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Afrika: Die jüngste Nation der Welt steht am Abgrund – schon wieder

Afrika

Die jüngste Nation der Welt steht am Abgrund – schon wieder

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    Die Bevölkerung im Südsudan leidet erneut an den Folgen eines politischen Machtkampfes.
    Die Bevölkerung im Südsudan leidet erneut an den Folgen eines politischen Machtkampfes. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Dramatischer hätte der Appell des UN-Sonderbeauftragten für den Südsudan kaum sein können. „Diese Region kann sich keinen weiteren Konflikt leisten“, sagte Nicholas Hayson in dieser Woche vor dem Sicherheitsrat der Afrikanischen Union. Der Südsudan, mit 14 Jahren jüngste Nation der Welt, stehe am Rande eines weiteren Bürgerkrieges, so wie der Kongo und Sudan in der Nachbarschaft. Wieder einmal.

    In den vergangenen Wochen nahmen die politisch-ethnischen Spannungen zwischen Präsident Salva Kiir und seinem ewigen Rivalen und Vize-Präsidenten Riek Machar ähnlich rasant zu wie im Jahr 2013, als das ostafrikanische Land in einen der weltweit blutigsten Kriege der vergangenen Jahrzehnte abglitt. 400.000 Menschen starben damals vor allem an den indirekten Folgen der Kämpfe, wie etwa Ernteausfällen und kollabierender Gesundheitsversorgung. Erst nach fünf Jahren einigte man sich darauf, dann doch wie vor dem Krieg weiterzumachen. Mit Kiir von der Dinka-Volksgruppe an der Spitze des Staates und Machar, der als Nuer zur zweitgrößten Ethnie zählt, als seinem Stellvertreter. Diesmal aber mit vermeintlich verbesserten Mechanismen zur Konfliktvermeidung. Soweit das möglich ist bei zwei Männern, die sich seit Jahrzehnten abgrundtief hassen.

    Machtkampf im Südsudan eskaliert

    Diese Vereinbarungen wankten entsprechend schon mehrfach, in diesen Wochen aber drohen sie krachend zu scheitern. Die aktuellen Kämpfe wurden Mitte Februar von der Nuer-Miliz „Weiße Armee“ ausgelöst, die eine überwiegend aus Dinka bestehende Garnison beim Feuerholz-Sammeln angriff. Vier Soldaten starben. Bei Vergeltungsangriffen auf die Gruppe musste Südsudans Armee eine peinliche Niederlage hinnehmen – und reagierte umso heftiger.

    Ugandas Armee wurde um Hilfe gebeten. Bei Kämpfen gab es Dutzende Tote, darunter ein Besatzungsmitglied eines Helikopters der UN-Friedenmission UNMISS, der im Nordosten des Landes bei der Evakuierung verwundeter Regierungssoldaten unter Beschuss geriet. Dabei wurde auch der bekannte Dinka-General Majur Dak getötet. 

    Es ist bekannt, dass Machars Einfluss auf die „Weiße Armee“ begrenzt ist. Nur geringe Teile des laut UN zweitärmsten Land der Welt sind unter staatlicher Kontrolle, die wachsende Zahl der bewaffneten Gruppen und politischen Splittergruppen hat das instabile Fundament des südsudanesischen Friedens untergraben. Kiir rief öffentlich zur Ruhe auf, ließ aber dennoch keinen Zweifel daran, wen er für verantwortlich hielt: Machars Haus wurde umstellt und einige seiner wichtigsten Gefolgsleute in der Hauptstadt Juba verhaftet.

    Hinter den Kämfen steckt das Ringen um Rohstoffe

    Bei den Kämpfen geht es natürlich um den den Zugriff auf die knapper werdenden Rohstoff-Einnahmen, seit jeher die treibende Kraft für die Konflikte im Land. Denn unter den Verhafteten ist auch Öl-Minister Puot Kang Chol. Das Binnenland ist reich an dem flüssigen Rohstoff, muss ihn aber für den Export über Pipelines durch den Sudan an die Küste pumpen. Durch den dort tobenden Bürgerkrieg ist das aber nur noch eingeschränkt möglich. 

    Die Produktion ist also auf ein Minimum gesunken – und mit ihr das südsudanesische Regierungsbudget. Es fehlt nun schlicht am Geld, um die rivalisierenden Gruppen ruhig zu stellen. „Bisher konnte er die Ölmilliarden fast allein verteilen“, sagt Ulrich Thum, Leiter des Büros de Frriedrich-Ebert-Stiftung in Juba, der Hauptstadt des Südsudan, in einem Interview mit dem Spiegel über Präisdent Kir. „Er hat sie genutzt, um die vielen bewaffneten Gruppen ruhigzustellen und dadurch das Land einstweilig zusammenzuhalten. Doch seit über einem Jahr fehlt dieses Geld.“ Von der Versorgung Hunderttausender Flüchtlinge und Rückkehrer aus dem Sudan ganz zu schweigen. Sie war schon vor der aktuellen Eskalation kaum noch möglich, die Bewältigung der Krise ist auch von UN-Seite chronisch unterfinanziert.  

    All das erinnert doch fatal an die Eskalationsphase vor dem ersten Bürgerkrieg im Südsudan im Jahr 2013, nur zwei Jahre nach der Unabhängigkeit vom Sudan. Die internationale Gemeinschaft ist alarmiert, auch Deutschland hat seine Staatsbürger zum Verlassen des Südsudans aufgerufen und das Personal der Botschaft in Juba auf ein Minimum reduziert – es werden noch knapp 100 Deutsche im Land vermutet. Eine Situation wie vor knapp zwei Jahren im Sudan, als nach dem überraschenden Aufflammen der Kämpfe dort eine dramatische Rettungsaktion für bis zu 1500 EU-Bürger nötig wurde, soll vermieden werden. Allerdings sind im Südsudan auch deutsche Soldaten der Bundeswehr stationiert. Sie sind dort Teil des Blauhelm-Einsatzes „UNMISS“.

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    2 Kommentare
    Marianne Böhm

    Weshalb wird kein kommissarischer Staatchef eingestellt der von den Unterstützern gewählt wird.. Wenn sich die beiden Diktatoren Kiir und Machar abgrundtief hassen, völlig verfeindet sind, sollten die Bürger nicht darunter leiden, sterben müssen. Wir mischen uns doch sonst auch überall ein.. und wollen unsere Demokratischen Werte einführen.. und da wäre Baerbock direkt nützlich mit ihren unkontrollierten drauflos Plaudern..!

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    Maria Reichenauer

    Während Frau Baerbock ziemlich genau weiß, was sie sagt, ist das unkontrollierte Drauflosplaudern bei Ihnen doch schon normal. Nur so kann man Ihren Vorschlag vom "kommissarischen Staatschef" verstehen. Der wäre wahrscheinlich nicht lange im Amt.

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