Demokraten leiten Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein
Im September begannen die Impeachment-Ermittlungen gegen US-Präsident Trump. Nun machen die Demokraten den nächsten wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem formalen Votum.
Speakerin Nancy Pelosi verbreitet um ihre kurzfristig angesetzte Ansprache an die Nation eine Aura der Dringlichkeit. Dafür steht auch das Meer an Sternenbannern, vor dem sie am Morgen Aufstellung nimmt. „Sein Fehlverhalten trifft das Herz unserer Verfassung“, richtet sich die Führerin der US-Demokraten an ihre Landsleute – und meint natürlich Donald Trump. Sie erinnert an die Absicht der Verfassungsväter, mit dem Instrument des Impeachment die Rückkehr einer Monarchie oder das Entstehen einer Tyrannei zu verhindern. Deshalb müsse nun zügig gehandelt werden, lautet Pelosis Botschaft. „Unsere Demokratie steht auf dem Spiel.“
Präsident Trump habe dem Kongress keine andere Wahl gelassen, „weil er einmal mehr versucht, unsere Wahlen zu seinem persönlichen Vorteil zu korrumpieren“. Damit spielt die Speakerin auf den zentralen Vorwurf des Abschlussberichts des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus an, der monatelang in dutzenden öffentlichen und nichtöffentlichen Anhörungen Zeugen vernommen hat.
Donald Trump soll sein Amt als Präsident missbraucht haben
Demnach hat der Präsident sein Amt missbraucht, um die Regierung der Ukraine zu drängen, Wahlkampfmunition gegen seinen möglichen Herausforderer Joe Biden und die Demokraten zu liefern. Trump habe vom Kongress bewilligte Militärhilfe für Kiew zurückgehalten, um die Ankündigung von Ermittlungen gegen Biden und dessen Sohn Hunter sowie eine Verschwörungstheorie zu erzwingen, nach der nicht Russland, sondern die Ukraine versuchte, die US-Präsidentschaftswahlen 2016 zu beeinflussen.
„Die Fakten sind unwidersprochen“, erklärt Pelosi von derselben Stelle aus, von der sie Ende September den Beginn der Vorermittlungen ankündigt hat. „Der Präsident hat seine Macht zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht zulasten unserer nationalen Sicherheit.“ Traurig und mit „dem Herzen voll mit Liebe für Amerika“ bitte sie nun den Vorsitzenden des Justizausschusses, „die Anklagepunkte für das Impeachment zu verfassen“.
Trump hat bereits geahnt, was auf ihn zukommt, als er seine Gegenspielerin im Kongress am Morgen via Twitter auffordert, sich mit dem Impeachment zu beeilen, „damit wir einen fairen Prozess im Senat haben können“.
Ihr Stellvertreter Steny Hoyer will nicht bestätigen, dass der Präsident bereits vor Weihnachten angeklagt werde. Eine Abstimmung könne „in relativ naher Zukunft“ erfolgen, aber er wisse nicht, wie nah. Dann fügt Hoyer nebulös hinzu: „Die Fakten werden diktieren, wie schnell das Justizkomitee zu einer Entscheidung gelangt.“
Trump wollte Ermittlungen mit Totalblockade boykottieren
Dort haben am Mittwoch vier Verfassungsrechtler das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in eine historische Perspektive gerückt. Drei von den Demokraten berufene Zeugen beschrieben das Verhalten des Präsidenten als Musterbeispiel an Fehlverhalten, das die Verfassungsväter für das Instrument des Impeachment im Sinn hatten. „Wenn wir einen Präsidenten nicht des Amtes entheben können, der sein Amt für seinen persönlichen Vorteil missbraucht, leben wir nicht mehr in einer Demokratie“, sagte Staatsrechtler Noah Feldman. Der von den Republikanern bestellte Verfassungsexperte Jonathan Turley beanstandete, die Demokraten hätten einen „unvollständigen und ungenügenden“ Fall präsentiert. Die Beweisführung habe wegen „nicht vorgeladener Zeugen“ Lücken.
Allerdings: US-Präsident Trump hat die Ermittlungen im Repräsentantenhaus mit einer Totalblockade zu boykottieren versucht. Zentrale Zeugen wie Stabschef Mick Mulvaney, Außenminister Mike Pompeo und der Ex-Sicherheitsberater John Bolton ignorierten ihre Vorladung durch den Kongress.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die größten Verlierer im Impeachment-Verfahren gegen Trump sind die USA
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.