Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft derzeit, in welchen Grenzen Sexualstraftäter mit Hilfe von Massen-Gentests überführt werden dürfen. In dem am Donnerstag verhandelten Fall geht es um die Frage, ob auch Proben, die nur eine genetische Ähnlichkeit mit der DNA des Täters haben, genutzt werden dürfen, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Verneint der BGH dies, könnte ein im vorliegenden Fall überführter Vergewaltiger wegen Beweisverwertungsverbots auf freien Fuß kommen.
DNA-Proben des Vaters und des Onkels führten zum Täter
In dem Fall war eine junge Frau im Herbst 2010 im Emsland brutal vergewaltigt worden. Weil die Polizei Blut des Täters auf dem T-Shirt der Frau sicherstellen konnte, hatte sie per richterlicher Anordnung einen Massengentest bei 2400 Männern eines Dorfes vorgenommen. Ein direkter Treffer fand sich dabei zwar nicht. Doch zwei der Proben waren den gefundenen Blutspuren so ähnlich, dass die Polizei ihnen nachging und so auf den Onkel und den Vater des damals 16-jährigen Vergewaltigers kam. Der Rest war für die Beamten Ermittlungsroutine.
Anwalt fordert Beweiswertungsverbot
Doch ob das Urteil von fünf Jahren Jugendstrafe für den Vergewaltiger rechtmäßig erging, muss nun der BGH prüfen. Laut Strafprozessordnung dürfen bei solchen Massengentests nur solche Proben entanonymisiert werden, die mit den am Tatort oder am Opfer gefundenen Spuren übereinstimmen. Der Anwalt des Täters ist deshalb der Ansicht, die Proben von Onkel und Vater hätten nicht auf verwandtschaftliche Ähnlichkeiten abgeglichen werden dürfen und forderte ein Beweisverwertungsverbot.
Urteilsverkündung auf Dezember verschoben
Ob der BGH dieser Forderung entsprechen wird, blieb nach den Verhandlungen am Donnerstag allerdings offen. Weil die Richter wegen "schwieriger Rechtsfragen", die zu klären seien, die Urteilsverkündung auf den 20. Dezember legten, ist davon auszugehen, dass der BGH eine Grundsatzentscheidung zum Umgang mit DNA-Tests anstrebt.