Rücktrittsangebot von Kardinal Marx: Mach weiter, lieber Bruder!
Plus Kardinal Reinhard Marx ist mit seinem Rücktrittsangebot für das katholische Versagen im Missbrauchsskandal eingestanden. Papst Franziskus erkennt das Zeichen an.
In der Politik entscheiden Politiker selbst über ihren Rücktritt. In der katholischen Kirche entscheidet der Papst. Das hat am Donnerstag Reinhard Kardinal Marx zu spüren bekommen, der vor knapp drei Wochen seinen Rücktritt als Erzbischof von München und Freising angeboten hatte. Er wolle „Mitverantwortung“ übernehmen „für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger in der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“, hatte Marx Papst Franziskus in einem Brief vom 21. Mai mitgeteilt, den er vergangenen Freitag veröffentlichte. In einer für Vatikan-Verhältnisse raschen Reaktion teilte der Papst am Donnerstag mit, der Erzbischof bleibe im Amt. „Mach weiter“, schreibt Franziskus. Marx solle sich ruhig, wie er es sich in seinem Rücktrittsgesuch gewünscht hatte, verstärkt der Seelsorge widmen und sich für eine geistliche Erneuerung der Kirche einsetzen, aber nicht als freier Kleriker, sondern wie bisher „als Erzbischof von München und Freising“.
Warum Franziskus das in Deutschland mehrheitlich begrüßte Gesuch ablehnte, darüber gibt es keine letzte Gewissheit. Eine Rolle könnte nach Angaben römischer Beobachter spielen, dass der Papst eine Rücktrittswelle von Bischöfen in Deutschland verhindern wollte, unter anderem weil die Nominierungen neuer Bischöfe in Deutschland teilweise nach Konkordaten und damit nach komplizierten Verfahren verlaufen, auf die der Papst nur bedingt Einfluss habe.
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