
Das sind die drei größten Probleme der deutschen Klimapolitik


Ein Jahr nach dem großen Streik zum Schutz der Erde ist die Bilanz des Regierungsbündnisses durchwachsen. Besonders ein Sektor fällt ab.
Fast eineinhalb Millionen Menschen sind am Sonntag vor einem Jahr beim Klimastreik auf die Straße gegangen. Sie verlangten lautstark eine engagierte Politik gegen die Aufheizung der Erde. Zwölf Monate später fällt die Bilanz gemischt aus. Die schwarz-rote Regierung hat ein Klimapaket beschlossen, der Ausstoß von Kohlendioxid ist wegen der Bekämpfung der Corona-Pandemie stark zurückgegangen und während der letzten Monate wurde intensiv darüber debattiert, welche Form der Wirtschaft eigentlich gebraucht wird.
Doch gleichzeitig hakt es bei der deutschen Energiewende an hausgemachten Problemen und Versäumnissen. Generell ist das gewaltige Projekt in sich widersprüchlich. Die drei größten Probleme sind der stockende Bau von Windrädern, der Verkehrssektor, der genauso so viel CO2 in die Luft bläst wie vor 30 Jahren, und die enormen Kosten. Zwei eigens von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten kommen zu dem Schluss, dass das Klimapaket der Großen Koalition nicht ausreichen wird, um bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um über die Hälfte zurückzufahren. „Es hätten hunderttausende Tonnen CO2 mehr eingespart werden müssen, damit die Temperatur um nicht mehr als 1,5 bis maximal zwei Grad steigt“, sagte die klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lisa Badum, unserer Redaktion.
Klimapolitik: Jeder fünfte Wagen ist ein SUV
Unter den drei Problemfeldern ist der Verkehr das größte. In der globalen Welt werden viel mehr Güter und Menschen transportiert als früher. Seit 2015 haben Autos, Lkws, Dieselloks und Flugzeuge insgesamt sogar wieder mehr CO2 in die Luft geblasen. Gestoppt wurde der Trend erst unfreiwillig durch die Corona-Politik. Die Bundesregierung steckt einerseits Milliarden in die Förderung von E-Wagen und in die Deutsche Bahn, um mehr Menschen zum Umsteigen auf klimafreundliche Mobilität zu bewegen, hält aber andererseits am Diesel- und am Dienstwagenprivileg fest. Durch die Reform der Kraftfahrzeugsteuer sollten die Fahrer von schweren Spritschluckern finanziell bestraft werden. Doch der Zuschlag fällt so mager aus, dass er Käufer großer Wagen für mehrere zehntausend Euro nicht davon abhalten würde. Im vergangenen Jahr war jeder fünfte Neuwagen ein Sportgeländewagen SUV. „Wir stecken immer noch zu viel Geld in den Ausbau der Straßen für Autos, statt es für Radwege sowie Bus und Bahn einzusetzen“, kritisierte Grünen-Politikerin Badum. In der Folge wird der Verkehr wohl in den nächsten zehn Jahren nur die Hälfte der notwendigen CO2-Minderung bringen.
Die Förderung der erneuerbaren Energien verschlingt 25 Milliarden Euro
Die gesamte Energiewende hängt am Ausbau der erneuerbaren Energien. Ausgerechnet der Lastenesel dieses Generationenprojekts lahmt. Windräder an Land haben viele Gegner – lokale Bürgerbündnisse aber auch Naturschützer klagen mittlerweile gegen fast jedes neue Projekt. Die Behörden sind verunsichert und erteilen nur zögerlich Baugenehmigungen. Weite Abstandsregeln zu Siedlungen wie in Bayern schließen viele geeignete Flächen von Beginn an aus. Im vergangenen Jahr wurden deshalb so wenig Windräder an Land aufgestellt wie seit zwei Jahrzehnten nicht. Im laufenden Jahr erholt sich die Branche, bleibt aber schwach. Es müssten allerdings dreimal so viele Windräder aufgestellt werden, damit sich in 2030 genügend davon drehen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat reagiert und zwölf von 18 Maßnahmen seines Aktionsprogramms Windenergie abgearbeitet oder die dafür nötigen Gesetze auf den Weg gebracht.
Problem drei sind die Kosten. Die Förderung der Erneuerbaren verschlingt rund 25 Milliarden Euro, die von den Stromkunden automatisch bezahlt werden. Deutschland hat wegen dieser und anderer staatlicher Abgaben die höchsten Strompreise in Europa. Weil in Zukunft mehr Strom gebraucht wird, da Autos damit fahren oder Häuser geheizt werden, ist das ein Problem. Zwar dämpft die Bundesregierung die Ökostromumlage mit Haushaltsmitteln, das Grundproblem bleibt. Mit dem für die Wende nötigen Netzausbau droht Haushalten und Unternehmen der nächsten Kostenhammer.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Auch wenn ich den SUV Hype absolut lächerlich finde, kann ich mitlerweile verstehen, warum sie so beliebt sind. Durch das Verlegen von Glasfaserkablen und Gasleitungen sind sehr viele Straßen in Flickenteppiche verwandelt worden und seit die Kommunen die Kosten nicht mehr auf die Anwohner umlegen dürfen ist die Bereitschaft Straßen Innerorts zu reparieren stark gesunken.
Und die Überlandstraßen, die gemacht werden sind oft so schlampig gemacht (Musterbeispiel ist die B300 am Sandberg), dass sie schlechter sind als vorher. Da wird man in seinem Kleinwagen so durchgeschüttelt, dass ich verstehen kann, warum jemand nen Q5, X5 usw. haben will um zur Arbeit zu fahren.
UND NOCHMAL, ich finde dass die Dinger ein Witz sind, aber ich bekomme langsam Verständnis dafür!
>> Durch die Reform der Kraftfahrzeugsteuer sollten die Fahrer von schweren Spritschluckern finanziell bestraft werden. <<
Nein, der Benzin-/Dieselpreis wäre der viel gerechtere Weg zur Bestrafung von Spritschluckern und hoher Fahrleistung.
Es ist nicht die Ökologie die große Autos mit mehr KFZ Steuer belegt, sondern eher ein sozialistisches Denkmodell das von Umverteilung geprägt ist.
Wie das Geheule gegen SUV eine juristisch haltbare Differenzierung zu Vans, Hochdachkombis und VW-Bussen zulassen würde, konnte noch keiner der linksgrünen Aktivisten vernünftig erklären.
Dagegen winkt diese Gruppe fröhlich am Straßenrand, wenn man mit einem über 2 Tonnen schweren Tesla S oder X an denen vorbeifährt. Geht es noch verrückter?
"Wie das Geheule gegen SUV eine juristisch haltbare Differenzierung zu Vans, Hochdachkombis und VW-Bussen zulassen würde, konnte noch keiner der linksgrünen Aktivisten vernünftig erklären."
Fragen sie doch erst mal einen ihrer sogenannten linksgrünen Aktivisten, vielleicht geht dann ein Licht auf.
"Dagegen winkt diese Gruppe fröhlich am Straßenrand, wenn man mit einem über 2 Tonnen schweren Tesla S oder X an denen vorbeifährt. Geht es noch verrückter?"
Ja, besonders wenn so krude Behauptungen in den Raum gestellt werden.
Da ist nichts krude...
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/tesla-werk-in-brandenburg-gruenen-politikerin-schmidt-erleichtert-ueber-gerichtsentscheid-zu-tesla-werk-a-d9c263ef-982b-4650-a676-82ccb1a3f2ee
>> Die Rodung für Teslas Werk in Brandenburg darf fortgesetzt werden. Die Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg, Julia Schmidt, ist froh. <<
https://www.automobil-industrie.vogel.de/kommentar-bei-tesla-ist-was-los-a-805232/
>> Man lässt sich Zeit, denn Tesla genießt in den USA die Protektion der Politik – genau wie in Deutschland: Hierzulande lassen sich beispielsweise Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) oder die bayerische Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze gerne mit dem Tesla Model S abbilden. <<
https://twitter.com/EikeLe/status/906490072136126466?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E906490072136126466%7Ctwgr%5Eshare_3&ref_url=https%3A%2F%2Fpublish.twitter.com%2F%3Fquery%3Dhttps3A2F2Ftwitter.com2FEikeLe2Fstatus2F906490072136126466widget%3DTweet
>> Wahlkampf muss auch Spaß machen: dieses Wochenende Tesla fahren mit den Grünen Burgdorf. <<
@ PETER P.
Große Teile Brandenburgs laufen Gefahr, bei ungebremstem Klimawandel als eine der ersten Regionen Deutschlands in eine Wüste verwandelt zu werden. Auf den Sandböden Brandenburgs sind ca. 70 Prozent der Waldbäume Kiefern und bereits geschädigt. Schnellwachsende Monokulturen sind sehr anfällig für Schädlinge und Brände. Insofern ist an der Auswahl Elon Masks nicht viel zu kritisieren.
". . ., sondern eher ein sozialistisches Denkmodell das von Umverteilung geprägt ist."
Ziemlicher Unsinn, was Sie hier wieder mal mantramaßig wiederkäuen.
Umverteilung besorgt niemand ungebremster, krasser und ungerechter als die kapitalistische Marktwirtschaft selbst ganz ohne sozialistische Denkmodelle, die man gleich einem unbehandelten Krebsgeschwür wuchern lässt. Beispiel die Segregation in vielen deutschen Innenstädten. Eine der Haupt-Ursachen ist die perverse Bodenspekulation und die Tatsache, dass der Staat diesem Markt-Treiben untätig zusieht.
Trotzdem wird auch dieses System nicht von Dauer sein - wie man an der kollektiven Bettelei der Produktionsmittel-Besitzer erkennen kann. Ohne ständigen Griff in die Taschen der Steuerzahler wäre unsere kapitalistische Ordnung längst den Bach runter - genau wie die Wirtschaft der ehemaligen DDR.
"Es ist nicht die Ökologie, die große Autos mit mehr KFZ Steuer belegt . . ."
Große, schwere Autos saufen nicht nur mehr, sie beanspruchen - egal, ob sie sich bewegen oder nicht - auch mehr öffentlichen Raum als kleinere. Gut erkennbar in den älteren Parkhäusern Augsburgs. Dass das seinen Niederschlag in der KFZ-Steuer findet, ist nicht mehr als gerecht.
Zum anderen sind es nicht die Teslas S oder X, die unsere Straßen kaputt fahren - das besorgt der irrsinnige und hochsubventionierte Lkw-Verkehr nahezu allein. Hier endlich das Verursacherprinzip durchzusetzen wäre die ehrenvolle Aufgabe des CSU-Verkehrsministers und entspräche sogar den Gesetzen der reinen Marktlehre.
Guter Meinungsartikel!
1. In der Tat entwickelt sich immer noch der Verkehrsbereich in die falsche Richtung. Zu viele Autos, zu viel CO2-austoßende Autos, zu viel Fliegen, zu wenig guter Schienengüterverkehr, zu wenig gute Personenzüge. Auch haben wir insgesamt zu viel Verkehr, weil infolge falscher Steuerpolitik der Gütertransport nicht seine vollen Kosten trägt und aus allgemeinen Steuermitteln bezuschusst wird. So kommt es, dass Mineralwasser aus Rheinland-Pfalz oder Norddeutschland oder Frankreich in Bayern häufig billiger ist als Mineralwasser aus regionalen Quellen. Ähnliches gilt für Bier, Joghurt und auch Stahl und Zement.
Auch haben wir zu viel PKW-Verkehr, weil, wie im Artikel geschrieben, dieses Autofahren nicht zur Bezahlung seiner vollen Kosten und Folgekosten besteuert wird.
2. Durch eine unselige Politik gerade in Bayern aber auch auf Bundesebene bauen wir viel zu wenig Photovoltaik und Windkraft. Die Leistung der Windkraft muss vervielfacht werden - ihre Zahl jedoch nicht! Gerade in Norddeutschland können und sollen viele alte und kleine Windräder durch moderne leistungsstarke Windkraftwerke ersetzt werden. In Süddeutschland - insbesondere in Bayern! - müssen wir 10H abschaffen und ausreichend Flächen für die verträgliche Windkraftnutzung ausweisen.
Überfällig hierfür ist die Reform unseres Systems aus Steuern und Abgaben. Strom, der aus einer modernen bayerischen Windkraft- oder Photovoltaikanlage für 4,5 - 6 Cent je Kilowattstunde geliefert werden kann, wird durch diese Abgaben beim Endkunden 30 Cent teuer.
Dies führt zu solchem Unsinn, dass Windkraftanlagen, die ihren Strom in Zeiten von negativen Preisen an der Strombörse kostenlos abgeben, infolge der vielen Abgaben die Wärme teurer erzeugen als das aus Rußland oder Norwegen gelieferte Erdgas. Seit vielen Jahren ist eine Reform dieses Systems aus Steuern, Abgaben und Umlagen ("SAU") überfällig!
Raimund Kamm