnen todkranken Menschen habe sie durchaus Verständnis für den Wunsch, ein unheilbares Leiden zu beenden, sagt die Psychiaterin. «Die politische Entscheidung, dass es die Suizid-Assistenz geben darf, finde ich völlig legitim, wenn ich reinen Gewissens sagen kann: Es gibt keine andere Möglichkeit.»
«Der Staat stiehlt sich aus der Verantwortung»
Sie findet aber auch: «Der Staat stiehlt sich damit aus der Verantwortung. Er muss dafür sorgen, dass Menschen gut alt werden können und dass sie am Ende auch "gut" sterben können. Aber das kostet Geld - mehr Geld als wenn die Menschen am Ende mit fremder Hilfe aus dem Leben scheiden können.» Lewitzka findet es «verrückt», dass die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben Zehntausende Mitglieder hat, die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention aber nur etwa 300.
«Da ist doch etwas verkehrt. Zuerst sollten wir doch dafür sorgen, dass Menschen in suizidalen Krisen gut versorgt sind.» Was sie beunruhigt, ist, dass in vielen Ländern die anfangs restriktiven Regeln immer mehr ausgeweitet wurden. In Deutschland habe das Bundesverfassungsgericht «die Tür sofort ganz weit aufgemacht. Angebot schafft Nachfrage. Wollen wir das wirklich?»

Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden