Die Frage war so formuliert, dass die Antwort auf der Hand zu liegen schien: „Dafür oder dagegen, 500 neue Straßen zu begrünen und zu Fußgängerwegen zu machen?“ Gestellt wurde sie am Sonntag in einem Bürgervotum allen in die Wahllisten eingetragenen Parisern. 66 Prozent der Menschen stimmten dafür, allerdings beteiligten sich nur vier Prozent der Wahlberechtigten, also 56.500 von 1,39 Millionen Personen. Erstmals durften bereits 16-Jährige mitmachen.
Was nicht mit auf dem Zettel der Abstimmung stand: Durch die geplante Maßnahme fallen schätzungsweise 10.000 Parkplätze in der französischen Hauptstadt weg, also rund zehn Prozent der Parkmöglichkeiten. Auch steht noch nicht fest, welche 500 Straßen konkret von der Umwandlung betroffen sein sollen. Das wird in den nächsten Wochen laut Rathaus „unter Einbeziehung der Pariserinnen und Pariser“ in jedem Viertel herausgearbeitet. Dann werden Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben.
Wenig Teilnahme an der Bürgerbefragung
Es handelt sich um die dritte Bürgerbefragung, die die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo durchführen ließ, um einen Vorschlag von den Stadtbewohnern absegnen zu lassen. Sie ließ sie bereits über die Abschaffung von Leih-Elektrorollern abstimmen sowie die Verdreifachung der Parkgebühren für SUVs. Die Teilnahme war jeweils gering, Gegner sprachen auch jetzt wieder von einer „Pseudo-Wahl“. Christophe Najdovski, im Rathaus zuständig für die Grünflächen, zeigte sich hingegen zufrieden. „Dieses Votum bestärkt uns in der Absicht, den öffentlichen Raum im Sinne der Fußgänger aufzuteilen und Paris zu einer immer grüneren Stadt zu machen“, sagte er.
Mit dem Umbau soll Paris grüner werden
Tatsächlich hat Hidalgo in den vergangenen vier Jahren bereits 300 Straßen entsprechend umbauen lassen. Die jetzige Initiative erscheint als eine weitere Etappe beim von ihr vorangetriebenen grünen Umbau von Paris. Seit ihrem Amtsantritt 2014 versucht sie, Autos, vor allem ältere, die Umwelt stärker belastende Modelle, aus dem Zentrum zu verdrängen und mehr Raum für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. Als Grund führt sie vor allem die hohe Luftverschmutzung an, an deren Folgen jedes Jahr tausende Menschen sterben. Sie ließ fast 200 Straßen, auch jene an den unteren Seine-Ufern, für den Verkehr sperren, Autospuren zugunsten von Radwegen verringern, Geschwindigkeitsbegrenzungen einführen, Plätze und Brücken begrünen.
Der Autoverkehr ist in Paris um 54 Prozent gesunken
Seit Jahren ist Frankreichs Metropole einem ständigen Wandel unterworfen. Der Autoverkehr ging laut Rathaus seit 2002 um spektakuläre 54 Prozent zurück, auf der Ringautobahn „Péripherique“ wurde ein Minus von 17,4 Prozent seit 2004 verzeichnet. Derweil steigt die Radnutzung kontinuierlich an auf inzwischen rund elf Prozent aller Transportwege. Während viele Menschen in Paris selbst, wo nur 20 Prozent der Haushalte ein Privatauto haben, mit dieser Politik zufrieden sind, beschweren sich die Bewohner des Ballungsraums, Geschäftstreibende und die Lobby der Autofahrer über die konsequente Anti-Auto-Politik der Rathaus-Chefin. „Hidalgo hat es geschafft, einen Krieg aller gegen alle anzuzetteln“, griff der konservative Stadtrat David Alphand die Kritik an ihr auf.
Nach der Schaffung einer größeren verkehrsberuhigten Fläche beklagte die Vorsitzende des Stadtviertel-Vereins „Vivre à Montmartre“ („Leben in Montmartre“), Anne Renaudie, eine „Disneylandisierung“ der besonders touristischen Gegenden. „Das tötet die Zugänglichkeit des Viertels, weil die Bewohner, vor allem ältere Menschen, nicht mehr unterhalb ihrer Wohnungen parken können.“
KI soll helfen, Verkehrsregeln durchzusetzen
Erst Anfang April trat eine neue Maßnahme in Kraft, um Lärm und Luftverschmutzung zu verringern. Demnach ist die rechte Spur der Ringautobahn ausschließlich für Taxis, Busse und Fahrgemeinschaften mit mindestens zwei Insassen reserviert. Wurde diese Sonder-Spur während der Olympischen Spiele für einen möglichst raschen Transport von Athletinnen und Athleten oder auch Funktionären experimentell eingeführt, so gilt sie fortan allgemein. KI-gestützte Radare helfen, die Maßnahme durchzusetzen. Wer sie nicht respektiert, muss 135 Euro Bußgeld bezahlen – von Respekt vor der neuen Regel darf also ausgegangen werden.
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