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Srebrenica
09.07.2015

20 Jahre nach dem Bosnien-Krieg: Die Schande von Srebrenica

Das Massaker von Srebrenica gilt als das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Foto:  Fehiim Demir (dpa)

Vor 20 Jahren wurden in der bosnischen Stadt Srebrenica 8000 muslimische Jungen und Männer von fanatischen Serben ermordet. Noch immer sind nicht alle Opfer identifiziert.

In Srebrenica ist kein Lärmen oder Lachen zu hören. Das Zentrum des Städtchens in Ostbosnien wirkt fast wie ausgestorben. In den zwei oder drei kargen Cafés sitzen Männer den ganzen Tag vor einem Glas und warten, dass etwas passiert. Aber es passiert nichts. Die einzige Metzgerei ist nach dem Tod des Inhabers verwaist. Auf dem Bauernmarkt sind nur zwei Verkaufsstände besetzt – einer mit Kleidung, der andere mit ein wenig Obst. „Srebrenica lebt wegen der Toten nur einen Tag im Jahr“, schreibt die größte bosnische Zeitung Dnevni avaz in dieser Woche – am Jahrestag.

Am heutigen Samstag ist es 20 Jahre her, dass serbische Verbände hier und in den umliegenden Dörfern rund 8000 muslimische Jungen und Männer zwischen vier und 90 Jahren ermordet haben. Und 450 holländische Blauhelm-Soldaten der UN sahen hilflos zu, wie die Serben vor ihren Augen Völkermord begingen. So nannte der Internationale Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien in Den Haag das Massaker, das in Srebrenica geschah.

Vor dem Bosnien-Krieg lebten in Srebrenica 12000 Menschen, drei Viertel von ihnen muslimische Bosniaken. Heute sind es nach offizieller Zählung weniger als die Hälfte. Nach Darstellung der Einheimischen sind es noch weniger: nicht mehr als 4000. Die Mehrheit sind heute Serben. Das Kräfteverhältnis hat sich also von den Opfern zu den Tätern verschoben.

"Wir wussten, die Serben würden uns umbringen."

Omer Hodzic hat inzwischen ein neues Leben in Österreich begonnen. Doch wenn er an sein Heimatdorf Bacuta bei Srebrenica denkt, ist das Grauen wieder da. Der weißhaarige Bosnier war 31, als die serbischen Truppen unter dem Kommando von Radovan Karadzic und General Ratko Mladic die UN-Schutzzone angriffen, in der er damals lebte. „Wir hatten alle entsetzliche Angst, denn der Krieg kam zu uns. Wir wussten, die Serben würden uns umbringen“, erzählt er.

Omer Hodzic schickte seine Eltern, seine Frau und die beiden kleinen Kinder nach Potocari, wo in einer Batteriefabrik die Zentrale der Blauhelmsoldaten aus den Niederlanden stationiert war. Von dort sollten Busse sie nach Tuzla in den muslimischen Teil Bosniens bringen. Doch die kamen erst nach drei Tagen – drei lange Tage und Nächte, die angefüllt waren von den Schreien der Opfer von Mord und Vergewaltigung.

Hodzic selbst floh zu Fuß. „Neben mir ging mein Vetter. Er wurde von serbischen Granaten getroffen“, sagt er. Nach zwölf Tagen erwischten ihn Serben in einem Wald. Er überlebte, weil er in ein bosnisch-serbisches Gefangenenlager nach Rankovic kam, das vom Roten Kreuz überwacht wurde. Das war sein Glück. „Wir wurden gefoltert, geschlagen, unsere Arme und Beine gebrochen. Im Herbst musste ich im Freien kalt duschen, am Schluss wog ich noch 58 Kilo, und das bei 1,80 Metern Größe“, erinnert er sich.

Soldaten sprechen von ihren angeblichen Heldentaten

Nur 14 Menschen wurden bisher verurteilt, viele Täter leben noch unbehelligt in Serbien, klagt Fahra Salihovic Hajdarevic, die in Wien den Verein „Srebrenica Wien“ gegründet hat, damit der Genozid nicht vergessen wird. Fahra stammt auch aus Srebrenica. „Was wir wollen, ist Gerechtigkeit“, sagt sie, „und dazu gehört auch, dass die Soldaten der bosnisch-serbischen Armee, die damals geschossen haben, vor Gericht gestellt werden.“ Laut Hajdarevic entziehen sich von bosnischen Gerichten verurteilte Täter in Serbien der Strafe: „Dort sprechen sie von ihren angeblichen Heldentaten.“ Hajdarevic weiß sehr gut, wie schwer es vielen Zeugen von damals fällt, vor Gericht auszusagen.

Florence Hartmann, die ehemalige Sprecherin von Chefanklägerin Carla del Ponte, hat in der englischen Zeitung The Guardian jetzt die Frage aufgeworfen, ob Briten, Franzosen und Amerikaner nicht mit schuld sind am Tod der über 8000 muslimischen Männer. Neu zugängliche Dokumente und Interviews sollen belegen, dass 1995 Briten, Franzosen und Amerikaner die UN-Schutzzonen auf Dauer nicht für haltbar hielten und sie deshalb aufgegeben hatten. Schon im Juni 1995 hätten Militärs und Geheimdienste den massiven Aufmarsch von Panzern und Soldaten rund um Srebrenica beobachten können.

Doch es geschah nichts, um dem wahrscheinlichen Angriff auf die Enklave Srebrenica entgegenzutreten. Schlimmer noch: Als die bosnisch-serbischen Soldaten Srebrenica und die schützenden Holländer überrannt hatten, soll die UN noch den Treibstoff für jene Lastwagen geliefert haben, mit denen die bosnischen Männer zur Hinrichtung gefahren und anschließend in Massengräbern verscharrt wurden. Werden die neuen Dokumente Anlass für den jetzigen Chefankläger Serge Brammertz sein, die Ermittlungen wieder aufzunehmen?

Wolfgang Schomburg, von 2001 bis 2008 Richter am Internationalen Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien, erwartet genau das. Er hält Brammertz für einen gewissenhaften Juristen: „Er wird die Berichte darüber lesen, dass Franzosen, Briten und die USA die holländischen Streitkräfte in Srebrenica nicht unterstützen wollten. Es muss untersucht werden, ob und wie weit nicht das Verhalten dieser westlichen Truppensteller in den gegenwärtig noch laufenden Verfahren berücksichtigt werden muss“, sagt er.

„11. Juli – Tag des Sieges“

In Srebrenica hat die Hilfsorganisation USAid neben dem Rathaus ein Plakat angebracht. Es zeigt junge Menschen, die sich in Herzform aufgestellt haben und winken. „Das ist unsere Stadt“, heißt es in großen Lettern: „Vertrauen, Verstehen, Verantwortung für die Zukunft“. Doch das Gemeinschaftsgefühl lässt sich nicht so einfach herbeizaubern. Die täglichen kleinen Gehässigkeiten sind schon am Ortsschild zu sehen. Der Ortsname in kyrillischer Schrift für die Serben ist gut zu lesen. Die lateinische Version für die Muslime ist weggekratzt. Vergangene Woche wurde die Parole „11. Juli – Tag des Sieges“ an Hauswände gekritzelt. Vor einigen Tagen klebten überall Porträts des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

„Die Kinder lernen schon in der Schule zwei ganz verschiedene Geschichtsversionen“, klagt Sehida Abdurahmanovic. Die 60-Jährige hat im Krieg ihre halbe Verwandtschaft verloren und sich dem mächtigen „Verband der Srebrenica-Mütter“ angeschlossen. „Die Jungen werden schon früh zum Kirchen- und Moschee-Besuch angehalten“, berichtet sie. Religion und Ideologie dienten auch heute noch als Werkzeuge der nationalen und politischen Auseinandersetzung.

Die Arbeitslosigkeit ist hoch in Srebrenica. Es gibt einen kleinen Autozulieferer, der 180 Serben beschäftigt und eine Lebensmittelfabrik. Glück hat, wer bei der Stadtverwaltung unterkommt. Doch die ist arm und kann bedürftige Bürger nicht mal mit Medikamenten oder Heizmaterial versorgen. Ohnehin stehen sich im Stadtrat Serben und Bosniaken oft feindselig gegenüber und blockieren alle Entscheidungen. Doch es gibt Lichtblicke. Die österreichische Organisation „Bauern helfen Bauern“ hat in den letzten 15 Jahren in Srebrenica und der Nachbargemeinde Bratunac 436 Holzhäuser aufgebaut. Mit den sechs mal vier Meter kleinen Häuschen mit zwei Etagen werden Rückkehrer beglückt, die nahezu mittellos sind, erklärt der lokale Koordinator Namir Poric. Als Zugabe gibt es ein Tier und Saatgut.

„Wir können nicht jeden Tag nur die Knochen der Opfer zählen“

Die Österreicher haben vor drei Jahren hier auch eine Musikschule für über 200 Kinder gegründet. Durch Spenden können Grundschüler seit einem Jahr im „Haus der guten Töne“ kostenlos ein Musikinstrument lernen. Der 40-köpfige Chor ist schon vor Papst Franziskus aufgetreten. „Es ist ein Traum. Das ist der einzige Platz, wo sich Serben und Bosniaken ohne Rücksicht auf ihre Volkszugehörigkeit treffen“, schwärmt die ehemalige österreichische Politikerin und Vorsitzende des Projekts, Doraja Eberle. Eberle und ihre Organisation „Bauern helfen Bauern“ sind seit 1997 vor Ort und die einzigen westlichen Wohltäter, die Srebrenica noch nicht verlassen haben.

Avdo Purkovic, Besitzer der einzigen Pension Srebrenicas, malt ein schwarzes Zukunftsszenario. „Alles steht hier still und die wenigen Rückkehrer hauen ein zweites Mal ab“, klagt der 30-Jährige. Ein Grund: „Alles kreist hier nur um die negativen Kriegsgeschichten“. „Wir können nicht jeden Tag nur die Knochen der Opfer zählen“, sagt der Jungunternehmer – und: „Für uns geht der Krieg mit dem Kampf ums tägliche Überleben weiter.“

Viele der Überlebenden von Srebrenica sind – in die weite Welt verstreut – bis heute in psychotherapeutischer Behandlung. Die Augenzeugen des Genozids müssen mit furchtbaren Erinnerungen leben. Jeder hat einen oder mehrere Verwandte in jenen vier Tagen des Massenmordes verloren. Und immer noch sind 2000 Opfer nicht identifiziert. (mit dpa, afp)

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