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Proteste in Venedig: Bewohner wehren sich gegen die Hochzeitsfeier von Amazon-Gründer Jeff Bezos

Italien

Venedig wehrt sich gegen die Hochzeit von Amazon-Gründer Jeff Bezos

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    In Venedig protestieren die Bewohnerinnen und Bewohner mit Plakaten gegen die anstehende Hochzeit von Amazon-Gründer Jeff Bezos.
    In Venedig protestieren die Bewohnerinnen und Bewohner mit Plakaten gegen die anstehende Hochzeit von Amazon-Gründer Jeff Bezos. Foto: Lucrezia Granzetti/NurPhoto, afp

    Venedig ist ein Traum und manchmal auch ein Albtraum. Wenn in gut einer Woche der Amazon-Gründer Jeff Bezos (61) und die Ex-Journalistin Lauren Sanchez (55) in der Lagunenstadt heiraten, dann könnte auch dieses Event zwischen großem Glück und ziemlicher Misere changieren. Als „Traumhochzeit“ oder „Hochzeit des Jahres“ betiteln manche Blätter die Trauung des US-Paars in Italien. Bezos, angeblich drittreichster Mensch der Welt, und Sanchez sind als Promis bereits Projektionsfläche, die Hochzeit der beiden löst noch einmal zusätzliche Fantasien aus. Wenn dann die Angelegenheit nicht nur privat, sondern im öffentlichen Raum und an einem ebenso wunderbaren wie komplizierten Ort stattfindet, ist das Material für Zündstoff.

    Seit einem Jahr müssen Touristen zum Teil zehn Euro Eintritt zahlen

    Venedig ist ein schwieriger Ort. Die Lagunenstadt besticht durch ihre Schönheit und ihr Flair, man muss sie heute angesichts des Massenandrangs (15 bis 20 Millionen Besucher pro Jahr) aber als geschundene Schönheit bezeichnen. Seit einem Jahr müssen Tagesausflügler an manchen Wochenenden inzwischen zehn Euro Eintritt zahlen. Weniger als 50.000 Menschen leben noch im Stadtzentrum, die Metapher vom Freiluftmuseum ist berechtigt. Man kann verstehen, dass Bezos und Sanchez die Fassade Venedigs als Hintergrund für ihr Hochzeitsglück ausgesucht haben. Sie sind auch nicht die ersten. 600 Paare vermählen sich pro Jahr in der Stadt. George Clooney und Amal Alamuddin heirateten hier 2014, zwei Jahre später gaben sich Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanovic in Venedig das Ja-Wort. Man kann aber auch diejenigen verstehen, die so ein Brimborium für keine gute Idee halten. Die „Serenissima“ (die Heiterste), wie Venedig auch genannt wird, ist ziemlich angefressen.

    Lauren Sánchez und Jeff Bezos wollen in einer Woche in Venedig heiraten.
    Lauren Sánchez und Jeff Bezos wollen in einer Woche in Venedig heiraten. Foto: Evan Agostini/Invision, dpa

    Vergangenen Donnerstag hissten Aktivisten ein Banner auf dem Kirchturm von San Giorgio Maggiore, auf dem der Name Bezos mit einem roten Kreuz durchgestrichen war. Auf Plakaten war zu lesen: „Venedig ist nicht zu kaufen und auch nicht zu mieten“. Der Protest richtet sich gegen die Ausbeutung der Stadt als Kurzzeit-Traum-Fassade, ist aber auch mit persönlicher Abneigung gegen den US-Unternehmer vermischt. „Wir haben nichts gegen Hochzeiten, aber wir mögen die Arroganz dieses Milliardärs nicht, der glaubt, er könne mit seinem Geld alles kaufen, sogar Venedig“, sagt Tommaso Cacciari, Sprecher eines eigens gegründeten „No-Space-for-Bezos“-Komitees. Cacciari ist Sohn des ehemaligen Bürgermeisters und Aktivist der Szene, die seit Jahren gegen die Einfahrt großer Kreuzfahrtschiffe nach Venedig kämpft. Andere kritisieren Bezos als „Symbol des digitalen Kapitalismus“, der Arbeitskräfte ausbeute.

    Aktivisten wollen die Hochzeit zu einem Spießrutenlauf machen

    Am vergangenen Freitag verabredeten rund 300 Aktivisten bei einem Treffen, die Hochzeit in einen Spießrutenlauf zu verwandeln. „Wir treffen uns zu einem farbenfrohen und friedlichen Protest. Wir werden den Zugang zur Kirche über das Meer mit Schlauchbooten und Booten und über Land mit unseren Körpern verhindern“, kündigte Aktivistin Alice Bazzoli an. Dabei ist nicht einmal das genaue Datum der Feier bekannt, die Hochzeit soll zwischen dem 26. und 28. Juni stattfinden. Die organisierende Agentur Lanza & Baucina bemüht sich um größte Geheimhaltung. Vielleicht findet die Trauung auf der Isola di San Giorgio Maggiore gegenüber dem Markusplatz statt, vielleicht aber auch in der Misericordia-Halle. 250 Gäste sollen geladen sein, darunter Leonardo Di Caprio, Katy Perry, Mitglieder des Kardashian-Clans sowie Oprah Winfrey. Wer sich sonst noch freut, das sind die Luxus-Hoteliers und Wassertaxi-Betreiber Venedigs. Angeblich sollen zahlreiche Luxus-Suiten sowie Dutzende Boote zur Beförderung der Hochzeitsgäste angemietet worden sein. Die Hochzeit werde elf Millionen Euro kosten. 

    Auch an jenen Einnahmen für Venedig erkennen die Kritiker nichts Gutes. „Das Geld fließt in die üblichen Lobbys der Gondoliere und Wassertaxibetreiber, die Hotels werden vom Finanzkapitalismus geführt, ganz sicher nicht von einheimischen Familien“, behauptet Stefano Micheletti von der Anti-Kreuzfahrtschiff-Organisation No Grandi Navi. Andere wie Bürgermeister Luigi Brugnaro erkennen die Bezos-Hochzeit als „Chance für die Stadt“. Luca Zaia, Gouverneur der Region Veneto, sieht die Sache ähnlich: „Venedig sollte stolz sein. Gegen diejenigen zu protestieren, die der Stadt Sichtbarkeit verschaffen, ist schlicht eine Schande.“ Die Frage ist, ob Venedig mit etwas weniger Sichtbarkeit nicht besser ginge.

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