Das war Alexander Schalck-Golodkowski
Alexander Schalck-Golodkowski: Warum der DDR-Politiker für SED-Größen einst unentbehrlich war und wie er mit Franz Josef Strauß ein Milliardengeschäft einfädelte.
Er hatte schon etwas von einem DDR-Apparatschik – rein äußerlich zumindest. Doch im sozialistischen Deutschland war Alexander Schalck-Golodkowski eher ein Paradiesvogel. Ein Wanderer zwischen den Welten, für den der Eiserne Vorhang nicht zu existieren schien. Er bewegte sich unter Parteigenossen genauso sicher, wie in Verhandlungen mit dem Klassenfeind. Im Juni 2015 ist der langjährige Chef des DDR-Außenhandelsbereichs im Alter von 82 Jahren in Rottach-Egern am Tegernsee nach langer Krankheit gestorben.
Wer war Alexander Schalck-Golodkowski?
Legendär wurde der massige Hüne durch seine Tätigkeit in der geheimnisumwitterten Kommerziellen Koordinierung (KoKo). Eine Behörde, die einzig und allein dafür da war, die marode DDR mit Devisen zu versorgen. Schalck-Golodkowski war in dieser Rolle für den klammen Staat und so auch für den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker unentbehrlich. Und das wusste er auch. Virtuos nutzte er seine Freiheiten, knüpfte ein geradezu legendäres Netz, das von Kumpanei und gegenseitigen Abhängigkeiten getragen wurde. Mit seiner jovialen Art, die durch markantes Berlinern etwas konterkariert wurde, konnte er auch erfahrene Verhandlungspartner aufs Glatteis führen. Wer ihn unterschätzte, und das waren nicht wenige, hatte schon verloren.
Schon früh umgab ihn ein Flair des Geheimnisvollen, mit einem Stich ins Mafiöse. Sein Vater war ein staatenloser Russe, dessen Vater wiederum ein Offizier des Zaren gewesen ist, der vor den siegreichen Bolschewisten fliehen musste. Als der kleine Alexander acht Jahre alt war, adoptierte ihn das Ehepaar Schalck. Schnell erkannte er, dass eine Bäckerlehre nicht das Richtige für ihn war. Er wandte sich ab von Mehl und Teig, um eine Lehre als Feinmechaniker zu beginnen. Aber auch die Drehbank war nur eine Zwischenstation für den aufgeweckten jungen Mann, der 1951 in die Freie Deutschen Jugend (FDJ) einrat – ein obligatorischer Schritt für jemanden, der hoch hinaus wollte.
Durch die Decke ging seine Karriere, als er im Ministerium für Außenhandel anheuerte. Handeln, feilschen, Beziehungen aufbauen und pflegen – das war seine Welt. Zugute kam ihm auch, dass er die SED-Größen mit begehrten Westwaren bester Qualität versorgen konnte. Schalck-Golokowski saß an der Quelle: Von edlen Tropfen, über schicke Mode bis hin zu modernen Fernsehgeräten – ja sogar Pornos für die Politbüro-Größen in Wandlitz soll der Außenhandelschef im Angebot gehabt haben. Gleichzeitig war er seinem Staat gegenüber loyal: „Der DDR verdanke ich meinen Aufstieg vom Feinmechanikerlehrling zum Staatssekretär“, sagte er, als er 1995 wegen illegaler Waffengeschäfte in Berlin vor Gericht stand. Zu einer Zeit also, als man so etwas nicht mehr sagen musste.
In die Öffentlichkeit drängte es Alexander Schalck-Golodkowski nicht. Seine Fähigkeiten kamen im Hintergrund, ja im Verborgenen am besten zum Tragen. So hätte es weitergehen können. Ging es aber nicht.
Alexander Schalck-Golodkowski und Franz Josef Strauß
Der Tag, an dem Schalck-Golodkowski auch im Westen bekannt wird, ist der 5. Mai 1983: Mit einer großen Sonnenbrille auf der Nase steigt er auf einem Parkplatz an der Transitautobahn nahe der Motorsportstadt Schleiz in Thüringen in eine dunkle Luxuslimousine.
Es ging in den Westen. Auf das Gut Spöck, unweit von Aschau – natürlich ohne lästige Kontrollen. Bald schon kündigten Rotorengeräusche die Ankunft des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß an. Auf dem Anwesen des Fleischhändlers Josef März wurde erstmals über einen Deal gesprochen, der im Juli 1983 einschlagen sollte wie eine Bombe. Vor Alpenpanorama wurde bei drei Treffen die Rettung der DDR aus einer existenzbedrohenden Finanzkrise ausgehandelt.
Dem Vernehmen nach verstanden sich der SED-Funktionär und der CSU-Chef ganz vorzüglich. Dass ausgerechnet der als Kommunistenhasser bekannte Strauß die Milliardenkredite eingefädelt hatte und auch noch persönlich seine Privatmaschine in den Osten zu Gesprächen steuerte, schien vielen Zeitgenossen unbegreiflich. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fühlte sich gar an den rätselhaften Flug des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß nach London erinnert.
Schalck-Golodkowskis Unternehmen hieß "Handel mit Waren aller Art"
Gut sechs Jahre später war die DDR dennoch am Ende, und somit auch die Karriere von Schalck-Golodkowski. Gegen ihn wurden eine Reihe von Ermittlungsverfahren und Prozesse angestrengt. Der in zweiter Ehe verheiratete Vater zweier Kinder kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Licht in das Dickicht der KoKo-Geschäfte brachte auch ein Untersuchungsausschuss des Bundestages letztlich nicht. Alexander Schalck-Golodkowski machte, so weit es seine angeschlagene Gesundheit zuließ, auch am Tegernsee bis zuletzt so ähnlich weiter wie bisher. Hieß doch sein dort gegründetes Unternehmen „Handel mit Waren aller Art“. ska
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